Wenn sich so viel tun muss – wie ist denn Ihre Vertriebspipeline gefüllt?
Münch: Gut gefüllt, wir machen auch derzeit Abschlüsse. Doch es gibt aktuell – so scheint es – nur schwarz oder weiß. Entweder warten die Unternehmen ab und verschieben auf 2021 oder sie haben es ganz eilig mit ihrer Unterschrift. Dennoch liegt das Neugeschäft nicht ganz auf dem Niveau der Vorjahre. Derzeit werden allerdings viele Interessenten mit konkreten Anfragen generiert. Denn die Kollaboration etwa mit Mietern, Lieferanten oder Investoren kann noch besser gestaltet werden. Auch können und müssen viele Stakeholder enger miteinander vernetzt werden. Das führt bei uns zu einer konstant hohen Nachfrage. Denn dafür eignet sich unsere Yardi Plattform prima. Auch auf der Projektseite brummt es – nun halt remote. Dafür waren wir übrigens auch vor Corona schon bestens aufgestellt.
Was bedeutet das für den Vertrieb?
Münch: Ohne die ganzen Reisezeiten bleibt effektiv ja mehr Zeit zum Arbeiten. Der Vertrieb wird sich nachhaltig ändern. Es wird deutlich mehr Online-Meetings geben. Komplett ohne persönlichen Kontakt wird es jedoch nicht funktionieren. Die soziale Komponente ist schließlich auch wichtig. Vielleicht sind noch die Projekt-Kick-offs in Zukunft persönlich. Der Projektverlauf erhält wohl eine deutlich stärkere Remotekomponente. Heute ist noch nicht das neue Normal, aber das neue Normal wird anders sein als das alte.
Geht es eher um Neuprojekte oder Ausweitung des Bestandsgeschäfts?
Lampatz: Früher wussten wir: "Wenn es unseren Kunden gut geht, geht es auch uns als IT-Anbieter gut. Und umgekehrt". Doch nun gab es im März eine Phase der massiven Unsicherheit. Es gibt deshalb einige Negativeffekte wie Budgetfreezes seit März 2020. Je nach Immobilien-Assetklasse, die unsere Kunden bedienen, gibt es da einige momentane Verlierer. Mietstundungen und -ausfälle insbesondere im Einzelhandel beeinträchtigen sowohl die Centermanager und Investoren hinter den Shopping-Centern. Auch die Filialisten haben es derzeit schwer. Positive Effekte erleben zurzeit etwa die Logistikunternehmen. Doch es gibt ja auch Entscheidungen, die man softwareseitig einfach treffen muss. Etwa meine Mannschaft homeofficefähig zu machen. Davon profitieren wir in den letzten Monaten. Wir hatten noch nie so viele Anfragen etwa zum Dokumentenmanagement. Manche haben gerade erstmals Zeit sich mit solchen Fragen zu beschäftigen und entscheiden sich, diese nun zu lösen. Nach den Sommerferien erwarte ich ein starkes Wiederanziehen des üblichen Geschäfts. Im Vertrieb haben wir gelernt, dass wir remote sogar noch effektiver arbeiten können: Es gehen vier hochkarätige Präsentationen deutschlandweit pro Tag.
Budgetfreezes oder die Zeichen der Zeit zum Invest erkannt: Was herrscht bei den Kunden vor?
Dietzel: Ich freue mich jetzt ganz besonders, dass wir bereits in den vergangenen Jahren auf Messen und Kongressen mantraartig Websoftware gepredigt haben. Ich glaube, auch deshalb laufen uns die Kunden gerade die Türen ein. Unser Team zu allgemeinen Digitalisierungsfragen und Prozessanalysen ist gefragt wie nie zuvor. Wöchentliche Leads und Abschlüsse sind derzeit die erfreuliche Realität. Wir stellen deshalb neue Mitarbeiter ein. Axera Kunden können wir auch aus dem Homeoffice wunderbar helfen und schulen. Die Auftragsbücher sind proppenvoll. Wir passen dabei natürlich auf, dass wir den Kunden nicht zu viel an Umstellung auf einmal zumuten.
Drehen die Kunden derzeit den Euro nicht krisenbedingt zweimal um?
Dietzel: Die gibt es auch. Eine Mehrzahl an Unternehmen merkt, welcher Vorteil es ist, orts- und geräteunabhängig zu arbeiten. In Zukunft wird man noch nicht mal mehr ein Betriebssystem auf dem jeweiligen Gerät benötigen. Du kriegst einen Link und bekommst deine Anwendungen direkt aus dem Rechenzentrum wie etwa von Microsoft Azure oder anderen Anbietern.