Vermieter trägt Kosten vorschneller Duldungsklage
Hintergrund: Duldungsklage nach einmaliger Aufforderung
Die Vermieterin einer Wohnung hatte angekündigt, eine Wärmedämmung an der Fassade anbringen zu wollen. Im Januar 2019 erklärten die Mieter, die Maßnahme dulden zu wollen. Die Arbeiten wurden jedoch zunächst verschoben.
Im November 2019 kündigte die Vermieterin die Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen am Außenputz, den Balkonen und Fenstern sowie erneut das Anbringen einer Außendämmung an. Die Arbeiten sollten Mitte Januar beziehungsweise Mitte März 2020 beginnen. Die Vermieterin forderte die Mieter auf, bis 31.12.2019 mitzuteilen, ob sie die angekündigten Baumaßnahmen dulden werden. Im selben Schreiben setzte sie eine Nachfrist bis zum 6.1.2020.
Am 14.1.2020 reichte die Vermieterin Klage auf Duldung der angekündigten Maßnahmen ein. Die Klage wurde den Mietern einige Tage später zugestellt. Noch am Tag der Zustellung übersandten die Mieter per E-Mail eine auf den 22.12.2019 datierte Duldungserklärung, woraufhin die Vermieterin den Rechtsstreit für erledigt erklärte.
Die Mieter behaupten, die Duldungserklärung schon am 22.12.2019 per Post verschickt zu haben, während die Vermieterin bestreitet, den Brief erhalten zu haben. Das Amtsgericht erlegte der Vermieterin die Kosten des Rechtsstreits auf. Nachdem ihre Beschwerde beim Landgericht hiergegen erfolglos geblieben war, rief die Vermieterin den BGH an.
Entscheidung: Erst mahnen, dann klagen
Der BGH bestätigt die Entscheidung der Vorinstanzen. Die Vermieterin muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.
Die Kostenentscheidung nach einer übereinstimmenden Erledigungserklärung ist danach zu treffen, wer die Kosten ohne die Erledigung hätte tragen müssen. Auch wenn die Klage zulässig und begründet gewesen wäre, muss die Klagepartei die Kosten tragen, wenn die beklagte Partei keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und den Klageanspruch sofort nach Zustellung der Klage beziehungsweise sofort nach Fälligkeit erfüllt oder die Klagepartei sonst klaglos gestellt hat. Das war hier der Fall.
Die Mieter haben die Vermieterin unmittelbar nach Zustellung der Duldungsklage klaglos gestellt, indem sie erklärt haben, die angekündigten Maßnahmen dulden zu wollen. Sie haben auch keine Veranlassung gegeben, Klage zu erheben. Auf die Frage, ob sie wie behauptet zuvor ein Schreiben mit einer Duldungserklärung geschickt haben, kommt es dabei nicht an. Auch wenn sie die Bitte um Abgabe einer Duldungserklärung ignoriert haben sollten, haben sie keinen Anlass zur Klage gegeben.
Eine Partei gibt dann Anlass zur Klage, wenn ihr Verhalten hinreichenden Anlass zu der Annahme gibt, die Klagepartei werde ohne Inanspruchnahme der Gerichte nicht zu ihrem Recht kommen. Das ist etwa der Fall, wenn sie eine fällige Leistung trotz Aufforderung nicht erbringt oder bei einem Duldungsverlangen eine Duldungserklärung trotz Aufforderung nicht abgibt.
Ein Anlass zur Klage hätte hier nur bestanden, wenn die Vermieterin die Mieter nach Ablauf einer angemessenen Frist nach dem Ankündigungsschreiben nochmals aufgefordert hätte, eine Duldungserklärung abzugeben. Die im Ankündigungsschreiben enthaltene Aufforderung reichte nicht aus, denn die Duldung war zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig. Die Aufforderung konnte auch im Hinblick auf eine eventuelle Pflicht, vorab eine Duldungserklärung abzugeben, keinen Verzug begründen. Insoweit hätte es einer nochmaligen Aufforderung bedurft; die bereits im Ankündigungsschreiben gesetzte Nachfrist war nicht ausreichend.
Gegen die Annahme, die Vermieterin habe damit rechnen müssen, ohne gerichtliche Hilfe nicht zu ihrem Recht zu kommen, spricht zudem, dass die Mieter bereits nach der ersten Ankündigung im Januar 2019 erklärt hatten, die (dann zunächst nicht durchgeführten) Maßnahmen dulden zu wollen. Es war nicht ersichtlich, dass sie ihre Haltung geändert hatten.
(BGH, Beschluss v. 27.4.2021, VIII ZB 44/20)
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