Pre-Boarding als Erfolgsfaktor im Fachkräftemangel

Bislang war das Onboarding etwas, was an Tag 1 beginnt und die Einarbeitung des neuen Beschäftigten zum Ziel hat. Checklisten waren die Regel, aber auch die völlige Überfrachtung der ersten Arbeitstage mit administrativen Themen. Heute herrscht Fachkräftemangel und mit viel Aufwand wird Personalmarketing und Recruiting betrieben. Der Einstieg sollte da tunlichst optimal verlaufen.

Die Bedeutung des Onboardings ist massiv gestiegen. Ein guter Zeitpunkt für ein paar Tipps, worauf zu achten ist:

Personalerhalt startet nach der Unterschrift

Die Bedeutung der ersten Tage und Wochen im neuen Job ist immens. Vorfreude und hohe Erwartungen sowie die Versprechen des Arbeitgebers aus Arbeitgebermarke, Stellenanzeige und Gesprächen treffen auf die Realität. Geht bei diesem Proof of Concept etwas schief, ist daher nicht nur die Motivation futsch, sondern immer öfter auch der Bewerber. Die nächste Stelle ist nur einen Klick entfernt.

Aber nicht nur das: Auch Aufwand und Kosten für Employer Brandig und Personalmarketing sind in diesem Fall in den Sand gesetzt. Den Kandidaten schon in den ersten Tagen zu vergraulen, kann sich also niemand leisten. Aber genau das scheint immer noch oft zu passieren. Anders ist es nicht zu erklären, dass so viele Menschen schon in den ersten Wochen wieder auf Jobsuche gehen.

Das Onboarding muss daher als ein wesentlicher Teil der Retentionmaßnahmen begriffen werden. Fehler hier, lassen sich kaum noch reparieren bzw. wer hier alles richtig macht, hat gute Chancen auf motivierte Beschäftigte mit hoher Bindung. Beim Pre-Boarding setzt daher das Onboarding viel früher an, wird umfassender gedacht und besser organisiert.

Verantwortung für Pre-Boarding übernehmen

Im Verständnis der allermeisten Personalabteilungen endet der Verwaltungsvorgang „Stellenbesetzung“ mit der Unterschrift unter dem Vertrag. Bis zum ersten Arbeitstag ist es da noch einige Zeit hin – bei Azubis auch mal ein knappes Jahr. In dieser Zeit fühlt sich niemand so richtig zuständig. Dieser Leerlauf hat Folgen.

Aufgrund des Schweigens in der Zeit zwischen Zusage und Start ist die Verwunderung groß, wenn der Kandidat den Arbeitgeber ghostet und am ersten Tag schlicht nicht erscheint. Bleibt man im Gespräch, erhöht das die Bindung oder zumindest lässt sich diese böse Überraschung vermeiden. Auch laufen meist mehrere Bewerbungen. Sagt parallel ein Konkurrent zu, bedarf es des Gesprächs, um gute Argumente für den eigenen Arbeitgeber liefern zu können.

Wer bleibt im Kontakt mit dem Kandidaten im Pre-Boarding? Gerne kann das der Recruiter sei, denn schließlich kennt man sich aus dem Auswahlprozess bereits. Aber auch die Führungskraft, der Einarbeitungspate oder Mentor können diese Rolle übernehmen. Wichtig ist, dass diese Zuständigkeiten geklärt sind!

Administratives vorziehen

In der Regel herrscht maximale Unsicherheit am ersten Arbeitstag. Die Ursachen sind fehlende Informationen, unbekanntes Terrain und unklare Regeln und Normen in der Organisation. Angenehm ist das nicht. Zum anderen wird man gerade in den ersten Tagen völlig überfrachtet von Informationen, Namen und endlosen administrativen Themen. Dabei würde man sich doch so gerne auf das Team und Aufgaben konzentrieren. Oft vergehen Wochen bis die Technik funktioniert und alle Kennungen angelegt sind. Eine eklatante Verschwendung von Zeit und Motivation.

Das geht besser. Das muss besser gehen, denn es herrscht Fachkräftemangel. Die Zeitspanne zwischen Zusage und Start sollte daher genutzt werden: Sämtliche Unterschriften, Nachweise und Unterlagen werden vorab erledigt. Das muss wirklich nicht am ersten Arbeitstag sein. Auch die Wegbeschreibung bis zum Büro oder Parkplatz sowie Informationen zum Jobticket und zur Kantinenkarte sollten deutlich vor Beginn des neuen Jobs kommuniziert bzw. verschickt werden. Genauso kann man E-Mail, Kalender und Signaturen vorher einrichten. Jeder freut sich doch, wenn man seinen neuen Absender bereits sieht und sich daran gewöhnen kann. Es erleichtert auch ungemein, wenn die IT den neuen Beschäftigten frühzeitig fragt, welche Hardware gewünscht ist, diese eventuell schon nach Hause schickt sowie für Fragen bei der Einrichtung zur Verfügung steht.

Diese Vorverlagerung administrativer Angelegenheiten baut nicht nur Unsicherheiten ab, sondern hält den ersten Arbeitstag davon frei. Die gesparte Zeit kann man so in den ersten Tagen im neuen Job viel besser nutzen. Das Risko ist dabei überschaubar und lässt sich durch zeitversetzte Zugriffe im System managen.

New Work im Onboarding

Dass Arbeit und Leben untrennbar miteinander verbunden sind, ist seit der New Work Debatte bewusster geworden. Der Start in einen neuen Job ist hier ein wichtiger Meilenstein, der Auswirkungen auf den Menschen als Ganzes und seine Familie hat. Es beginnt nicht weniger als ein neuer Lebensabschnitt.

Wenn Arbeitgeber es ernst meinen mit einer neuen Arbeitswelt, gehört daher auch die Unterstützung beim Umzug und notwendigen Behördengängen, bei der Suche nach einer Wohnung, Kita, Schule oder einem Hort zum Pre-Boarding dazu.

Ankommen, Reinkommen, Angreifen

Die beschriebenen Maßnahmen helfen dem neuen Beschäftigten, ein Gefühl der Sicherheit zu entwickeln. Er startet so bestenfalls recht relaxt. Für den Arbeitstag Nummer 1 sollten dann Begrüßung, Wertschätzung und Wohlfühlen an erster Stelle stehen. Ziel ist es, dass der neue Kollege am Abend mit dem sicheren Gefühl nach Hause geht, die richtige berufliche Entscheidung getroffen zu haben.

Daher ist der Start nicht zu überfrachten mit der Vorstellung von zig Personen, deren Namen man sich sowieso nicht alle merken kann. Das Team und erste Kollegen reichen für den Anfang völlig. Gerne kann man einen ersten Überblick geben, die Strategie umreißen und die neuen Aufgaben in einen Gesamtzusammenhang stellen. Das erzeugt Sinn. Der Mentor sollte genauso vor Ort sein wie die Führungskraft.

In den folgenden Tagen und Wochen wird das Kennenlernen fortgesetzt. Der Einarbeitungsplan sowie notwendige Schulungen werden bestenfalls per App gemanagt. Da die IT bereits im Vorfeld funktionstüchtig war, werden schnell erste To Dos übernommen. Dennoch sollte Luft bleiben, sich einen Überblick zu verschaffen und eigene Ideen zu entwickeln. Nach ca. 2 bis 4 Wochen wird auf dieser Basis eine Zielvereinbarung für die ersten 6 Monate mit der Führungskraft abgeschlossen.

Wertschätzung zeigen

Kaum ist die Unterschrift unter dem Vertrag trocken, berichten mir viele Kontakte, dass jedes Interesse am gerade rekrutierten Menschen erlischt. Das erzeugt Verunsicherung. Dieses wird verstärkt, wenn die Frage, ob die neuen Kollegen wirklich so nett sind, wie es der Imagefilm suggeriert, bereits an der Pforte verneint werden muss.

Ein gutes und frühes Pre-Boarding inklusive eines konstanten Kontakts schaffen dagegen Sicherheit und Verbundenheit. Ein Video vom Team und vom neuen Arbeitsplatz gepaart mit einem Willkommenspaket runden das Pre-Boarding ab. Warum nicht auch schon zum Teamevent einladen? Dass sämtliche Aktivitäten des Onboardings natürlich im Look&Feel der Arbeitgebermarke umgesetzt werden, sollte selbstverständlich sein.


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