BGH: Verjährung erst ab Wohnungsübergabe

Schadensersatzansprüche des Vermieters wegen Schäden an der Mietsache verjähren innerhalb von 6 Monaten. Die Verjährung läuft erst, wenn die Wohnung ordnungsgemäß übergeben ist.

Hintergrund

Eine Vermieterin verlangt vom ehemaligen Mieter Schadensersatz wegen Schäden in der Wohnung.

Der langjährige Mieter räumte die in einem Zweifamilienhaus gelegene Wohnung Ende Juni 2007, nachdem es mit der im selben Haus wohnenden Vermieterin zu Streit gekommen war. Mit Schreiben vom 2.7.2007 kündigte er das Mietverhältnis wegen „Vertrauensverlusts" fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30.9.2007.

Am 30.6.2007 bot der Mieter der Vermieterin an, die Wohnung zurückzugeben. Als die Vermieterin dies ablehnte, warf er die Wohnungsschlüssel in den zu seiner Wohnung gehörenden Briefkasten. Am 1.10.2007 führten die Parteien schließlich wie zwischenzeitlich abgesprochen eine „offizielle" Wohnungsübergabe durch.

Am 19.3.2008 beantragte die Vermieterin einen Mahnbescheid, mit dem sie Schäden in der Wohnung ersetzt verlangt. Der Mieter meint, eventuelle Schadensersatzansprüche seien verjährt. Die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB habe zu laufen begonnen, als er am 30.6.2007 die Rückgabe der Wohnung angeboten habe.

Entscheidung

Schadensersatzansprüche der Vermieterin sind nicht verjährt.

Nach § 548 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB beginnt die Verjährung der Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in dem Zeitpunkt, in dem er die Sache zurückerhält. Die Rückgabe setzt grundsätzlich eine Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters voraus, weil er erst durch die unmittelbare Sachherrschaft in die Lage versetzt wird, sich ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Schäden zu machen. Hingegen ist die Beendigung des Mietverhältnisses nicht Voraussetzung für den Beginn der kurzen Verjährung.

Vorliegend hat die Verjährung erst mit Ablauf des 1.10.2007 begonnen, denn die Vermieterin hat die Wohnung erst an diesem Tag zurückerhalten. Sie hat die Wohnung nicht dadurch zurückerhalten, dass der Mieter versucht hat, ihr Ende Juni die Schlüssel zu übergeben und die Schlüssel dann in den Briefkasten geworfen hat.

Die Vermieterin war auch nicht mit der Rücknahme der Wohnung in Annahmeverzug. Dabei kann offen bleiben, ob ein Mieter berechtigt ist, die Mietsache vor Ende des Mietverhältnisses zurückzugeben. Jedenfalls muss der Vermieter eine Wohnung nicht „auf Zuruf" zurücknehmen. Deshalb kam die Vermieterin hier nicht dadurch in Annahmeverzug, dass sie sich weigerte, die Schlüssel sofort an der Haustür zurückzunehmen.

Da die Parteien im Anschluss noch einen „offiziellen" Übergabetermin vereinbart und diesen auch durchgeführt haben, muss sich die Vermieterin auch nicht aus Treu und Glauben so behandeln lassen, als habe sie die Sachherrschaft über die Wohnung bereits vor der Übergabe am 1.10.2007 erhalten.

(BGH, Urteil v. 12.10.2011, VIII ZR 8/11)

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