Kein Lohn bei rückwirkend begründetem Arbeitsverhältnis
Das BAG hatte in einer aktuellen Entscheidung festgelegt: Der Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs setzt ein erfüllbares, das heißt, ein tatsächlich durchführbares Arbeitsverhältnis voraus. Wird also erst rückwirkend festgestellt, dass seit Wochen, Monaten oder Jahren ein Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht, bedeutet dies: Der Mitarbeiter kann – gestützt auf den Annahmeverzug – keinen Lohn für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum verlangen.
Am Anfang war der Betriebsübergang mit Rückkehrrecht
Der vom BAG entschiedene Fall reicht bis zu einem Betriebsübergang in den achtziger Jahren zurück. Damals ging das Arbeitsverhältnis der klagenden Mitarbeiterin auf eine neu gegründete Gesellschaft über. Im Zuge dessen garantierte der damalige Arbeitgeber ein Rückkehrrecht – wovon die Mitarbeiterin 24 Jahre später Gebrauch machte. Die Insolvenz der ursprünglich gegründeten GmbH führte nämlich zur Kündigung der Arbeitnehmerin zum Februar 2010. Vor Gericht stritten sich Arbeitnehmerin und Unternehmen darüber, ob die Klausel zum Rückkehrrecht wirksam sei.
Das Landesarbeitsgericht zog einen Schlussstrich: Das Unternehmen musste die Mitarbeiterin wieder bei sich aufnehmen oder anders ausgedrückt: Das Landesarbeitsgericht verurteilte das Unternehmen rechtskräftig dazu, das Angebot der alten und jetzt wieder neuen Mitarbeiterin auf Abschluss eines Arbeitsvertrags ab dem 1. Februar 2010 anzunehmen.
Annahmeverzug bei rückwirkend begründetem Arbeitsverhältnis?
Dass dies jedoch nicht automatisch die Vergütung ab diesem Zeitpunkt bedeutet, stellte nun das BAG klar. Der fünfte Senat wies das Verlangen der Mitarbeiterin nach Lohn ab. Ein Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs bestehe nicht. Die Begründung der Richter: Ein möglicher Annahmeverzug setze ein tatsächlich durchführbares Arbeitsverhältnis voraus. Ein rückwirkend begründetes Arbeitsverhältnis sei jedoch für in der Vergangenheit liegende Zeiträume nicht tatsächlich durchführbar.
Auch ein Anspruch gemäß § 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB komme nicht in Frage, entschieden die Richter. Die Voraussetzung, die Unmöglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung für die Vergangenheit, habe das Unternehmen nicht zu verantworten. Es befand sich in einem entschuldbaren Rechtsirrtum.
Hinweis: BAG, Urteil vom 19. August 2015, Az. 5 AZR 975/13; Vorinstanz: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. September 2013, Az. 5 Sa 233/13
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