Diebstahl von Desinfektionsmittel rechtfertigt fristlose Kündigung
In dem Fall vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf ging es um einen Liter Desinfektionsmittel und eine Handtuchrolle. Beides wurde bei einer Ausfahrtkontrolle im Kofferraum eines langjährig Beschäftigten gefunden. Es folgte die fristlose Kündigung. Der Wert des Desinfektionsmittels betrug circa 40 Euro. Allerdings: Desinfektionsmittel war zu Beginn der Coronapandemie Mangelware und wurde immer wieder aus Waschräumen des Arbeitgebers entwendet.
Fristlose Kündigung wegen Diebstahl von Desinfektionsmittel
Der Fall im Detail: Seit dem Jahr 2004 war der Arbeitnehmer bei einem Paketzustellunternehmen beschäftigt. Seine Tätigkeit als Be- und Entlader sowie Wäscher für die Fahrzeuge, übte er in Nachtschicht mit sechs bis sieben Kollegen aus. Seinen Wagen konnte er in der Nähe des Arbeitsplatzes abstellen. Ende März 2020 fand der Werkschutz bei einer stichprobenartigen Ausfahrtkontrolle in seinem Kofferraum Desinfektionsmittel und eine Handtuchrolle. Immer wieder wurde zu dieser Zeit bei dem Paketzustellunternehmen Desinfektionsmittel aus den Waschräumen entwendet. Nach Befragungen von Zeugen stimmte der Personalausschuss des Betriebsrats der fristlosen Kündigung zu, die der Arbeitgeber am 25. März 2020 aussprach.
Kein Diebstahl, sondern Eigenverbrauch?
Der Mitarbeiter wehrte sich gegen diese Kündigung. Er behauptete, dass er sich während der Arbeit jede Stunde zu seinem Fahrzeug begeben habe, um die Hände zu desinfizieren und abzutrocknen. Das Desinfektionsmittel habe er also ausschließlich für sich und eventuell seine Kollegen verwenden wollen, zumal dieses in den Waschräumen nicht immer verfügbar gewesen sei.
Bei der Ausfahrt habe er an die Sachen im Kofferraum nicht mehr gedacht. Er müsse kein Desinfektionsmittel stehlen, weil seine Frau in der Pflege arbeite und die Familie über sie ausreichend versorgt sei.
Arbeitgeber warnte vor Kündigung bei Mitnahme von Desinfektionsmittel
Nach Aussage des Arbeitgebers hatte der Mitarbeiter dem Werkschutz gesagt, dass er das Desinfektionsmittel habe mitnehmen dürfen, um sich unterwegs die Hände zu desinfizieren. Dabei wies der Arbeitgeber mit Aushängen im Sanitärbereich extra darauf hin, dass das Mitnehmen von Desinfektionsmitteln eine fristlose Kündigung und Anzeige zur Folge habe.
Fristlose Kündigung wegen Diebstahl war rechtmäßig
Die Kündigungsschutzklage hatte vor dem Düsseldorf keinen Erfolg. Wie bereits die Vorinstanz, erachtete das Gericht die fristlose Kündigung für rechtmäßig. Die Richter waren davon überzeugt, dass der Mitarbeiter das Desinfektionsmittel gestohlen hatte. Damit habe ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorgelegen.
Einlassungen des Arbeitnehmers für das Gericht nicht glaubhaft
Die Einlassungen des Arbeitnehmers überzeugten das Gericht nicht. Wenn er das Desinfektionsmittel während der Schicht habe benutzen wollen, wäre es naheliegend gewesen, das Desinfektionsmittel auf den Materialwagen am Arbeitsplatz zu stellen, insbesondere da in der Nacht außer ihm nur sechs bis sieben Kollegen arbeiteten. Auch die Aussage des Mitarbeiters, er habe das Desinfektionsmittel auch für die Kollegen verwenden wollen, war für die Richter nicht nachvollziehbar. Denn er habe diesen weder gesagt, wo er das Desinfektionsmittel aufbewahrt habe, noch ihnen den Autoschlüssel gegeben, damit sie es benutzen könnten. Schließlich war die aufgefundene Flasche nicht angebrochen.
Keine vorherige Abmahnung nötig
Trotz der langen Beschäftigungszeit des Mitarbeiters hielten die Richter eine vorherige Abmahnung nicht für erforderlich. Dies begründeten sie damit, dass der Arbeitnehmer eine - nicht geringe - Menge Desinfektionsmittel in einer Zeit der Pandemie entwendet habe, als Desinfektionsmittel Mangelware war. Dabei habe er von den Versorgungsengpässen des Arbeitgebers gewusst und zugleich in Kauf genommen, dass die Kollegen leer ausgingen. In Anbetracht dieser Umstände habe dem Arbeitnehmer klar sein müssen, dass er mit der Entwendung von einem Liter Desinfektionsmittel den Bestand seines Arbeitsverhältnisses riskierte. Auch die Interessenabwägung fiel angesichts dieser Umstände zu seinen Ungunsten aus.
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen.
Hinweis: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 14.01.2021, Az: 5 Sa 483/20; Vorinstanz: Arbeitsgericht Mönchengladbach, Urteil vom 01.07.2020, Az: 6 Ca 632/20
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