Vor Genehmigung einer Rampe müssen alle Alternativen auf den Tisch
Hintergrund: Rollstuhlrampe eine von mehreren Möglichkeiten
Ein Wohnungseigentümer hatte außen am Gebäude eine Rollstuhlrampe zu seiner Wohnung errichten lassen. Grundlage war ein Genehmigungsbeschluss, den das Amtsgericht allerdings nach dem Bau der Rampe im April 2016 für nichtig erklärt hatte.
In einer Eigentümerversammlung im November 2016 genehmigten die Eigentümer erneut per Mehrheitsbeschluss den Bau der Rampe.
Ein Eigentümer hat gegen den neuerlich gefassten Beschluss Anfechtungsklage erhoben. Er wendet ein, die errichtete Rampe sei nicht die einzige Möglichkeit, den barrierefreien Zugang zur Wohnung zu gewährleisten. Es gebe andere Möglichkeiten, die optisch weniger auffällig wären. So könne man den Hauseingang so herrichten, dass die Wohnung mit Ergänzung eines Treppenlifts mit dem Rollstuhl erreichbar sei. Denkbar sei auch, einen Hublift an der Loggia der Wohnung anzubringen. In Betracht käme ferner, die vorhandene Rampe an einer Nachbarwohnung mitzunutzen. Schließlich könne über ein Treppensteiggerät nachgedacht werden. Nähere Informationen über die genannten Alternativen lagen bei der Beschlussfassung über die Genehmigung der Rampe nicht vor.
Entscheidung: Alternativen nicht hinreichend aufgezeigt
Die Anfechtungsklage hat Erfolg. Der Genehmigungsbeschluss widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil die Entscheidungsgrundlage bei der Beschlussfassung unzureichend war.
Grundsätzlich hat ein Wohnungseigentümer keinen Anspruch auf Zustimmung zu einer baulichen Veränderung. Sofern die übrigen Eigentümer nicht über das unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, müssen sie diese aber dulden.
Der BGH hat im Januar 2017 die Voraussetzungen dargestellt, unter denen einzelne Wohnungseigentümer von den übrigen Miteigentümern die Duldung eines behindertengerechten Umbaus des Gemeinschaftseigentums, dort insbesondere den Einbau eines Personenaufzugs, verlangen können. Demnach kann ein gehbehinderter Eigentümer im Regelfall keine Zustimmung zum Einbau eines Aufzugs verlangen, allerdings werden die übrigen Eigentümer den Einbau eines Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe durch einen Eigentümer dulden müssen, wenn dieser oder ein Angehöriger unter einer erheblichen Gehbehinderung leidet.
Aus der BGH-Entscheidung ergibt sich jedoch kein Freibrief für die Errichtung von Treppenliften oder Rollstuhlrampen. Es kommt vielmehr auf die Auswirkungen im konkreten Einzelfall an. Wer einen behindertengerechten Zugang in Anspruch nehmen möchte, muss nicht nur die Behinderung und ihre Auswirkungen im Einzelnen darlegen, sondern auch die beabsichtigten Baumaßnahmen im Einzelnen beschreiben und die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit nachweisen.
Wenn mehrere geeignete Maßnahmen infrage kommen, haben die übrigen Eigentümer ein Mitbestimmungsrecht. Dabei sind alle Gesichtspunkte des Einzelfalles zu bedenken, auch die Kosten verschiedener Baumaßnahmen und deren Eingriffsumfang. Dabei gibt es keinen Anspruch auf die Genehmigung der billigsten Lösung oder eine Standortwahl nach eigenem Belieben, aber die Ausführung des Mitbestimmungsrechts darf die behindertengerechte Herrichtung nicht praktisch unzumutbar machen.
Um das Mitbestimmungsrecht ausüben zu können, muss den Eigentümern eine ausreichende Entscheidungsgrundlage vorliegen. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, weil auch andere Lösungen als die Rampe infrage gekommen wären, bei der Beschlussfassung aber fundierte Informationen zu den denkbaren Alternativen gefehlt haben.
Die Entscheidungsgrundlage kann nicht nachträglich im Anfechtungsverfahren durch Beauftragung eines Sachverständigen geschaffen werden. Es hätte den Eigentümern und dem Verwalter oblegen, eine ausreichende Entscheidungsgrundlage für eine Beschlussfassung zu schaffen, die ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.
(AG München, Urteil v. 5.7.2017, 482 C 26378/16 WEG)
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