Keine automatische Festanstellung bei dauerhafter Leiharbeit
Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts fehlen in Deutschland gesetzliche Sanktionen, um den massenhaften Dauereinsatz von Leiharbeitern in Unternehmen einzudämmen. Der Neunte Senat pochte am 10.12. zwar erneut auf Einhaltung des 2011 geänderten Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, nach dem der Einsatz von Zeitarbeitern nur «vorübergehend» erfolgen dürfe. Allerdings legten sich die höchsten deutschen Arbeitsrichter in ihrem von der Verleihbranche mit Spannung erwarteten Urteil nicht auf eine Höchstdauer von Leiharbeitereinsätzen fest.
Das Urteil:
Besitzt ein Arbeitgeber die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erforderliche Erlaubnis, als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zu überlassen, kommt zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem Entleiher kein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers entgegen der Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht nur vorübergehend erfolgt. § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG fingiert das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses ausschließlich bei fehlender Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers.
Das war aber im vorliegenden Fall nicht gegeben, denn eine Erlaubnis lag vor.
Der Gesetzgeber hat bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung bewusst nicht die Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher angeordnet.
Diese Sanktionen zu bestimmen, sah das Bundesarbeitsgericht nicht als seine Aufgabe an. "Angesichts der Vielzahl möglicher Sanktionen obliegt deren Auswahl dem Gesetzgeber und nicht den Gerichten für Arbeitssachen."
Der aktuelle Fall vor dem BAG
Eine Arbeitgeberin betreibt mehrere Krankenhäuser. Daneben existiert eine 100prozentige Tochterfirma, die in der Arbeitnehmerüberlassung tätig ist. Ein Teil der Beschäftigten der Arbeitnehmerüberlassungsfirma überlässt sie auf Grundlage von Arbeitnehmerüberlassungsverträgen der Krankenhausbetreiberin.
Im Jahr 2008 wurde der jetzt klagende Arbeitnehmer bei der Arbeitnehmerüberlassungsfirma als IT-Sachbearbeiter eingestellt und ausschließlich in Einrichtungen der Krankenhausbetreiberin eingesetzt. Im Oktober 2011 kündigte die Krankenhausbetreiberin den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag mit dem IT-Sachbearbeiter.
Bereits im November und Dezember schaltete die Krankenhausbetreiberin mehrere Stellenangebote für IT-System-Administratoren für den Bereich EDV/IT in einem ihrer Krankenhäuser. Dabei wies sie darauf hin, dass die Einstellung bei der eigenen Arbeitnehmerüberlassungsfirma erfolge.
Leiharbeiter klagte auf Festanstellung
Der gekündigte Leiharbeiter wehrte sich gegen das Vorgehen vor Gericht. Er wollte festgestellt wissen, dass zwischen ihm und der Krankenhausbetreiberin ein Arbeitsverhältnis als IT-Sachbearbeiter besteht. Außerdem verlangt er Differenzvergütung für November 2011. Er meint, die Arbeitnehmerüberlassungsfirma betreibe verbotene Arbeitnehmerüberlassung und werde lediglich als "Strohfrau" für die Krankenhausbetreiberin tätig. Sie sei nur Scheinverleiherin. Er sei nicht vorübergehend überlassen worden. Das habe zur Folge, dass zwischen ihm und der Krankenhausbetreiberin ein Arbeitsverhältnis begründet worden sei. Auch habe er Anspruch auf Nachzahlung einer Lohndifferenz.
Entleiherin: Es hat keine dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung vorgelegen
Die beklagten Krankenhausbetreiberin und die Arbeitnehmerüberlassungsfirma waren hingegen der Ansicht, zwischen dem Leiharbeiter und der Krankenhausbetreiberin sei kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Die Überlassung habe geltendem Recht entsprochen. Der Leiharbeiter sei nicht dauerhaft überlassen worden. Zudem sei auch eine dauerhafte Überlassung von der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis gedeckt. Für die Annahme, bei Arbeitsvermittlung entstehe ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer, bestehe keine rechtliche Grundlage (BAG, Urteil vom 10.12.2013, 9 AZR 51/13).
Hintergrund-Info: Arbeitnehmerüberlassung darf immer nur vorübergehend
Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher darf nur "vorübergehend" erfolgen. Hintergrund für diese seit 1.12.2011 geltende Voraussetzung ist die von Deutschland umzusetzende EU-Leiharbeitsrichtlinie. Das AÜG sieht zwar keine maximale Laufzeit für die "vorübergehende Überlassung" vor; durch Einfügung des Erfordernisses "vorübergehend" hat der Gesetzgeber aber zum Ausdruck gebracht, dass eine Überlassung an einen Entleiher immer nur temporär erfolgen darf. Die Leiharbeitnehmerüberlassungsverträge müssen daher eine Rückkehr- bzw. zumindest eine Wechseloption für die Leiharbeitnehmer enthalten. Eine dauerhafte, vertraglich vereinbarte Überlassung von Leiharbeitnehmern für deren gesamtes Berufsleben an nur einen Entleiher ist nicht möglich.
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