Der Wahlkampf hat begonnen
Blumen habe sie während ihrer Amtszeit bislang noch nicht von Axel Gedaschko bekommen, scherzte Bauministerin Klara Geywitz (SPD) auf dem Tag der Wohnungswirtschaft in Berlin, als der GdW-Präsident ihr einen Strauß überreichte. Er habe ihr auch nie etwas nur "durch die Blume" sagen wollen, bestätigte sie auf Nachfrage von Moderator Volker Wieprecht, der am 19. November durch das Programm führte.
Der GdW-Präsident sei nicht dafür bekannt "nur mit Wattebäuschchen" zu werfen. Was Geywitz damit wohl meint: Gedaschko spricht gerne Klartext, wenn es um die aktuellen Herausforderungen der Wohnungswirtschaft geht.
Deutliche Worte vom GdW
Tatsächlich hat der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen gerade in der Krise der letzten Jahre gegenüber der Politik immer deutliche Worte gefunden. Und so nutzte er die Veranstaltung auch gleich, um ein Positionspapier zur Bundestagswahl 2025 vorzulegen.
Die Baugenehmigungen stürzen immer tiefer ins Bodenlose, die Wohnungsbaubedingungen blieben schlecht und beim Ansteuern der Klimaziele stünden die sozial orientierten Wohnungsunternehmen und ihre Mieter vor nicht leistbaren Kosten, kritisiert der GdW darin. Bezahlbarer Neubau bis zwölf Euro pro Quadratmeter und sozialer Wohnungsbau müsse absoluten Vorrang bekommen, fordert der Verband.
Damit wird knapp zwei Wochen nach dem Scheitern der Ampel-Regierung deutlich: Die Frage, wie Wohnen trotz Klimaschutz bezahlbar bleibt, dürfte eines der zentralen Themen der anstehenden Bundestagswahl werden. Die Enttäuschung, dass Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) seine Teilnahme kurzfristig absagen musste, war nicht zuletzt auch deshalb bei den rund 500 Teilnehmenden im Berliner Hotel DoubleTree by Hilton zu spüren.
"Klimaeffizienz statt Energieeffizienz"
Geywitz bezog in ihrer Rede dagegen umso deutlicher Stellung. Für die SPD-Politikerin hat der Wahlkampf längst begonnen. Die staatlichen Förderprogramme für den Wohnungsbau sollen auch ohne beschlossenen Haushalt 2025 weiterlaufen, sagte sie.
Gegenüber dem Vizekanzler zeigte sie sich angriffslustig und kritisierte das Gebäudeenergiegesetz (GEG), eines der umstrittensten Projekte der Ampelkoalition. Das Heizungsgesetz müsse "viel, viel" einfacher gemacht werden, forderte sie. Besser sei es, sich auf das Ziel zu beschränken, klimaschädliches CO2 im Gebäudebereich einzusparen. Wie dies konkret geregelt werde, müsse der Staat aber nicht im Detail festlegen.
Für ein Umsteuern von immer mehr Effizienz hin zu einer klaren CO2-Betrachtung, sprach sich auch Gedaschko aus. "Die historisch gewachsene Fokussierung des GEG auf Energieeinsparung ist gescheitert", sagte er. "Wir fordern daher die Regierung und hier insbesondere das Wirtschafts- und Klimaministerium auf: Beenden Sie den Irrweg der Effizienzzentrierung." Er sei für die Gesellschaft, für Eigentümer und Mieter viel zu teuer und bewirkte viel zu wenig. Eine am 14. November in Berlin vorgestellte Initiative zeige den Weg: Klimaeffizienz statt Energieeffizienz.
Im Rahmen des vom GdW unterstützten Manifests für eine nachhaltige, kosteneffiziente und sozial verträgliche Klimapolitik im Gebäudesektor kritisieren fünf Wissenschaftler aus den Bereichen Architektur und Ingenieurwesen die seit Jahren einseitige Fokussierung auf immer höhere Energieeffizienzstandards. Elisabeth Endres ist Mitbegründerin der "Initiative Praxispfad CO2-Reduktion im Gebäudesektor". Die Professorin für Architektur, Bauingenieurwesen und Umweltwissenschaften an der Technischen Universität Braunschweig stellte das Manifest auf dem Tag der Wohnungswirtschaft vor.
Die Initiative definiert fünf Kernpunkte für klimapolitisches Handeln. Demnach soll die Wärmeversorgung möglichst schnell auf emissionsfreie Energieträger umgestellt und von kostspieligen Sanierungstiefen der Gebäudehülle – Heizwärmebedarf unter 75 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr – Abstand genommen werden.
Wirtschaftswachstum leidet unter Wohnungsmangel
Wie wichtig es ist, dass der Wohnraum trotz Klimaschutz auch in den Metropolen bezahlbar bleibt, zeigte der Vortrag von Professor Moritz Schularick, Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft. Der Leibniz-Preisträger referierte zu den makroökonomischen Dimensionen des Wohnens. "Wohnungsmangel und Wirtschaftswachstum sind eng miteinander verknüpft", sagte er. Große Ballungszentren seien der innovative Motor der deutschen Wirtschaft. Die Wohnungspreise seien besonders hier gestiegen. Wenn die produktiven Menschen nicht an den produktiven Orten leben, leide die gesamte Wirtschaft. Vor allem Vorschriften und Regularien würden das Bauen in den Städten erschweren, kritisierte Schularick und bekam dafür im Saal viel Applaus.
Die überbordende Bürokratie war auch häufig Thema in den Networking-Pausen im Foyer des Hotels. Diese Gespräche zwischen Verbandsmitgliedern und Fachleuten aus Politik und Wirtschaft sind für viele Teilnehmer und Teilnehmerinnen genauso wertvoll wie der offizielle Vortragsteil der Veranstaltung. Die Wohnungswirtschaft hält trotz schwieriger Zeiten zusammen, und der Austausch untereinander wird sehr geschätzt.
Und etwas zu feiern gab es auch noch: Der GdW wird 100 Jahre alt. Die kommenden Jahre und Monate in der Verbandsgeschichte versprechen ebenso spannend zu werden wie die vergangenen 100. Die Aufgaben für den nächsten Bauminister oder die nächste Bauministerin werden sicherlich wachsen. "Nur mit Wattebäuschen" wird man da wohl auch künftig nicht werfen.
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