Vermieter kann Mieter Halten eines Autos nicht generell verbieten
Hintergrund
Die Vermieterin und die Mieter einer Wohnung streiten über die Wirksamkeit einer Vereinbarung, die es den Mietern untersagt, ein Kraftfahrzeug zu halten.
Die Wohnung befindet sich ein einer Siedlung, die dem Bebauungsplan zufolge autofrei ist. In einem städtebaulichen Vertrag mit der Stadt hatte sich die Vermieterin verpflichtet, mit ihren Mietern geeignete Vereinbarungen zu treffen, die den Charakter der Siedlung als autofreies Wohngebiet sichern sollen.
In der umstrittenen formularmäßigen Vereinbarung zwischen der Vermieterin und den Mietern verpflichten sich die Mieter, kein Kraftfahrzeug zu halten. Lediglich die Nutzung von Carsharing-Fahrzeugen und Mietwagen soll den Mietern gestattet sein. Auch die ausschließlich berufliche Nutzung von Kraftfahrzeugen außerhalb der Siedlung soll von dem Verbot ausgenommen sein, nicht jedoch Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz.
Für den Fall, dass es den Mietern „aus persönlichen, körperlichen oder geistigen Behinderungen“ unzumutbar sein sollte, öffentliche Verkehrsmittel, Car-Sharing oder den unmotorisierten Individualverkehr zu nutzen, und für sonstige Härtefälle stellt die Vermieterin den Mietern eine Ausnahmegenehmigung „in Aussicht“. Ein Rechtsanspruch auf eine solche Genehmigung wird aber ausdrücklich ausgeschlossen.
Die Mieter nutzen entgegen der Vereinbarung mit der Vermieterin ständig ein Kraftfahrzeug, das sie auf dem zur Wohnanlage gehörenden Besucherparkplatz abstellen. Die Vermieterin verlangt, dass die Mieter die Nutzung des Kraftfahrzeuges unterlassen.
Entscheidung
Die Klage hat keinen Erfolg. Die Vereinbarung, nach der die Mieter ohne Ausnahme kein Kraftfahrzeug halten dürfen, ist unwirksam. Sie benachteiligt die Mieter entgegen Treu und Glauben unangemessen.
Auf der einen Seite hat die Vermieterin ein Interesse, ihre Verpflichtungen aus dem städtebaulichen Vertrag mit der Stadt zu erfüllen. Auf der anderen Seite steht das Interesse der Mieter, ihre individuelle Mobilität wieder zu erlangen. Diese Interessen sind gegeneinander abzuwägen.
Bei der Abwägung ist der objektive Gehalt der Vertragsklausel zugrunde zu legen, ohne dass es auf die Handhabung im Einzelfall ankommt. Dabei ist von der kundenfeindlichsten Auslegung auszugehen. Diese ergibt, dass den Mietern kategorisch untersagt wird, ein eigenes Kraftfahrzeug zu halten, ohne weitere Differenzierung oder einen Rechtsanspruch auf eine Ausnahmegenehmigung. Dies würde auch Mieter treffen, die aus gesundheitlichen Gründen in ihrer Mobilität eingeschränkt sind oder solche, die ein Fahrzeug geerbt haben. Auch wäre es Mietern nicht möglich, Halter eines Fahrzeugs zu sein, das sie z.B. ihren auswärts wohnenden Kindern zur dauerhaften Nutzung überlassen.
Die Vertragsklausel umfasst damit auch Konstellationen, in denen das Verbot nicht als durch das anzuerkennende Interesse der Vermieterin, ihre Pflichten gegenüber der Stadt einzuhalten, gerechtfertigt angesehen werden kann.
Selbst wenn man die Verbote als taugliche Mittel zur Förderung eines legitimen Ziels, nämlich Schaffung eines „zukunftsweisenden“ Wohnquartiers, das über besondere ökologische und urbane Wohnqualität verfügt, ansehen würde, wäre die Klausel nicht mehr als angemessene Benachteiligung der Mieter anzusehen. Durch die Absolutheit des Verbots geht die Klausel vielmehr über das zur Erreichung des legitimen Ziels erforderliche Maß deutlich hinaus.
Die den Mietern aufgebürdeten Nachteile werden auch nicht anderweitig kompensiert. Zwar zahlen die Mieter eine besonders günstige Miete, was grundsätzlich als Vorteil anzusehen ist. Dieser Aspekt steht aber nicht in einem Zusammenhang mit dem Kraftfahrzeugverbot und kann diesen Nachteil nicht kompensieren.
(AG Münster, Urteil v. 19.2.2014, 8 C 2524/13)
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