Wohnungseigentümer: Grundlagen-Änderungen per Beschluss
Die Berliner Baubehörde hatte einen Bauträger für die Sanierung eines Gebäudes von bestimmten bauplanungsrechtlichen Festsetzungen freigestellt. Das Gebäude steht auf dem Flurstück 696, das zusammen mit dem weiteren, unbebauten Flurstück 695 ein Grundstück bildete. Die Befreiung stand unter der Bedingung, dass das Gesamtgrundstück, das sich zwischen zwei Alleen erstreckt, erhalten bleibt und die Grundstücke nicht nachträglich geteilt werden.
Hintergrund: WEG klagt gegen Bauträger auf Eigentumsverschaffung
Im Oktober 2007 teilte der Bauträger das bebaute Grundstück in Wohnungseigentum auf und ließ das unbebaute Flurstück 695 entgegen der Anordnung der Baubehörde abschreiben und auf ein separates Grundbuchblatt übertragen.
In den Jahren 2007 und 2008 veräußerte der Bauträger die sanierten Wohnungen an verschiedene Erwerber. 2011 übertrug er das Eigentum an dem neu gebildeten, aus dem unbebauten Flurstück 695 bestehenden Grundstück an eine aus seinen beiden Töchtern bestehende GbR.
2014 erfuhr die Baubehörde von der Teilung der Grundstücke. Sie gab den Wohnungseigentümern auf, die Abschreibung rückgängig zu machen; gleichzeitig gab sie der GbR auf, das unbebaute Grundstück an die Wohnungseigentümer zu übereignen.
Im Juni 2015 beschlossen die Wohnungseigentümer, den Bauträger auf Verschaffung des Eigentums an dem unbebauten Grundstück in Anspruch zu nehmen.
Die WEG klagt nun gegen den Bauträger, ihr gemeinschaftliches Eigentum am Flurstück 695 zu verschaffen, oder hilfsweise den einzelnen Wohnungseigentümern näher bezeichnete Miteigentumsanteile zu verschaffen.
Vor dem Kammergericht hatte die Klage keinen Erfolg. Dieses meint, die WEG könne die vertraglichen Erfüllungsansprüche ihrer Mitglieder nicht geltend machen, weil sie insoweit nicht rechtsfähig sei. Zudem seien die sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft betroffen, die von vornherein nicht zu den Angelegenheiten der Verwaltung gehörten.
Entscheidung: Vorbereitungsbeschluss ist Verwaltungsmaßnahme
Der BGH folgt der Meinung des Kammergerichts nicht und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück.
Die WEG ist rechts- und parteifähig und auch prozessführungsbefugt. Sie stützt ihre Klage auf Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche der Eigentümer aus den Bauträgerverträgen. Die Gemeinschaft kann diese Ansprüche geltend machen, weil sie sie im Juni 2015 per Beschluss an sich gezogen hat.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft übt gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer aus und nimmt die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer wahr – ebenso sonstige Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können oder zu erfüllen sind.
Rechtsinhaber bleiben also die Wohnungseigentümer, aber die Ausübungs- und die Prozessführungsbefugnis steht bei den Rechten, die unter § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG fallen, allein der Wohnungseigentümergemeinschaft zu. Solche Rechte macht die Gemeinschaft hier geltend.
Die Durchsetzung der Ansprüche der Eigentümer aus den Erwerbsverträgen durch die Gemeinschaft dient auch der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und die Gemeinschaft ist insoweit rechtsfähig.
Die Veränderung der sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft – etwa durch Veräußerung eines Teils des gemeinschaftlichen Grundstücks – wäre keine Verwaltung im Sinne von § 21 Abs. 3 WEG. Die Wohnungseigentümer hätten keine Beschlusskompetenz, um eine Mitwirkungspflicht der Eigentümer zu begründen.
Darum geht es hier aber nicht. Die Vergemeinschaftung der Ansprüche führt keine sachenrechtliche Veränderung herbei und begründet auch keine darauf bezogene Verpflichtung. Vielmehr soll die Klage den Bauträger dazu bringen, die Handlungen vorzunehmen, die notwendig sind, um das Flurstück 695 in das gemeinschaftliche Eigentum einzubeziehen.
Die Klage dient damit dazu, eine von den Wohnungseigentümern selbst herbeizuführende sachenrechtliche Veränderung vorzubereiten. Solche Maßnahmen, die eine Änderung der sachenrechtlichen Grundlagen vorbereiten sollen, gehören zur Verwaltung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes und können mehrheitlich beschlossen werden.
Der Auffassung, dass es den Eigentümern insoweit an der Beschlusskompetenz fehle, erteilt der BGH eine Absage und verweist darauf, dass der Begriff der Verwaltung weit zu verstehen ist. Nur wenn die vorzubereitende Maßnahme offenkundig nicht der Verwaltung dient, etwa der Erwerb eines Grundstücks ohne jeden Bezug zum gemeinschaftlichen Eigentum, besteht keine Beschlusskompetenz.
Gleichzeitig müssen auch Beschlüsse dieser Art ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Daran wird es regelmäßig fehlen, wenn schon bei der Beschlussfassung absehbar ist, dass einzelne Wohnungseigentümer an der späteren Umsetzung nicht mitwirken werden und hierzu zweifelsfrei auch nicht (ausnahmsweise) verpflichtet sind, die mit der Vorbereitungsmaßnahme verbundenen Kosten also aller Voraussicht nach vergeblich aufgewendet werden.
Die Frage der ordnungsgemäßen Verwaltung ist allerdings nur im Rahmen einer Anfechtung des Vorbereitungsbeschlusses zu prüfen. Solange der Vorbereitungsbeschluss nicht rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist, ist er wirksam.
Es handelt sich hier auch deshalb um eine Verwaltungsmaßnahme, weil die Baubehörde den Wohnungseigentümern aufgegeben hat, die Teilung des Grundstücks rückgängig zu machen. Deshalb greift auch der Einwand, die WEG sei nur in Bezug auf das bebaute Flurstück 696 entstanden und die Verwaltung beziehe sich nur hierauf, zu kurz.
Weitere Tatsachenklärung erforderlich
Das Kammergericht, an das der Rechtsstreit zurückverwiesen wurde, muss nun unter anderem prüfen, ob sich die Kaufverträge mit den Erwerbern der sanierten Wohnungen auf Wohnungseigentum an beiden Flurstücken oder nur an dem bebauten Flurstück beziehen. Im ersteren Fall wäre der Bauträger kaufvertraglich verpflichtet, den Erwerbern auch am Flurstück 695 gemeinschaftliches Eigentum zu verschaffen. Dann müsste er zunächst darauf hinwirken, dass die GbR das Grundstück entweder zunächst an ihn oder direkt an die WEG übereignet.
Im letzteren Fall könnte der Bauträger werkvertraglich zur Eigentumsverschaffung verpflichtet sein, weil er eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung schuldet. An einer solchen fehlt es auch dann, wenn das Werk zwar der übernommenen Bauverpflichtung gerecht wird, nicht aber den rechtlichen Vorgaben.
(BGH, Urteil v. 20.9.2019, V ZR 258/18)
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