Verbot von Satellitenschüssel hängt vom Einzelfall ab

Die Frage, ob der Vermieter einem ausländischen Mieter die Montage einer Satellitenschüssel verbieten darf, ist anhand einer Abwägung im Einzelfall zu entscheiden. Das hat das Bundesverfassungsgericht bekräftigt.

Hintergrund

Die Mieter einer Wohnung streiten mit der Vermieterin über die Anbringung einer Parabolantenne an der Fassade.

Die Mieter sind türkische Staatsangehörige turkmenischer Abstammung. Sie fühlen sich einer in der Türkei lebenden turkmenischen Minderheit zugehörig, die eigenen Traditionen und der turkmenischen Sprache verbunden geblieben ist.

An der Gebäudefassade hatten die Mieter ohne die nach dem Mietvertrag erforderliche Zustimmung der Vermieterin eine Satellitenschüssel angebracht. Mit dieser wollten sie ein nur über Satellit verfügbares Programm über die turkmenische Region sowie die dort lebenden Menschen empfangen, das ganztägig in türkischer und turkmenischer Sprache ausgestrahlt wird. Die Mieterin verlangte die Beseitigung der Parabolantenne bzw. Unterlassung von deren Anbringung.

Amts- und Landgericht haben der Klage stattgegeben. Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass der der turkmenische Dialekt keine eigene Sprache sei. Das Landgericht hat ausgeführt, selbst wenn die turkmenische Sprache eine eigene Sprache sei, sei die Abwägung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden, ohne dies näher zu begründen.

Gegen die Entscheidungen von Amts- und Landgericht haben die Mieter Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Entscheidung

Die Verfassungsbeschwerde hat Erfolg.

Die Installation einer Parabolantenne ist vom Grundrecht auf Informationsfreiheit umfasst. Dieses ist im Einzelfall gegen die Eigentümerinteressen des Vermieters an der – auch optisch – ungeschmälerten Erhaltung des Wohnhauses abzuwägen.

In der Regel ist der Vermieter dann nicht verpflichtet, eine Parabolantenne des Mieters zu dulden, wenn er dem Mieter einen Kabelanschluss bereitstellt.

Dem besonderen Informationsinteresse dauerhaft in Deutschland lebender ausländischer Staatsangehöriger trägt dieser Grundsatz jedoch nicht in allen Fällen ausreichend Rechnung. Sie sind daran interessiert, die Programme ihres Heimatlandes zu empfangen, um sich über das dortige Geschehen unterrichten und die kulturelle und sprachliche Verbindung zu ihrem Heimatland aufrechterhalten zu können. Ist eine angemessene Zahl von Programmen aus dem jeweiligen Heimatland nicht über den vom Vermieter bereitgestellten Kabelanschluss, sondern nur über eine Parabolantenne zu empfangen, so ist das Interesse der ausländischen Mieter am Empfang von Rundfunkprogrammen ihres Heimatlandes bei der Abwägung mit den Eigentümerinteressen des Vermieters zu berücksichtigen. Zulässige Abwägungsgesichtspunkte sind hierbei, in welchem Umfang der Mieter Programme seines Heimatlandes bereits ohne eigene Parabolantenne empfangen kann und ob er über die bereitgestellte Empfangsanlage gegen angemessenes Entgelt ein zusätzliches Programmangebot nutzen kann.

Da Amts- und Landgericht das Informationsinteresse der Mieter nicht hinreichend berücksichtigt hatten, hat das Bundesverfassungsgericht die Entscheidungen aufgehoben. Das Amtsgericht muss nun erneut über den Fall entscheiden.

(BVerfG, Beschluss v. 31.3.2013, 1 BvR 1314/11)


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