Sondernutzungsrecht zugunsten eines Bruchteilseigentümers möglich
Hintergrund
Die Eigentümerin einer Wohnung (Nr. 44) hat ihr Sondernutzungsrecht an einem Tiefgaragenstellplatz und einem Abstellraum an eine andere Wohnungseigentümerin verkauft. Diese ist zur Hälfte Miteigentümerin einer in derselben Anlage befindlichen Teileigentumseinheit (Nr. 72), die aus einem Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Duplexgarage, besteht. Deren Benutzung ist zwischen den beiden Miteigentümern dergestalt geregelt, dass der Erwerberin das Recht zusteht, den oberen Platz ausschließlich zu nutzen.
Mit notariellem Vertrag vom 10.11.2010 verkaufte Eigentümerin der Wohnung Nr. 44 das mit der Wohnung verbundene Sondernutzungsrecht an die Miteigentümerin der Teileigentumseinheit Nr. 72. Die Vertragsparteien vereinbarten, die Gemeinschaftsordnung so zu ändern, dass das Sondernutzungsrecht an dem Tiefgaragenstellplatz von der Wohnung Nr. 44 abgeschrieben und der Teileigentumseinheit Nr. 72 (Duplex Nr. 72 oben) zugewiesen werde.
Das Grundbuchamt weigert sich, eine entsprechende Vormerkung im Grundbuch eingetragen. Es ist der Meinung, ein Sondernutzungsrecht könne nicht einem von mehreren Miteigentümern einer Wohnungs- oder Teileigentumseinheit übertragen werden. Da nicht für jeden Miteigentümer ein eigenes Grundbuchblatt angelegt werde, könne das Recht nur einheitlich allen Miteigentümern zustehen.
Entscheidung
Der BGH teilt die Auffassung des Grundbuchamts nicht.
Ob ein Sondernutzungsrecht einem Miteigentumsanteil an einer Wohnungs- oder Teileigentumseinheit zugeordnet werden kann, ist umstritten.
Nach einer Auffassung ist dies mit dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 WEG unvereinbar. Nach dieser Vorschrift werde ein im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht zum Inhalt des Sondereigentums. Sondereigentum könne jedoch nur einem Wohnungseigentümer zustehen. Ein Bruchteilseigentümer sei nicht alleiniger Berechtigter eines Sondereigentums und deswegen kein Wohnungseigentümer im Sinne von § 10 Abs. 3 WEG. Zudem führe die Verbindung eines Sondernutzungsrechts mit einem Miteigentumsanteil zu einer unterschiedlichen Ausgestaltung der Miteigentumsanteile. Dies sei jedoch rechtlich ausgeschlossen, weil § 10 Abs. 3 WEG nur die Eintragung von Vereinbarungen als Inhalt des Sondereigentums insgesamt und nicht lediglich eines Teils des Sondereigentums erlaube.
Nach der Gegenauffassung kann ein Sondernutzungsrecht einem Miteigentumsanteil an einer Wohnungs- oder Teileigentumseinheit zugeordnet werden. Auch ein Bruchteilseigentümer sei Wohnungseigentümer, so dass sich aus dem Wortlaut des § 10 WEG keine Beschränkung ergebe.
Der BGH teilt die zweite Auffassung.
Ein Sondernutzungsrecht ist das durch Vereinbarung begründete Recht eines Wohnungs- oder Teileigentümers, Teile des Gemeinschaftseigentums allein zu benutzen. Es kann aufgrund der Privatautonomie im Rahmen der Gesetze frei gestaltet werden.
Der Zuordnung eines Sondernutzungsrechts zu einem Miteigentumsanteil an dem Sondereigentum stehen keine gesetzlichen Regelungen entgegen, insbesondere ist sie mit dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 WEG vereinbar. Miteigentum ist nämlich dem Alleineigentum gleichartig. Auch derjenige, der lediglich Miteigentümer einer Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit ist, gehört somit zu dem Kreis der Wohnungs- bzw. Teileigentümer.
Der Zuordnung von Sondernutzungsrechten zu Miteigentumsanteilen an Wohnungs- bzw. Teileigentum stehen die aus den Rechten folgenden Befugnisse nicht entgegen. Für die Zuordnung besteht auch ein praktisches Bedürfnis, wie der vorliegende Fall zeigt. Die Erwerberin des Sondernutzungsrechts hat hier ein berechtigtes Interesse daran, das Sondernutzungsrecht ohne Mitwirkung des weiteren Miteigentümers der Duplexgarage zu erwerben. Wäre die Zuordnung des Sondernutzungsrechts nur zu der Teileigentumseinheit insgesamt möglich, müsste der weitere Miteigentümer bei dem Erwerb mitwirken und anschließend mit der Erwerberin eine Benutzungsregelung hinsichtlich des Sondernutzungsrechts treffen.
(BGH, Beschluss v. 10.5.2012, V ZB 279/11)
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