Neue Wohngemeinnützigkeit: Steuervorteil für günstige Mieten

Die Bundesregierung hat sich auf die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit geeinigt. Wer bezahlbare Wohnungen baut, soll gefördert werden. Das sieht das Jahressteuergesetz 2024 vor, das nun vom Kabinett beschlossen wurde.

Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2024 wird die "Förderung wohngemeinnütziger Zwecke" als neuer gemeinnütziger Zweck in die Abgabenordnung (§ 52 AO) aufgenommen. Den Entwurf hat das Kabinett am 5.6.2024 beschlossen. Als Nächstes muss der Bundestag über die Regelung debattieren.

"Die Wohngemeinnützigkeit ist wieder da! Ich freue mich sehr darüber, dass es gelungen ist, dieses so wichtige Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen", sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". Die Einkommensgrenzen seien so festgelegt, dass rund 60 Prozent der Haushalte in Deutschland profitieren könnten.

Soziale Unternehmen, Vereine und gemeinnützige Stiftungen sollen künftig steuerlich begünstigt und gefördert werden, wenn sie bezahlbare Wohnungen bauen. Voraussetzung: Die Angebotsmiete muss dauerhaft unter der marktüblichen Miete liegen, da sonst keine Unterstützungsleistung der Körperschaft vorliegt.

Jahressteuergesetz (JStG) 2024 (Referentenentwurf)

Neue Wohngemeinnützigkeit in der Abgabenordnung

Die Förderung der neuen Wohngemeinnützigkeit im Rahmen der Abgabenordnung liegt laut einer Mitteilung des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) in der vergünstigten Vermietung vor allem an Personen, deren Einkommen nicht mehr als das Fünffache (563 Euro), bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden das Sechsfache der Sozialhilfe nach SGB XII beträgt.

Eine Prüfung der Einhaltung der Einkommensgrenze erfolgt nur am Anfang des Mietverhältnisses. Steigende Einkommen der Mieter sind für die Gemeinnützigkeit unschädlich. Damit will das BMWSB die Möglichkeiten für die steuerbegünstigte Vermietung gegenüber den derzeit einschlägigen Möglichkeiten der Mildtätigkeit (§ 53 AO) erweitern. Zudem erfolgt eine rechtliche Klarstellung für die Bildung von Rücklagen für langfristige Investitionsvorhaben (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 AO), die bei Investitionen in Wohnraum, wie Sanierungen, langfristig zu planen sind.

Nach Schätzungen könnten sich die Steuererleichterungen auf ein- bis zweitausend Euro pro Wohnung und Jahr belaufen. Ein Unternehmen mit 300 Wohnungen könnte rund eine halbe Million Euro pro Jahr einsparen und für die Reduzierung der Miete oder Bestandsinvestitionen einsetzen.

Neue Wohngemeinnützigkeit: Eckpunkte aus dem Bauministerium

Eine gesetzliche Grundlage für sogenannte neue Wohngemeinnützigkeit (NWG) hatten die SPD-Fraktionsspitzen auf der Klausurtagung Ende August 2023 beraten. Grundlage waren Eckpunkte, die das BMWSB am 14.6.2023 vorgelegt hatte. Das Papier stellte drei Umsetzungsoptionen vor:

  • Option 1: Eigenständige unternehmensbezogene NWG mit Zulagen. Dieses Konzept sieht vor, dass ein Wohnungsunternehmen als Ganzes in die NWG überführt oder als NWG-Unternehmen gegründet wird. Die finanziellen Nachteile der Unternehmen in der NWG, insbesondere als Auswirkung der preisgedämpften Vermietung, würden durch Steuerbefreiungen und eine Erleichterung bei der Grundsteuer sowie Zulagen (Neubau und Bestand) ausgeglichen.
  • Option 2: Lösung ohne Zulagen innerhalb der AO-Gemeinnützigkeit ("AO-Lösung"). Eine NWG ohne Zulagenkomponente ließe sich innerhalb des bestehenden Steuerrechts durch eine Ausweitung der jetzt bereits steuerbegünstigten Zwecke gemäß § 52ff. Abgabenordnung (AO) durch einen speziellen "wohngemeinnützigen" Zweck umsetzen.
  • Option 3: Flexibler leistungsbezogener Ansatz für Unternehmen. Alternativ oder zusätzlich zu diesen Konzepten wäre es laut BMWSB denkbar, ein Modell anzubieten, bei dem die Bindung und Privilegierung auf einen bestimmten Unternehmensteil oder bestimmte Wohnungen beschränkt ist. Gefördert werden damit auch Wohnungen profitorientierter Unternehmen.

Eckpunkte aus dem BMWSB: Neue Wohngemeinnützigkeit (NWG)

Wohngemeinnützigkeit: Hintergrund

Die Gemeinnützigkeit für Wohnungsunternehmen gab es schon einmal – Anfang 1990 wurde das Gesetz aber abgeschafft. Die Grünen wollen die Idee seit Jahren wiederbeleben: Ihrem Entwurf für ein "Gesetz zur neuen Wohngemeinnützigkeit" und einem entsprechenden Antrag der Linken-Fraktion erteilte der Bauausschuss im "alten" Bundestag am 19.5.2021 eine Absage.

Das Konzept kam Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Gründung von Baugesellschaften und -genossenschaften auf. Ihre Hochzeit erlebte die Idee in den 1920er- und in den 1950er- bis 1970er-Jahren. 1930 wurde mit der Gemeinnützigkeitsverordnung eine einheitliche Rechtsgrundlage geschaffen, ab 1940 galt das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) – bis Ende 1989.

Im Koalitionsvertrag von 2021 wurde vereinbart, dass eine neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen wieder eingeführt werden soll. "Die NWG soll die Struktur der etablierten Wohnungswirtschaft ergänzen, ohne diese zu benachteiligen. Ziel ist, weitere Potenziale zur Schaffung und dauerhaften Sicherung von bezahlbarem Wohnraum zu aktivieren", hieß es in einer im Juli 2023 veröffentlichten Projektliste aus dem BMWSB.

GdW: "Wohngemeinnützigkeit reicht bei Weitem nicht"

Die neue Wohngemeinnützigkeit könne in der von der Regierung geplanten Ausrichtung einer Steuererleichterung dabei helfen, dass Institutionen zu Anbietern von bezahlbarem Wohnraum werden, sagte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW. Angesichts des riesigen Wohnungsmangels reiche das aber bei Weitem nicht aus.

Über eine Zinssubvention auf ein Prozent könnten die sozial orientierten Wohnungsunternehmen in Kombination mit der seriellen und modularen Bauweise bezahlbare Wohnungen in deutlich größerer Zahl zu Mieten von rund zwölf Euro pro Quadratmeter bauen – statt aktuell 18 bis 20 Euro. Dafür seien vor allem bezahlbarer Grund und Boden und eine ausreichende finanzielle und letztlich mietdämpfende Förderung notwendig. Diese sozial-ökonomische Ausrichtung der Wohnungspolitik müsse wiederhergestellt und langfristig gesichert werden.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass rund 100 soziale Unternehmen, Vereine und gemeinnützige Stiftungen die neue Regelung nutzen könnten. Etwa 105.000 Mieter mit geringen Einkommen könnten davon profitieren. Kritik kommt vom Mieterbund: "Anders als im Koalitionsvertrag vorgesehen, wird auf die dringend notwendigen Investitionszulagen verzichtet", so Präsident Lukas Siebenkotten. Dies werde nur den Unternehmen helfen, die bereits gemeinnützig sind.
 


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Schlagworte zum Thema:  Wohnungsbau, Fördermittel