Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Pflichten für Arbeitgeber
Mit dem Verfahren der eAU müssen Arbeitnehmende ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht mehr beim Arbeitgeber vorzeigen. Stattdessen stellen die Krankenkassen die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsdaten elektronisch zur Verfügung und die Arbeitgeber rufen diese Daten dann ab.
eAU: Echteinsatz seit 2023
Die Einführung einer elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hatte der Bundestag bereits am 18. September 2019 im Bürokratieentlastungsgesetz III beschlossen. Ursprünglich sollte sie zum 1. Januar 2022 starten. Nachdem der Termin für den Echteinsatz auf den 1. Juli 2022 verschoben wurde, kündigte sich eine weitere Verschiebung an: Mit dem "Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung von Sonderregelungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie beim Kurzarbeitergeld und anderer Leistungen" wurde die Pilotphase für Arbeitgeber bis zum 31. Dezember 2022 verlängert.
Mit dem Auslaufen dieser Pilotphase startete zum 1. Januar 2023 der Echteinsatz der eAU für alle Arbeitgeber. Grundsätzlich hat sich die eAU mittlerweile etabliert. In der Praxis kommen aber weiterhin Fälle vor, in denen noch auf die ausgedruckte Variante zurückgegriffen werden muss.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: digital ersetzt Papier
Vor der Einführung des digitalen Verfahrens wurde der Arbeitgeber noch über die ärztliche Krankschreibung des Arbeitnehmenden informiert, indem dieser die typische gelbe Bescheinigung vorgelegt oder per Post geschickt hat. Das elektronische Verfahren soll Unternehmen und Mitarbeitende langfristig entlasten - auch wenn es auf kurze Sicht einige Herausforderungen mit sich bringen kann.
eAU Schritt 1: Arzt meldet an die Krankenkasse
Stellt der Arzt oder die Ärztin die Arbeitsunfähigkeit (AU) eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin fest, übermittelt er in einem ersten Schritt die notwendigen Daten, die sich bisher auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papier befunden haben, elektronisch an die zuständige Krankenkasse des Arbeitnehmers / der Arbeitnehmerin. Dieses Verfahren gilt seit dem 1. Januar 2022 bereits für alle Vertragsärzte und -ärztinnen, die technisch dazu in der Lage sind.
Bis zum Ende der eAU-Pilotphase für Arbeitgeber am 31. Dezember 2022 mussten Ärzte und Ärztinnen neben der digitalen Übermittlung der AU-Daten an die Krankenkassen weiterhin eine Papierbescheinigung ausstellen, damit der Patient oder die Patientin diese an den Arbeitgeber weiterleiten konnte.
Schritt 2: Arbeitnehmende informieren Arbeitgeber
Arbeitnehmende müssen den Arbeitgeber über die festgestellte Arbeitsunfähigkeit unterrichten. Dazu händigen sie dem Arbeitgeber nicht mehr die Bescheinigung in Papier aus, sondern der Arbeitgeber wendet sich an die Krankenkasse und ruft die Daten elektronisch ab.
Schritt 3: Datenabruf des Arbeitgebers bei der Krankenkasse
Nachdem der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin über die Arbeitsunfähigkeit informiert wurde, ruft er die Daten bei der zuständigen Krankenkasse ab. Diese hält folgende Informationen für ihn bereit:
- Name des/der Beschäftigten,
- Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit,
- Datum der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit,
- Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung und
- Angabe, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einem Arbeitsunfall oder sonstigen Unfall oder auf den Folgen eines Arbeitsunfalls oder sonstigen Unfalls beruht.
Digitale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Umstellung in Unternehmen nötig
Durch den Wegfall des gelben Zettels mussten Unternehmen ihren bisherigen Prozess neu bewerten. Bis zur Umstellung war es nicht unüblich, dass auf Grundlage der AU-Bescheinigungen entsprechende Fehlzeiten in der Zeiterfassung gespeichert wurden. Mittlerweile müssen auf Grundlage der Krankmeldung des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin proaktiv die AU-Daten von der Entgeltabrechnung abgerufen werden. Soweit der / die Mitarbeitende sich in der Produktionseinheit krankgemeldet hat, müssen Maßnahmen ergriffen werden, damit diese Information zeitnah – und im Idealfall in elektronischer Form – die Abrechnung erreicht.
Herausforderungen bei Steuerberatern und dienstleistenden Rechenzentren
Herausforderungen haben vor allem die beauftragten Stellen zu bewältigen. Diese müssen sicherstellen, dass sie vom Mandanten Informationen darüber erhalten, welche Arbeitnehmenden sich krankgemeldet haben und wer davon länger als drei Tage krank sein wird, sofern keine Verpflichtung besteht, bereits ab dem ersten Tag die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt feststellen zu lassen. Abhängig von dieser Information müssen dann die AU-Daten bei den Krankenkassen abgerufen werden.
Krankmeldung: Vorlagepflicht entfällt, Meldepflicht bleibt
Mitarbeitende haben weiterhin die Pflicht, dem Arbeitgeber ihre Arbeitsunfähigkeit zu melden und diese ärztlich feststellen zu lassen. Beschäftigte sind grundsätzlich nach dem dritten Tag ihrer Arbeitsunfähigkeit verpflichtet, dem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen (siehe § 5 Abs. 1 Satz 2 EntgFG). Der Arbeitgeber darf sogar am ersten Tag ein Attest fordern. Immer wieder kommt es in der Praxis zu Auseinandersetzungen darüber, ob die AU-Bescheinigung pünktlich vorgelegt wurde. Diese Pflicht des Arbeitnehmenden zur Vorlage entfällt künftig.
Arbeitnehmende erhalten trotzdem Nachweis in Papier
Auch nach Ablauf der eAU-Pilotphase für Arbeitgeber haben Arbeitnehmende weiterhin Anspruch darauf, dass der Arzt oder die Ärztin ihnen die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papier aushändigt. Damit bleibt den Arbeitnehmenden die Papierbescheinigung als gesetzlich vorgesehenes Beweismittel mit dem ihr von der Rechtsprechung zugebilligten hohen Beweiswert erhalten, um insbesondere in Störfällen - wie etwa einer fehlgeschlagenen Übermittlung im elektronischen Verfahren - das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung der Entgeltfortzahlung außerprozessual und prozessual nachzuweisen. Laut Gesetzgeber soll an der Papierbescheinigung festgehalten werden, bis ein für den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit gegenüber dem Arbeitgeber geeignetes elektronisches Äquivalent mit gleich hohem Beweiswert zur Verfügung steht.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: kein vollständiger Umstieg im Verfahren
Arbeitgeber, Steuerberater und dienstleistende Rechenzentren müssen überdies beachten, dass trotz der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die "alte Welt" bei bestimmten Lebenssachverhalten weiter bestehen bleibt. Denn: Das elektronische Verfahren gilt unter anderem nicht für privat krankenversicherte Arbeitnehmende. Der Gesetzgeber nennt außerdem folgende Ausnahmen von der Teilnahme am elektronischen Verfahren bei festgestellter Arbeitsunfähigkeit:
- Minijobs in Privathaushalten.
- Fälle, in denen die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt erfolgt, der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt.
Auch Minijobber nehmen am elektronischen Verfahren teil
Der Abruf der Daten durch den Arbeitgeber bei der zuständigen Krankenkasse erfolgt auch für Arbeitnehmende, die auf Minijob-Basis beschäftigt sind. In der Regel kannte der Arbeitgeber die Krankenkasse bislang nicht, weil er ausschließlich mit der Minijob-Zentrale als zuständiger Einzugsstelle kommunizierte. Aus diesem Grunde ist es mittlerweile erforderlich, dass auch Minijobber Angaben zu ihrer Krankenkasse machen. Dafür bietet sich die Abfrage bereits bei Beschäftigungsbeginn im Einstellungsfragebogen an.
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Wir nutzen die eAU schon seit Monaten probehalber. Leider kann ich die Krankentage von den Krankenkassen nicht einfach abrufen, nein, ich muss die vom Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer gemeldeten Krankentage per Hand ins Lohnprogramm eingeben, dann die eingegebenen Krankentage zur KK übermitteln und bekomme irgendwann (jetzt mit der Novemberabrechnung sogar Daten aus dem September) die Rückmeldung von den Krankenkassen. Sollte es dann irgendeine Abweichung geben muss ich bis zum September rückrechnen und korrigieren.
Das sollte so sicher nicht Sinn der Sache sein. Ich bin wieder mal entsetzt über die Denkweise und Umsetzung der öffentlichen Software.
Diese ewige und unnötige Preisgabe der Fachrichtung, die sich durch den Stempel des Arztes ja leider nicht verbergen ließ, wäre ja so ansich nicht mehr zwingend notwendig. Die BKKs könnten ja etwas neutrales oder einfach nur die Daten der Krankschreibung weitergeben.
So könnte man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen! Aber daran hat sicher wieder keiner gedacht... Nötig wäre es allemal!!