BGH: Staat haftet dem Vermieter für Schäden an Wohnung

Der Vermieter einer Wohnung kann vom Staat grundsätzlich Ersatz für Schäden verlangen, die bei einer rechtmäßigen Wohnungsdurchsuchung im Zuge eines Ermittlungsverfahrens gegen den Mieter entstanden sind.

Hintergrund

Der Vermieter einer Wohnung verlangt vom Land Sachsen-Anhalt Schadensersatz für Schäden in der Wohnung, die beim Einsatz eines Spezialeinsatzkommandos entstanden sind. Der Mieter stand im Verdacht, Rauschgifthandel zu betreiben. Dem Vermieter war eine frühere Verstrickung des Mieters in Drogendelikte bekannt.

Bei einer richterlich angeordneten Hausdurchsuchung betrat ein Spezialeinsatzkommando die Wohnung durch ein Fenster. Dieses wurde beschädigt. Der Vermieter verlangt vom Land Schadensersatz für das Fenster in Höhe von 802 Euro.

Entscheidung

Es kommt ein Ersatzanspruch des Vermieters aus enteignendem Eingriff in Betracht.

Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist, dass an sich rechtmäßige hoheitliche Maßnahmen bei einem Betroffenen unmittelbar zu Nachteilen führen, die er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen hinnehmen muss, die aber die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren übersteigen (sog. Sonderopfer). Ob eine hoheitliche Maßnahme die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren überschreitet oder sich noch als Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums begreifen lässt, kann nur aufgrund einer umfassenden Beurteilung des Einzelfalls entschieden werden.

Ein Vermieter trägt nicht grundsätzlich das Risiko von Sachschäden bei Ermittlungsmaßnahmen gegen seinen Mieter, sodass die Annahme eines entschädigungspflichtigen Sonderopfers nicht von vornherein ausscheidet.

Allerdings kann von dem Abverlangen eines Sonderopfers im öffentlichen Interesse und damit einem gleichheitswidrigen, entschädigungspflichtigen staatlichen Verhalten regelmäßig keine Rede sein, wenn sich der nachteilig Betroffene freiwillig in eine gefährliche Situation begeben hat, deren Folgen dann letztlich von ihm herbeigeführt und grundsätzlich selbst zu tragen sind

Vermietung ist keine freiwillige Gefahrübernahme

Bei einer Vermietung kann von einer freiwilligen Übernahme einer Gefahr nicht gesprochen werden. Die Vermietung einer Wohnung ist ein sozial adäquates und sogar erwünschtes Verhalten, das im Normalfall die Gefahr strafbaren Verhaltens der Bewohner weder begünstigt noch gar hervorruft. Daher stehen die Vermietung und das den Polizeieinsatz auslösende strafbare Verhalten des Mieters grundsätzlich völlig unabhängig nebeneinander.

Anders kann es allerdings zu bewerten sein, wenn der Vermieter weiß bzw. davon erfährt oder es sich ihm aufdrängen muss, dass die Wohnung für die Begehung von Straftaten oder die Lagerung von Diebesgut oder Drogen in nicht unerheblicher Menge benutzt wird oder werden soll, und er gleichwohl den Mietvertrag abschließt oder von einem Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht. Dann kann ggf., wenn sich das Risiko weiterer strafbarer Handlungen verwirklicht und es im Zuge strafprozessualer Maßnahmen gegen den Mieter zu Schäden an der Wohnung kommt, davon gesprochen werden, dass sich der Vermieter freiwillig der Gefahr ausgesetzt hat, sodass er den Schaden deshalb nicht als gleichheitswidriges Sonderopfer der Allgemeinheit in Rechnung stellen kann.

Für eine abschließende Beurteilung war dem BGH die vom Berufungsgericht getroffene Feststellung, dem Vermieter sei die Verstrickung des Mieters in Drogendelikte bekannt gewesen, zu vage. Er hat den Rechtsstreit daher zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

(BGH, Urteil v. 14.3.2013, III ZR 253/12)


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