Wer Mangelbeseitigung ablehnt, darf Miete nicht zurückbehalten
Hintergrund: Mieter lehnen Mangelbeseitigung ab
Die Vermieterin einer Wohnung verlangt von den Mietern die Räumung.
Die Mieter lagen mit den während des seit 1998 bestehenden Mietverhältnisses mehrfach wechselnden Vermietern wegen zahlreicher Mängel der Wohnung im Streit. In mehreren Prozessen wurden den Mietern in den Jahren 2003 bis 2012 Mietminderungen zwischen 10 und 35 Prozent zugesprochen.
Die Mieter zahlten wegen weiterhin vorhandener Mängel auch nach diesem Zeitraum nur eine geminderte Miete. Zusätzlich beriefen sie sich auf ein Leistungsverweigerungsrecht bis zur Beseitigung der Mängel und behielten weitere Teile der Miete ein. Im Dezember 2015 erklärte die Vermieterin eine außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzuges und erhob Räumungsklage.
In der Klageerwiderung erklärten die Mieter im März 2016, sie seien wegen eines mit dem vorigen Vermieter anhängigen Rechtsstreits und der dortigen Beweiserhebungen nicht zu einer Duldung der Mängelbeseitigung verpflichtet. Eine Beseitigung der Mängel komme einer „Vernichtung von Beweissachverhalten“ und einer „Beweisvereitelung“ gleich. In der mündlichen Verhandlung im April 2016 bekräftigten die Mieter diese Auffassung und erklärten erneut, dass eine Mangelbeseitigung nicht erfolgen könne, solange das andere Verfahren andauere. Zwar könne ein Termin zur Besichtigung der Mängel stattfinden, eine Mangelbeseitigung sei aber nur mit Zustimmung des vorigen Vermieters (dem Kläger im anderen Verfahren) möglich.
Im Juli 2016 sprach die Vermieterin erneut eine Kündigung wegen Zahlungsverzuges aus. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Mieter unter Berufung auf ihr Leistungsverweigerungsrecht etwa 4.900 Euro einbehalten. Die ungeminderte Miete betrug 785 Euro monatlich.
Entscheidung: Verweigerte Mangelbeseitigung lässt Leistungsverweigerungsrecht entfallen
Die Räumungsklage hat Erfolg. Das Mietverhältnis ist durch die im Juli 2016 ausgesprochene Kündigung beendet worden. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Mieter in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Zahlung der Miete in einer Höhe in Verzug, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Bei Ausspruch der Kündigung im Juli 2016 konnten sich die Mieter nicht mehr auf ihr Leistungsverweigerungsrecht berufen. Dieses war seit März 2016 entfallen, weil die Mieter es abgelehnt hatten, eine Beseitigung der Mängel zu dulden.
Das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB, das neben einer Mietminderung bestehen kann, dient dazu, den Vermieter durch den dadurch ausgeübten Druck zur Mangelbeseitigung anzuhalten. Es kann redlicherweise nicht mehr ausgeübt werden, sondern entfällt, wenn dieser Zweck nicht mehr erreicht werden kann. Deshalb endet das Zurückbehaltungsrecht nicht nur bei der Beseitigung des Mangels, sondern auch unabhängig von einer Mangelbeseitigung bei Beendigung des Mietverhältnisses sowie dann, wenn der Mieter dem Vermieter den Zutritt zur Wohnung nicht gewährt oder sonst die Duldung der Mangelbeseitigung verweigert. In all diesen Fällen kann das Zurückbehaltungsrecht die Funktion, den Vermieter zur Mängelbeseitigung anzuhalten, nicht mehr erfüllen. Mit dem Wegfall des Zurückbehaltungsrechts werden die gesamten einbehaltenen Beträge sofort zur Zahlung fällig, selbst wenn der Einbehalt zunächst zu Recht erfolgt sein sollte.
Die Mieter durften eine Mangelbeseitigung nicht deshalb verweigern, weil sie mit dem vorigen Vermieter in Streit lagen und eine Vernichtung von Beweismitteln fürchteten. Die Mängel hätten auch im Falle ihrer Beseitigung beispielsweise durch Fotos oder das Zeugnis der mit der Mangelbeseitigung befassten Handwerker bewiesen werden können.
Bei der Kündigung im Juli 2016 befanden sich die Mieter somit mit der Zahlung des einbehaltenen Betrages von mehr als 4.900 Euro in Verzug was die zweifache Monatsmiete deutlich übersteigt. Die Kündigung wegen Zahlungsverzuges war somit gerechtfertigt.
(BGH, Urteil v. 10.4.2019, VIII ZR 12/18)
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