Wie Gerichte rund um Eigentümerversammlungen geurteilt haben

Egal ob online, offline oder erst wieder 2021: Für Eigentümer und Verwalter ist die WEG-Versammlung der Tag des Jahres. Hier werden wichtige Beschlüsse gefasst. Doch was ist erlaubt und was nicht? Geht es in der Waschküche oder auch mal unter freiem Himmel? So haben Gerichte entschieden.

Die Versammlungen von Wohnungseigentümergemeinschaften finden meist gegen Jahresende statt. Ob sie trotz Pandemie grundsätzlich erlaubt sind, regeln die Bundesländer in ihren "Corona-Verordnungen" einsehbar auf den Internetportalen der Landesregierungen.

Eine temporäre Sonderregelung des Bundesgesetzgebers zum Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ist davon unberührt: Der amtierende Verwalter bleibt im Amt, auch wenn seine Wahlperiode schon abgelaufen sein sollteund der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan bleibt in Kraft. Wann die Eigentümerversammlungen wieder verpflichtend werden, ist noch unklar.

Eigentümerversammlungen: Die knackigsten Urteile

Versammlungen von Wohnungseigentümern unterliegen grundsätzlich strengen Regeln. Darüber, was gilt und was nicht, entbrennt oftmals Streit mit oder ohne Coronakrise. Mal ist der Ort strittig, mal der Zeitpunkt oder Rechte und Pflichten der Teilnehmer. Der LBS-Infodienst Recht und Steuern macht auf relevante Urteile zu dieser Thematik aufmerksam.

Unter freiem Himmel

Die Corona-Pandemie macht auch mal ungewöhnliche Eigentümerversammlungen möglich. Ein Verwalter wählte zur Vermeidung der Ansteckungsgefahr den Spielplatz auf dem Grundstück der WEG. Damit waren nicht alle Mitglieder einverstanden. Sie zogen vor Gericht  unter anderem mit der Begründung, dass an besagtem Ort unter freiem Himmel "jedermann" zuhören könne und somit die vorgeschriebene Nichtöffentlichkeit fehle. Das sieht das Amtsgericht Berlin-Wedding (Urteil v. 13.7.2020, Az. 9 C 214/20) anders. Nach Überzeugung des Gerichts entsprach die Entscheidung für den Spielplatz einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Die Mitglieder seien auf Grund der speziellen Lage des Ortes weitgehend vor Zuhörern geschützt gewesen. Zudem wäre eine Versammlung innerhalb eines geschlossenen Raumes wegen Corona erst deutlich später möglich gewesen.

Treffpunkt Waschküche

In der Praxis stellt sich auch ohne Corona-Pandemie hin und wieder die Frage, ob der für die Eigentümerversammlung gewählte Ort geeignet und angemessen ist. In Dortmund traf sich eine Gemeinschaft zu diesem Zweck in der Waschküche der Wohnanlage hiergegen wenden sich im Nachhinein einzelne Mitglieder. Das Landgericht Dortmund (Urteil v. 23.11.2018, Az. 17 S 83/18) betonte in seinem Urteil, es komme ausschließlich darauf an, ob die Örtlichkeit eine ordnungsgemäße Versammlung ermögliche. Hier habe man lediglich sieben Minuten benötigt, um zwei Tagesordnungspunkte zu behandeln. Das sei auch in einer Waschküche möglich.

Zutritt für Dolmetscher

Ist ein Wohnungseigentümer der deutschen Sprache nicht mächtig, darf bei der Besprechung komplexer Inhalte ein Dolmetscher an der Versammlung teilnehmen. Einer Spanierin wurde das verweigert: Sie verließ daraufhin das Treffen und focht anschließend alle Beschlüsse an. Das Amtsgericht Wiesbaden (Urteil v. 27.7.2012, Az. 92 C 217/11) gab ihr Recht.

Laufende Versammlung verlassen

Eigentümer dürfen die Versammlung verlassen, wann immer sie wollen. Selbst wenn sie dadurch die Beschlussfähigkeit gefährden oder gar beenden. Es gibt keine Treuepflicht, die WEG-Mitglieder dazu verpflichtet, in der Versammlung auszuharren, urteilte das Amtsgericht Neumarkt / Oberpfalz (Urteil v. 20.8.2015, Az. 4 C 5/14). Im dem Fall hatte der Weggang eines von 125 Eigentümern dazu geführt, dass die Beschlussfähigkeit verloren ging.

Terminierung: Vorlauf bei Schulferien

Bei der Terminierung von Eigentümerversammlungen müssen die Schulferien berücksichtigt werden. Es darf generell eine Versammlung anberaumt werden, allerdings ist ein Vorlauf von mehr als zwei Wochen nötig, entschied das Landgericht Karlsruhe (Urteil v. 25.10.2013, Az. 11 S 16/13). Einer der Eigentümer befand sich im Urlaub und klagte erfolgreich auf Annullierung der gefassten Beschlüsse.

Herausgabe von (E-Mail)-Adressen

Wohnungseigentümern muss es möglich sein, auch außerhalb der Versammlung in Kontakt zu treten und über interne Angelegenheiten zu kommunizieren. Ein Verwalter ist verpflichtet, auf Anforderung eine Liste der Eigentümer mit Namen und Adressen an die Mitglieder herauszugeben. Das muss die WEG nicht zuvor beschließen, entschied das Landgericht Düsseldorf (Urteil v. 4.10.2018, Az. 25 S 22/18). Ein Anspruch auf die Herausgabe von E-Mail-Adressen besteht nicht.

Rederecht schonend begrenzen

Die Redefreiheit ist ein hohes Gut innerhalb der Eigentümerversammlung. Die Mitglieder sollten ihre Interessen möglichst uneingeschränkt vertreten dürfen. Das Landgericht Frankfurt (Urteil v. 7.6.2018, Az. 2-13 S 88/17) stellte fest, dass das Rederecht nur unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit und schonend beschränkt werden darf. Im vorliegenden Fall hatte sich ein Eigentümer beschwert, weil die Debatte über Sanierungsmaßnahmen bei einer zweiten Versammlung zu dem Thema für beendet erklärt worden war, obwohl er noch Argumente hatte vorbringen wollen. Wenigstens eine abschließende Stellungnahme, so die Richter, hätte noch drin sein müssen.

Verwalter: Haftbarkeit bei Beschlussantrag

Bei der Vorbereitung und dem Ablauf der Eigentümerversammlung wird von einem Verwalter das penible Einhalten aller rechtlichen Vorschriften erwartet. Legt er zum Beispiel der WEG pflichtwidrig einen später anfechtbaren Beschlussantrag vor, kann er dafür haftbar gemacht werden, so das Landgericht Berlin (Urteil v. 2.2. 2018, Az. 85 S 98/16). In dem Fall ging es um Sanierungsarbeiten und den Eigentümern lag nur ein Angebot eines Unternehmens vor das war nicht ausreichend.

Hier darf und muss der Verwalter eigenmächtig handeln

Im Notfall ist ein Verwalter berechtigt und verpflichtet, eigenmächtig zu handeln. Im vorliegenden Fall trat in einer Wohnanlage ein Gasleck auf. Experten betonten, dass innerhalb von vier Wochen eine Reparatur nötig sei, um eine drohende Totalsperrung des Anschlusses zu vermeiden. Der Verwalter erteilte einen Auftrag, ohne eine Eigentümerversammlung einzuberufen. Ein Eigentümer war damit nicht einverstanden. Das Landgericht Frankfurt (Urteil v. 26.4.2016, Az. 2-09 S 26/14) sah das anders: Der Verwalter sei zur Vergabe des Auftrags berechtigt gewesen. Der Eigentümer musste das dulden.

Beweisverfahren zur Sicherung von Gewährleistungsansprüchen

Ein Verwalter darf nicht unter allen Umständen eigenmächtig ein selbständiges Beweisverfahren zur Sicherung von Gewährleistungsansprüchen einleiten. In konkreten Fall hatte sich eine Eigentümergemeinschaft nicht darauf einigen können, mögliche Mängelrechte gegenüber dem Bauträger geltend zu machen. Das Landgericht Frankfurt (Urteil v. 18.4.2019, Az. 2-13 S 55/18) kam zum Schluss, dass trotz drohender Verjährung den Eigentümern das Problem bekannt gewesen sei und sie sich eben gerade nicht entschieden hätten, etwas zu unternehmen.

Mängel in der Expertise des Verwalters

Wenn ein Kandidat für das Amt des Verwalters weder über eine branchenübliche Ausbildung verfügt (Immobilienverwaltung) noch über eine längere berufliche Praxis, ist er ungeeignet für die Stelle. Die Mehrheit der Gemeinschaft hatte sich gegen die Stimme eines Mitglieds für einen Bewerber entschieden, an dessen Neutralität zudem Zweifel bestanden. Das Landgericht Düsseldorf (Urteil v. 18.10.2013, Az. 25 S 7/13) bemängelte die Bestellung des Verwalters aus den genannten Gründen (fehlende Überparteilichkeit, unzureichende Fachkenntnis).


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