Ungenehmigte bauliche Veränderung muss weg
Hintergrund: Nachbar überdacht Terrasse
Die Sondereigentümer zweier benachbarter Reihenhäuser in einer Wohnungseigentumsanlage streiten über eine Terrassenüberdachung.
Der Nachbar des klagenden Wohnungseigentümers hatte direkt an der zur benachbarten Einheit gelegenen Außenwand eine Überdachung seiner Terrasse errichtet. Danach wurde die Baumaßnahme auf einer Eigentümerversammlung diskutiert. Im Protokoll heißt es zum TOP „Diskussion über den Inhalt der Teilungserklärung“ unter anderem:
„Zu der Terrassenüberdachung erläutert (…) [der Nachbar] ausführlich. Es wird darauf hingewiesen, dass alle anderen anwesenden Eigentümer sich einig sind, dass Reparaturmaßnahmen oder Instandhaltungsmaßnahmen nur durchgeführt werden können, wenn keine optische Veränderung vorgenommen wird. Änderungen am Äußeren der Gebäude sind zustimmungspflichtig. (...) Weiterhin sind in diesem genannten Bereich Probleme der äußeren Instandhaltung zu erwarten, da ja die linken und rechten Eigentümer zur Umsetzung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an den äußeren Wänden ihres Wohnungseigentums durch den Aufbau dieser Überdachung eine Einschränkung sehen.
Die betroffenen Eigentümer sind sich einig, dass über die Möglichkeiten der ordentlichen Instandsetzung und Instandhaltung der äußeren Wände es zwischen den Betroffenen eine schriftliche Vereinbarung geben wird. Nur unter dieser Voraussetzung haben die übrigen Eigentümer dem Umbau zugestimmt, den (…) [der Nachbar] veranlasst hat.“
Eine solche Vereinbarung kam allerdings nicht zustande. Der klagende Eigentümer verlangt vom Nachbarn, dass dieser die Terrassenüberdachung entfernt. Ferner begehrt er die Feststellung, dass der Nachbar eventuelle Schäden an seiner Außenwand beseitigen muss.
Entscheidung: Bauliche Veränderung muss weg
Der klagende Eigentümer kann die Entfernung der Terrassenüberdachung verlangen. Der Bau der Überdachung war eine Bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum gemäß § 22 Abs. 1 WEG. Über eine Genehmigung derselben haben die Eigentümer keinen Beschluss gefasst. In der Eigentümerversammlung wurde hierüber lediglich diskutiert.
Es fehlt an der erforderlichen Zustimmung aller Eigentümer. Einer baulichen Veränderung müssen alle Wohnungseigentümer zustimmen, denen über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Ein Nachteil ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung.
BGH: Ungenehmigte bauliche Veränderung muss weg
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Unabhängig von einer eventuellen optischen Beeinträchtigung verursacht die Terrassenüberdachung jedenfalls bauliche Behinderungen. Bei etwaigen Instandsetzungsarbeiten an den Fassaden hat dies einen erhöhten Kostenaufwand zur Folge. Selbst bei einer Entfernung der aufliegenden Konstruktion, die der Nachbar für solche Vorhaben angeboten hat, erschwert das verbleibende Ständerwerk die Aufstellung eines Gerüsts. Solche Erschwernisse bei der Fassadensanierung, die zu Mehrkosten führen können, stellen für jeden Wohnungseigentümer einen Nachteil dar.
Ein Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG entfällt auch nicht aufgrund einer vom Nachbarn angebotenen Kompensation; diese kann nur ein Mittel sein, um die anderen Wohnungseigentümer zu bewegen, die erforderliche Zustimmung zur baulichen Veränderung zu erteilen.
Vereinbarung über bauliche Veränderung nicht treuwidrig vereitelt
Der klagende Eigentümer hat auch nicht den Abschluss der in der Eigentümerversammlung diskutierten Vereinbarung entgegen Treu und Glauben vereitelt. Bestimmte Verhandlungspflichten lassen sich dem Protokoll der Versammlung nicht entnehmen. Zudem konnte sich der Nachbar nicht auf schutzwürdiges Vertrauen stützen, denn er hat die Überdachung der Terrasse eigenmächtig errichtet, ohne zuvor die Eigentümerversammlung damit zu befassen.
Kein Schadensersatz für einzelnen Eigentümer
Den auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht gerichteten Antrag weist der BGH hingegen zurück. Da die Fassaden im gemeinschaftlichen Eigentum stehen, stehen Ansprüche auf Schadensersatz den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. Diese muss die Wohnungseigentümergemeinschaft geltend machen. Für eine eventuell mögliche Geltendmachung durch den einzelnen Eigentümer fehlt es jedenfalls an einer Ermächtigung durch die übrigen Wohnungseigentümer.
(BGH, Urteil v. 7.2.2014, V ZR 25/13)
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