Sonderumlage ist nur insgesamt anfechtbar
Hintergrund
Wohnungseigentümer hatten im November 2007 beschlossen, eine Schwammsanierung durchzuführen sowie in zwei Erdgeschosswohnungen eine neue Stahlbetonsohle einzuziehen und sie gegen Feuchtigkeit zu isolieren. Die Kosten sollten von den Eigentümern nach Anforderung durch die Verwalterin nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel beglichen werden. In der Folgezeit forderte die Verwalterin für die Schwammsanierung die ratenweise Zahlung von insgesamt 50.000 Euro an, wobei der letzte Teilbetrag von 20.000 Euro zum 15.5.2008 zu zahlen war.
Die beiden Raten von jeweils 80.000 Euro für die Erdgeschosssanierung waren zum 15.5. und 15.6.2008 fällig. Nachdem Bedenken aufgekommen waren, ob der Beschluss vom November 2007 hinreichend bestimmt war, fassten die Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vom 31.3.2009 folgenden Beschluss:
Die von der Versammlung angeforderten Umlagen zum 15.5.2008 über 100.000 Euro und zum 15.6.2008 über weitere 80.000 Euro werden ausdrücklich genehmigt. Von dieser Umlage dienen restliche 20.000 Euro zur Schwammsanierung und 160.000 Euro für die Sanierungen der Erdgeschosswohnungen .... Die Umlagen sind, soweit sie noch nicht entrichtet wurden - zu zahlen bis zum 15.4.2009. Die Ausrechnung der Umlagen ist beigelegt, sie richtet sich nach den Miteigentumsanteilen.
Eine Eigentümerin beantragt, diesen Beschluss hinsichtlich der Kosten der Schwammsanierung in Höhe von 20.000 Euro und hinsichtlich der Kosten der Sanierung der Erdgeschosswohnungen in Höhe von weiteren 37.000 Euro für unwirksam zu erklären.
Amts- und Landgericht haben die Klage als unzulässig abgewiesen, weil es sich um eine unzulässige Teilanfechtung des Sonderumlagebeschlusses handle.
Entscheidung
Die Anfechtungsklage ist zulässig. Die Eigentümerin hat den Sonderumlagebeschluss insgesamt angefochten. Ihre Anfechtungsklage richtet sich sowohl gegen den auf die Schwammsanierung als auch gegen den auf die Sanierung der beiden Erdgeschosswohnungen entfallenden Umlagebetrag.
Der Annahme einer unbeschränkten Anfechtung steht nicht entgegen, dass nach dem Wortlaut des Klageantrags der Umlagebeschluss hinsichtlich der Kosten der Sanierung der Erdgeschosswohnung lediglich „in Höhe von 37.000 Euro“ für unwirksam erklärt werden soll. Der Wortlaut legt zwar eine auf die Höhe der beschlossenen Umlage beschränkte Anfechtung nahe. Eine derartige Beschränkung wäre aber unzulässig.
Allerdings kann die Anfechtung auf einen abtrennbaren Teil des Beschlusses beschränkt werden. Bei der Anfechtung etwa einer Abrechnung ist eine Beschränkung rechtlich möglich, wenn es sich um einen rechnerisch selbstständigen und abgrenzbaren Teil der Abrechnung handelt
An der erforderlichen Abtrennbarkeit des angefochtenen Beschlussgegenstands fehlt es jedoch grundsätzlich, wenn sich die Anfechtungsklage allein gegen die Höhe einer Umlage richtet. Könnte eine Sonderumlage für unwirksam erklärt werden, soweit sie einen bestimmten Betrag übersteigt, würde sich der übrig bleibende Teil des Beschlusses inhaltlich von dem in der Versammlung gefassten Beschluss unterscheiden, da durch eine Reduzierung des Umlagebetrages das Finanzierungskonzept verändert worden wäre. Das Gericht ist im Beschlussanfechtungsverfahren aber nicht befugt, die im Beschluss getroffene Regelung inhaltlich zu ändern, oder durch geeignet erscheinende andere Maßnahmen zu ergänzen oder zu ersetzen. Vielmehr hat es sich auf die Ungültigerklärung des angefochtenen Beschlusses zu beschränken. Daher darf es eine beschlossene Sonderumlage grundsätzlich nicht um einen bestimmten Betrag reduzieren.
Ist die Anfechtung nach dem Wortlaut des Klageantrags auf einen nicht abtrennbaren Teil des Beschlusses beschränkt worden, führt dies aber nicht zwangsläufig zur Unzulässigkeit der Klage. Eine in unzulässiger Weise beschränkte Anfechtungsklage ist im Zweifel grundsätzlich als Anfechtung des ganzen Beschlusses auszulegen.
(BGH, Urteil v. 19.10.2012, V ZR 233/11)
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