Zwei Gutachten zur Förderung der Betriebsrente vorgelegt
Die betriebliche Altersversorgung soll gefördert werden – das hatte die Regierung schon im Koalitionsvertrag versprochen. Doch bevor zur Tat geschritten wird, sollte wissenschaftlich evaluiert werden, wo genau angesetzt werden soll. Nachdem eine Machbarkeitsstudie bereits 2014 die Hemmnisse in der bAV identifiziert hatte (insbesondere zu geringer Kenntnisstand über die bAV auf Arbeitgeber-, zu wenig Einkommen auf Arbeitnehmerseite ), gaben sowohl Arbeitsministerin Nahles als auch das BMF Gutachten in Auftrag, die klären sollten, wie der Sanierungsfall bAV wieder zum Erfolgsmodell werden kann.
Nun haben beide Ministerien zeitgleich die in den letzten Wochen unter Verschluss gehaltenen Gutachten vorgelegt.
Gutachten zum Sozialpartnermodell Betriebsrente
Das „Rechtsgutachten zu dem Sozialpartnermodell Betriebsrente des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales“, das von Dr. Marco Arteaga, Partner bei DLA Piper und Prof. Dr. Peter Hanau, Emeritus des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht der Universität zu Köln, vorgelegt wurde, sollte insbesondere die Vorschläge zur sogenannten Nahles-Rente weiterentwickeln.
Gefragt war im Auftrag des BMAS nach einer Lösung, um die bAV mit Hilfe allgemeinverbindlicher Tarifverträge und neu zu gründender Branchen-Pensionskassen und -fonds die betrieblichen Altersversorgung (bAV) weiter zu verbreiten und auch die meist nichttarifgebundenen klein- und mittelständischen Unternehmen optimal in die bAV einbinden zu können.
Das nun vorgelegte Gutachten legt seinen Fokus, so die Zusammenfassung von DLA Piper, im Wesentlichen auf folgende Punkte:
- über Tarifverträge sollen gegenüber dem Status Quo wesentliche Flexibilisierungen und Vereinfachungen in der bAV möglich werden,
- solche Tarifverträge könnten verpflichtend ausgestaltet werden, sie könnten aber auch die neugeschaffenen Freiheiten über Öffnungsklauseln an die Unternehmen delegieren,
- für ganze Branchen könnten so sehr kosteneffiziente Versorgungslösungen entstehen, die gerade auch für Klein- und mittelständische Unternehmen eine haftungsbefreite Altersversorgung mit einer einzigen Unterschrift ermöglichen ("pay and forget"),
- über ein neu im Gesetz zu verankerndes "Optionsmodell" sollen Arbeitnehmer auch in gewissem Umfang ohne ausdrückliche Erklärung, aber mit Widerspruchsrecht in eine Entgeltumwandlungs-Altersversorgung eingebunden werden können,
- mit Blick auf die Niedrigzinsphase und die neuen strengen aufsichtsrechtlichen Anforderungen (Solvency II) zeigt das Gutachten den Weg in ein System von Zielrenten auf, bei denen nicht mehr eine feste Versorgungsleistung verbindlich versprochen wird und bei denen dennoch mit höheren Versorgungsleistungen zu rechnen ist.
Optimierungsmöglichkeiten der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Förderregelungen
Das im Auftrag des BMF von Prof. Dr. Dirk Kiesewetter von der Universität Würzburg erstellte Gutachten zu den „Optimierungsmöglichkeiten bei den bestehenden steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Förderregelungen der betrieblichen Altersversorgung“, enthält im Wesentlichen zwei Reformvorschläge.
- Zum einen soll durch eine gesetzliche Verpflichtung zu einem Arbeitgeberzuschuss bei Entgeltumwandlung (Neuzusagen) der Arbeitnehmer vorab für seine spätere Verbeitragungspflicht in Rentenzeiten entschädigt werden. Zusätzlich wird als Anreiz für kleine Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern ein „bAV-Abzugsbetrag“ empfohlen: Sie sollen danach jährlich 50 Prozent der Beiträge zur bAV außerbilanziell gewinnmindernd von der steuerlichen Bemessungsgrundlage abziehen können.
- Reformempfehlung zwei sieht eine verbesserte Riesterförderung in der bAV vor, indem entweder die Beiträge zu einer riestergeförderten bAV in der Anwartschaftsphase oder die Leistungen in der Rentenphase sozialversicherungsfrei gestellt werden. Als Alternative dazu könnte, so das Gutachten, auch ein sogenannter „bAV-Förderbetrag“ – eingeführt werden. Der bAV-Förderbetrag entspräche nach den Vorschlägen Kiesewetters der Höhe nach der Riester-Grundzulage und würde an Arbeitgeber gezahlt, die für einen Arbeitnehmer mindestens den Mindestbetrag nach § 1a Abs. 1 Satz 4 BetrAVG (2015: 212,63 Euro) jährlich als Arbeitgeberbeitrag in eine bAV einzahlen. Diese Zulage sollte dann auf die Altersvorsorgezulage des Arbeitnehmers angerechnet werden.
Schon Anfang Februar wurde bei einer Expertentagung auf Einladung der Hochschule Schmalkalden und der freien Universität Berlin intensiv über die Reformpläne der Bundesregierung diskutiert - die Haufe Online-Redaktion war dabei (News und Video).
Weitere Informationen zum „Reformprojekt Betriebsrente“ lesen Sie im Personalmagazin bAV-Spezial. Das vollständige Heft steht hier zum freien Download bereit.
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