Mehr Homeoffice in der öffentlichen Verwaltung gefordert

Bund und Länder haben am 19.1.2021 beschlossen, dass Arbeitgeber zur Eindämmung der Corona-Pandemie die Arbeit im Homeoffice überall dort ermöglichen müssen, wo es die Tätigkeiten zulassen. Auch in der öffentlichen Verwaltung gibt es viel Potenzial für Homeoffice.

Digitalverband sieht mehr Möglichkeiten zur Beschäftigung im Homeoffice

Großer Handlungsbedarf besteht im Zusammenhang mit Homeoffice-Angeboten in der öffentlichen Verwaltung, so das Ergebnis einer Bitkom-Studie. Bitkom gibt als Digitalverband Impulse für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Der Verband vertritt mehr als 2.700 Unternehmen der digitalen Wirtschaft und setzt sich für die Digitalisierung von Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung ein.

Die meisten der 5 Millionen Beschäftigten könnten von ihrer Tätigkeit her auch zu Hause arbeiten, den wenigsten wird es bislang ermöglicht, so das Ergebnis der Studie vom Dezember 2020. So wird zum Beispiel in jeder zweiten Kommune Homeoffice für kommunal Beschäftigte überhaupt nicht ermöglicht. Die Verpflichtung gegenüber den Unternehmen sollte ebenso auf die öffentliche Verwaltung angewandt werden, so die Auffassung des Digitalverbands. Wie es geht, hätten viele Verwaltungen schon bewiesen, die bereits frühzeitig die Digitalisierung ihrer internen Prozesse in Angriff genommen haben und relativ schnell und weitreichend auf Homeoffice umstellen konnten.

Laut der Bitkom-Studie können 55 Prozent aller Tätigkeiten zumindest teilweise auch von zu Hause aus erledigt werden. Allerdings nehmen dies nur 45 Prozent der Erwerbstätigen wahr. Dabei arbeiten lediglich 25 Prozent der Homeoffice-Berechtigten vollständig zu Hause, 20 Prozent zumindest teilweise.

Einzelne Bundesländer kündigten in den letzten Tagen konkrete Schritte an, um Beschäftigten Homeoffice zu ermöglichen.

Baden-Württemberg: Ministerien schicken Mitarbeiter ins Homeoffice

Beim Thema Homeoffice als Schutzmaßnahme gegen eine Corona-Infektion versucht die Landesregierung Baden-Württembergs mit gutem Beispiel voranzugehen.

Im Finanzministerium sind nach einem Bericht des „Badischen Tagblatts“ (Dienstag) 98 Prozent der Mitarbeiter so ausgestattet, dass sie zu Hause arbeiten können - Pförtner oder Fahrer ausgenommen. „Bis auf einen Notdienst faktisch zu ist das Umweltministerium.“ Im Sozialministerium sei der überwiegende Teil der Mitarbeiter im Homeoffice, und dessen Akzeptanz sei in den vergangenen Monaten kontinuierlich gestiegen. Im Wissenschaftsministerium arbeite sogar die Hausspitze daheim am Computer. Im Ministerium für ländlichen Raum werben die Abteilungsleiter den Angaben nach permanent für den Dienst zu Hause. Die Teilnahme sei „sehr rege“, sagte eine Sprecherin.

Bei einer Umfrage in Stuttgart, an der sich knapp 5.700 Mitarbeiter beteiligten, hätten nur 10 Prozent Probleme mit der Technik zu Hause gemeldet. Jeder Zweite habe aber angegeben, dass bestimmte Tätigkeiten nur eingeschränkt möglich seien, etwa weil Akten noch nicht digitalisiert wurden. 77 Prozent nannten als größten Nachteil das Fehlen persönlicher Kontakte. Die Zahl der sogenannten Tele-Arbeitsplätze sei binnen weniger Monate von 250 auf 4.200 gesteigert worden.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wirbt seit Tagen für mehr Homeoffice, weil damit auch weniger Menschen in Bussen und Bahnen unterwegs wären. Die Landesregierung plant zudem einen Homeoffice-Gipfel mit Wirtschaftsvertretern.

Die Zahlen der baden-württembergischen Ministerien wirken im Vergleich verhältnismäßig gut. Der Deutsche Beamtenbund dbb hatte in einer Befragung herausgefunden, dass auf Bundesebene im Schnitt 67 Prozent der Beschäftigten dauerhaft ins Homeoffice wechseln konnten, auf Landesebene aber nur 55 und auf kommunaler Ebene sogar gerade einmal 37 Prozent. Das Grundübel sei schlechte technische Ausstattung. Einige Führungskräfte wollten auch vor Ort sehen, was Mitarbeiter machen. Und in manchen Fällen sei Homeoffice wegen der Datensicherheit unmöglich.

Niedersachsen: Homeoffice für 75 Prozent der Mitarbeiter möglich

Ein Großteil der Beschäftigten in Niedersachsens Landesverwaltung kann seine Arbeit auch von zu Hause aus erledigen, wie das Innenministerium in Hannover mitteilte. Homeoffice sei für rund drei Viertel der Mitarbeiter möglich. Das habe eine kurzfristige Abfrage für rund 55.000 Arbeitsplätze in der Verwaltung ergeben. Insgesamt umfasst diese rund 230.000 Beschäftigte in mehr als 60 Berufen.

Während der Landesrechnungshof und das Europaministerium demnach fast vollständig von zu Hause aus arbeiten können, ist der Anteil im Finanzministerium mit 22 Prozent am geringsten. Zur Erklärung hieß es, dass die Finanzämter mit sensiblen Daten der Bürger umgingen und den Anforderungen des Steuergeheimnisses unterlägen. Mobile Geräte, die diesen Anforderungen entsprechen, seien bisher nicht ausreichend vorhanden. Auch im Justizministerium, zu dessen Zuständigkeit der Strafvollzug gehört, ist der Anteil mit 33 Prozent überschaubar.

Mehr als ein Drittel der Beschäftigten der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover arbeitet angesichts der Corona-Pandemie im Homeoffice. Die Verwaltung habe rund 4.000 von 11.500 Beschäftigten ermöglicht, zu Hause ihren Dienstgeschäften nachzugehen, teilte die Stadt mit. Das sei gut die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die über PC-Arbeitsplätze verfügten.

Die Landeshauptstadt schöpft den Angaben zufolge den Rahmen für das Homeoffice weitgehend aus. An vielen Stellen sei es aber nicht möglich, ein solches Angebot zu machen - etwa, wenn Beschäftigte mit besonders sensiblen Daten umzugehen haben, in Kitas und Pflegeeinrichtungen, bei der Berufsfeuerwehr, im Bauhof oder in der Ausländerbehörde. Dort gelten nach Angaben der Stadt aber Hygiene-, Abstands- und Lüftungsregeln.

Städte- und Gemeindebund fordert mehr digitale Verwaltungsdienstleistungen

Der Städte- und Gemeindebund kritisierte fehlende Möglichkeiten für Homeoffice in Verwaltungen. „Es können längst nicht so viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von zu Hause aus arbeiten, wie die Städte und Gemeinden das gerne hätten“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. „Einer der entscheidenden Gründe dafür ist, dass vielfach noch der Rechtsrahmen fehlt, Dienstleistungen für die Bürger voll und ganz digital zu erbringen. Sie können heute weiterhin online keinen Personalausweis beantragen oder als Privatkunde so ohne Weiteres ein Auto anmelden, weil man sich im Netz nicht identifizieren kann.“ Das mache Präsenztermine nötig. Der Bund sei in der Pflicht, hier zu handeln.

Seminar-Tipp: Was Arbeitgeber bei Homeoffice-Regelungen beachten müssen

In diesem Haufe Onlinetraining geben die Referenten Christiane Droste-Klempp und Dr. Peter H. M. Rambach Auskunft darüber, wie die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen bei der Vereinbarung von Homeoffice-Regelungen derzeit aussehen, was Sie künftig erwarten könnte und welche Regelungen Arbeitgeber in der Sozialversicherung und dem Recht der Lohnsteuer beachten müssen.

Termin: 11. Februar 2021, 13.30 Uhr

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dpa

Schlagworte zum Thema:  Öffentliche Verwaltung, Homeoffice, Coronavirus