Berufsvorbereitende Praktika: Kein Arbeitsverhältnis, kein Lohn

Über 17.000 Euro Lohn sollte ein Rewe-Markt-Inhaber einer ehemaligen Praktikantin bezahlen. In den acht Arbeitsmonaten sei sie als vollwertige Kraft anzusehen, urteilte noch das Arbeitsgericht Bochum. Dem widersprach nun das LAG Hamm – und verwehrte neben dem Lohn auch die Revision.

Insgesamt 1.728 Stunden und 15 Minuten hat eine junge Frau zwischen Ende Oktober 2012 und Anfang Juli 2013 in einem Supermarkt gearbeitet. Allerdings nicht als Praktikantin, sagt sie, sondern als vollwertige Arbeitnehmerin. Daher gebühre ihr auch ein entsprechender Lohn: zehn Euro brutto, angelehnt an den tariflichen Stundenlohn im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen.

Praktikum: Aus einem Monat wird ein fast ein Jahr

Die angebliche Praktikantin bewarb sich ursprünglich bei dem Bochumer Rewe-Markt auf einen Ausbildungsplatz als Verkäuferin. Sie erklärte sich auch bereit, zunächst ein unentgeltliches Schnupper-Praktikum für einen Monat aufzunehmen. Dabei blieb es allerdings nicht: Das unentgeltliche Praktikum hatten beide Seiten mehrmals einvernehmlich verlängert. Obwohl für September 2013 der Beginn eines Berufsausbildungsverhältnisses vereinbart war, beendete die Praktikantin die Zusammenarbeit Anfang Juli 2013 und verlangte den Lohn für die bislang geleistete Arbeit.

LAG: Praktikum als berufsvorbereitende Maßnahme

Anspruch auf ein Arbeitsentgelt hat die Praktikantin jedoch nicht, entschied nun das LAG Hamm – anders noch als die Vorinstanz, die ihr rund 17.000 Euro zugesprochen hatte. Zwischen den Parteien sei kein Arbeitsverhältnis begründet worden, stellten die Richter des LAG fest. Zwar habe die Klägerin jedenfalls teilweise reguläre Arbeitstätigkeiten verrichtet. Dies sei allerdings im Rahmen eines sozialversicherungsrechtlich geprägten Praktikantenverhältnisses geschehen, argumentierte die Kammer des LAG.

Letztlich handelte es sich nicht um ein klassisches Praktikum: Vielmehr war es Teil einer berufsvorbereitenden Maßnahme. Schließlich erhielt die Praktikantin die Berufsausbildungsbeihilfe während der acht Monate von der Bundesagentur für Arbeit (BA). Daher wies das LAG die Klage der Praktikantin ab, auch die Revision zum BAG ließ das Gericht nicht zu. Die Praktikantin müsste also – sollte sie das Verfahren fortsetzen wollen – den Umweg über die sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde beim BAG gehen.

Weitere Zuschüsse durch Trägerverein

Der Inhaber des Supermarkts sah sich im Ergebnis bestätigt. Schließlich habe die Praktikantin die verschiedenen Tätigkeitsbereiche einer Verkäuferin im Lebensmitteleinzelhandel kennengelernt. Sie sei sowohl durch ihn persönlich wie auch durch weitere Mitarbeiter im Rahmen des durchgeführten Praktikums betreut, begleitet und eingewiesen worden. Daher bestehe keine Vergütungspflicht, argumentierte der Beklagte.

Zudem bestand ein Rahmenvertrag zwischen dem Supermarkt und dem Bildungszentrum des Handels e.V. als Trägerverein. Dieser bezuschusste die Fahrten der Praktikantin im ÖPNV. Im November und Dezember 2012 nahm sie auch acht Tage an einem Unterricht des Trägervereins teil, der in einer Berufsschule erfolgte.

Arbeitsgericht: Vergütungspflichtiges Arbeitsverhältnis statt Praktikum

Den Sachverhalt anders bewertet hatte noch das Arbeitsgericht Bochum. In erster Instanz verurteilte es den Supermarkt-Inhaber, 17.281,50 Euro brutto an die Praktikantin zu bezahlen.

Das Arbeitsgericht war gerade nicht davon ausgegangen, dass bei dem sogenannten Praktikum der Ausbildungszweck im Vordergrund gestanden habe. Insofern habe ein vergütungspflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden. Der Arbeitgeber habe nicht konkret dargelegt, welche Fähigkeiten oder Tätigkeiten die Praktikantin noch zu erlernen hatte, inwieweit Qualifikationsdefizite der Klägerin im Rahmen eines Ausbildungskonzeptes hätten ausgeglichen werden müssen und inwieweit dies tatsächlich auch geschehen sei.

Hinweis: LAG Hamm, Urteil vom 17.10.2014, Az. 1 Sa 664/14; Vorinstanz: ArbG Bochum, Urteil vom 25.3. 2014, Az. 2 Ca 1482/13


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