ArbG Braunschweig: Urlaub gewähren trotz Urlaubssperre
Urlaub an Weihnachten und auch an Silvester? Gerade im Pflegebereich ist es für viele Arbeitnehmer ausgeschlossen, ihre Urlaubstage über beide Termine zu nehmen. Oft verhängt der Arbeitgeber eine Urlaubssperre, so dass es häufig heißt: entweder Urlaub an Weihnachten oder Silvester. Auch im vorliegenden Fall verweigerte der Arbeitgeber, eine Alten-und Pflegeeinrichtung, einer Mitarbeiterin, den beantragten Urlaub über Weihnachten bis Silvester - unter Hinweis auf die bestehende Urlaubsperre. Die Klage der Arbeitnehmerin auf Urlaubsgewährung hatte vor dem Arbeitsgericht Braunschweig Erfolg - insbesondere auch, weil der Sachvortrag des Arbeitgebers zu dürftig ausfiel.
Klage auf Urlaubsgewährung trotz Urlaubsperre
Die Arbeitnehmerin, eine Pflegeassistentin in einem Alten- und Pflegeheim, beantragte bei der üblichen Jahresurlaubsplanung Ende 2018 Urlaub für den Zeitraum vom 17.12. bis 31.12.2019. Der Arbeitgeber lehnte ihren Urlaubsantrag ab – unter Hinweis auf die bestehende Urlaubssperre zwischen Weihnachten und Silvester. Dank dieser Regelung sei es möglich, den Mitarbeitern zwei bis drei freie Tage während der Feiertage zu erfüllen. Nach dreimaliger Ablehnung ihres Antrags klagte die Arbeitnehmerin auf Gewährung ihres Urlaubs.
Aus ihrer Sicht gebe es keine entgegenstehenden, dringenden betrieblichen Belange, auch sei anderen Mitarbeitern bereits Urlaub sowohl an Weihnachten als auch an Silvester genehmigt worden. Der Arbeitgeber argumentierte dagegen, dass bei keinem Mitarbeiter Urlaub in der Weihnachtszeit und an Silvester genehmigt werde, um einen reibungslosen Betriebsablauf zu gewährleisten und allen Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, Zeit mit der Familie zu verbringen.
ArbG Braunschweig: Arbeitgeber muss Urlaub gewähren
Das Arbeitsgericht Braunschweig entschied nun zugunsten der Arbeitnehmerin. Das Gericht wies darauf hin, dass der Arbeitgeber Mitarbeitern grundsätzlich Urlaub gewähren müsse. Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG darf er Urlaub nur ablehnen, wenn dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen. Aus Sicht des Gerichts hatte der Arbeitgeber vorliegend keine dringenden betrieblichen Belange vorgetragen, die einem Urlaub zu dem beantragten Zeitraum entgegen stünden. Offenbar habe es auch keine anderen Beschäftigten gegeben, die Urlaub zur selben Zeit beantragt hätten und unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienten.
Urlaubsgewährung: Störungen im Betriebsablauf sind kein dringender betrieblicher Grund
Es sei nicht ausreichend, damit zu argumentieren, dass es aufgrund des Urlaubs zu Störungen im Betriebsablauf komme. Solche Störungen seien allgemein üblich, so das Gericht, wenn Arbeitnehmer bei der Arbeit fehlten. Der Arbeitgeber müsse diese hinnehmen und durch entsprechende Personaldispositionen ausgleichen. Der Arbeitgeber konnte auch keine konkrete betriebliche Unterbesetzung zu dem entscheidenden Zeitpunkt darlegen.
Der Arbeitgeber habe nur vorgetragen, dass jährlich in diesem Zeitraum ein erhöhter Krankenstand der beschäftigten Pflegekräfte zu verzeichnen sei, sodass eine Urlaubssperre verhängt werde. Hier fehlte es aus Sicht der Richter an einer genauen Darlegung eines konkreten Personalbedarfs im streitgegenständlichen Zeitraum, zum vorhandenen Personal und zur konkret prognostizierten krankheitsbedingten Fehlquote.
Kein Urlaub wegen Urlaubsperre?
Der Arbeitgeber könne grundsätzlich eine Urlaubssperre verhängen, wenn dringende betriebliche Belange vorliegen, so das Arbeitsgericht Braunschweig. Aber auch hier müsse er die Interessen der Beschäftigten angemessen berücksichtigen. Das Gericht hatte aufgrund des Vortrags des Arbeitgebers bereits Zweifel daran, ob wirklich eine Urlaubssperre bestand. Hiergegen sprach, dass er den Mitarbeiterinnen durchaus an den Weihnachtstagen und an Silvester zwei bis drei freie Diensttage ermöglichte.
Arbeitgeber muss individuellen Urlaubsanspruch prüfen
Die Richter stellten in ihrem Urteil klar, dass der Arbeitnehmer - auch falls eine Urlaubssperre bestehen sollte - einen Anspruch darauf habe, dass der Arbeitgeber sich mit dem konkreten Urlaubsantrag auseinandersetzt und eine individuelle Prüfung vornimmt, inwieweit er eine Urlaubsgewährung ermöglichen kann. Der Arbeitgeber habe vorliegend den Urlaubsantrag also nicht pauschal unter Hinweis auf die Urlaubsperre ablehnen dürfen. Vielmehr habe er konkret zwischen den Urlaubswünschen des Arbeitnehmers und den betrieblichen Belangen abwägen müssen.
Hinweis: ArbG Braunschweig, Urteil vom 20.11.2019, Az: 4 Ca 373/19
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