Entgeltfortzahlung bei gefährlichen Sportarten streichen

Nicht jeder Mitarbeiter hat ein so gefährliches Hobby wie Felix Baumgartner und springt in seiner Freizeit aus der Stratosphäre zurück auf die Erde. Zumeist begnügen sich Arbeitnehmer mit bodenständigen Hobbys wie Fußball, Skifahren oder Kickboxen. Wenn es dabei zu einer Verletzung  kommt – könnte der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigern?

"Sport ist Mord“ - ganz so schlimm muss es  ja nicht kommen. Dennoch gibt es in Deutschland pro Jahr etwa 1,5 Mio. Sportunfälle wie Bänder- und Muskelfaserrisse, Platzwunden, Knochenbrüche. Und vielfach führt der Spaß in der Freizeit zur Arbeitsunfähigkeit im Job.

Die Entgeltfortzahlung ist nicht verhandelbar

Eines vorab: Das Privatleben des Arbeitnehmers ist grundsätzlich vor Eingriffen des Arbeitgebers geschützt. Was der Arbeitnehmer in seiner Freizeit macht, geht den Arbeitgeber daher nichts an.

Anders als in Großbritannien, wo es derzeit Pläne gibt, dass Mitarbeiter zugunsten von Firmenanteilen auf arbeitsrechtliche Schutzrechte verzichten sollen, ist der Anspruch auf Entgeltzahlung in Deutschland nicht abdingbar. Eine vertragliche Vereinbarung, die den Anspruch auf Entgeltfortzahlung zuungunsten des Arbeitnehmers regeln würde, wäre nicht rechtens.

Ein Beispiel: Ein Arbeitgeber hatte festgelegt, dass die Entgeltfortzahlung ausgeschlossen würde für Unfälle infolge der Teilnahme an einem Motorradrennen (LAG Rheinland-Pfalz, 5 Sa 823/98 vom 29.10.1998). Diese Vereinbarung war unwirksam.

Ausschluss der Entgeltfortzahlung über das „Verschulden“

Entgeltfortzahlung wird dann gezahlt, wenn die Arbeitsunfähigkeit ohne Verschulden des Arbeitnehmers zustande kam (§ 3 Abs. 1 EFZG). Schuldhaftes Verhalten liegt dann vor, wenn man gröblich gegen das  von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartenden Verhalten verstößt (BAG, 5 AZR 536/70 vom 1.6.1983).

Gefährliche Sportart per se

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass bei besonders gefährlichen Sportarten ein Verschulden vorausgesetzt werden kann. Hier kann das Verletzungsrisiko nicht kontrolliert werden und man setzt sich unbeherrschbaren Gefahren aus.

Eine gefährliche Sportart ist nach dieser Lesart Kickboxen. Nicht darunter fallen: Fußball, Skifahren, Drachenfliegen, Inline-Skating oder Amateurboxen.

Sich im freien Fall aus 39.000 m Höhe auf die Erde fallen lassen, wäre wohl eine gefährliche Sportart per se,  auch wenn sich noch kein Gericht mit einem solchen Fall befassen musste und auch in Zukunft sich nicht befassen wird.

Die anerkannten Regeln  missachtet

Auch bei Sportarten, die nicht als gefährliche Sportart gelten, kann jedoch ein Verschulden dann angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer in grober und leichtsinniger Art und Weise gegen die anerkannten Regeln dieser Sportart verstoßen hat.

Freizeitsportler hat sich überfordert

Ein Verschulden kann auch dann angenommen werden, wenn der sich Freizeitsportler  in einer seine Kräfte und Fähigkeiten deutlich übersteigenden Weise sportlich betätigt  (BAG, 5 AZR 338/79 vom 7.10.1981).

Weitere Informationen und  praktische Hinweise um Thema "Entgeltfortzahlung und Risikosportarten" finden  Sie im Beitrag  „Den Extremsport verbieten“ von Rechtsanwalt Jan Gieseler  in unserer Fachzeitschrift „Personalmagazin“ (Ausgabe 7/2012, Seite 70 ff).

 


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