Grundbucheinsicht für Wohnungseigentümer nur beschränkt

Ein Wohnungseigentümer hat in der Regel keinen Anspruch, das Wohnungsgrundbuch eines anderen Eigentümers vollständig einzusehen. Bei Wohngeldrückständen kann der Verwalter das Grundbuch einsehen und den Eigentümern die für eine Beschlussfassung zur Anspruchsdurchsetzung benötigten Informationen weitergeben.

Hintergrund

Ein Wohnungseigentümer verlangt beim Grundbuchamt Einsicht in das Wohnungsgrundbuch eines anderen Eigentümers. Anlass der Anfrage ist, dass Letzterer mit Wohngeldzahlungen im Rückstand ist.

Das Grundbuchamt hat die begehrte Grundbucheinsicht abgelehnt.

Entscheidung

Das Grundbuchamt hat die Grundbucheinsicht zu Recht verweigert.

Gemäß § 12 Abs. 1 Grundbuchordnung (GBO) ist die Einsicht des Grundbuchs jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Ein berechtigtes Interesse besteht, wenn der Antragsteller ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse verfolgt. Es müssen sachliche Gründe vorgetragen werden, die die Verfolgung unberechtigter Zwecke oder bloßer Neugier ausgeschlossen erscheinen lassen.

Dieser allgemeine Grundsatz findet auch auf Sondereigentümer innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft Anwendung, soweit diese Einsicht in die Grundbücher anderer Sondereigentumseinheiten begehren. Zu prüfen ist daher stets, ob ein solches sachliches Interesse schlüssig dargelegt ist.

Die Stellung als Miteigentümer allein begründet kein volles Einsichtsrecht. Bei entsprechendem Informationsbedarf kann sich hieraus allenfalls ein Anspruch auf Einsicht in das Bestandsverzeichnis und Abteilung I des Grundbuchs ergeben.

Die Einsicht in die Abteilungen II und III des Grundbuchs offenbart hingegen die Nutzungs- und Haftungsverhältnisse des fremden Sondereigentums und in Grenzen die wirtschaftlichen Verhältnisse des jeweiligen Eigentümers.

Zwar kann bei Wohngeldrückständen die Kenntnis der Eintragungen in Abteilung II und III für den einzelnen Eigentümer als Grundlage seines Verhaltens in der Eigentümerversammlung von Interesse sein. Bei der gebotenen Abwägung zwischen diesem Informationsbedürfnis und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Schuldners ist jedoch auch zu fragen, ob der einzelne Miteigentümer auf die Grundbucheinsicht angewiesen ist, um die relevanten Informationen zu erlangen. Dies ist im Regelfall zu verneinen.

Bei Hausgeldrückständen zählt es zu den Aufgaben des Verwalters, für eine effektive Durchsetzung der Ansprüche der Gemeinschaft zu sorgen. Er muss daher, wenn Rückstände auflaufen und er durch die Gemeinschaftsordnung nicht allgemein ermächtigt ist, derartige Ansprüche gerichtlich geltend zu machen, auf eine Entscheidung der Eigentümer über die gerichtliche Geltendmachung dringen. In beiden Alternativen stellt sich unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Anspruchsverfolgung auch die Frage nach den (Vor-)Belastungen der Sondereigentumseinheit(en) des Schuldners. Dementsprechend ist dem Verwalter in einer solchen Situation ein Einsichtsrecht nach § 12 Abs.1 GBO zuzubilligen, da er zur Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft dann auf die Grundbucheinsicht angewiesen ist. Die Eigentümer können die notwendigen Informationen zum Grundbuchinhalt, die sie möglicherweise vor einer Beschlussfassung brauchen, dann vom Verwalter bekommen.

Ein individuelles Einsichtsrecht einzelner Miteigentümer würde voraussetzen, dass der Informationsfluss über den Verwalter nicht umsetzbar oder unzumutbar ist, etwa weil der Verwalter sich weigert, hieran mitzuwirken.

(OLG Hamm, Beschluss v. 17.6.2015, 15 W 210/14)

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