Viele Arbeitnehmer sind in sozialen Netzwerken unterwegs. Unbedachte Äußerungen oder Beleidigungen können Arbeitgeber dabei mit einer Abmahnung oder Kündigung sanktionieren. Wann Unternehmen auch den entstandenen Schaden vom Arbeitnehmer einfordern können, erklärt Rechtsanwalt Dr. Philipp Byers.

Haufe Online-Redaktion: Herr Dr. Byers, bei unbedachten Äußerungen eines Arbeitnehmers in sozialen Netzwerken, etwa gegenüber einem Mitarbeiter, Vorgesetzten oder zu dem Unternehmen, drohen ihm arbeitsrechtliche Konsequenzen. Muss der Arbeitnehmer auch den mitunter enormen Imageschaden ausgleichen, den das Unternehmen dadurch erleidet?

Dr. Philipp Byers: Zu dieser Thematik gibt es kaum Rechtsprechung. Daher ist auf allgemeine zivil- und arbeitsrechtliche Grundsätze abzustellen. Der Arbeitnehmer haftet für eine Rufschädigung des Unternehmens nur selten, weil eine Firma kaum beziffern kann, welcher Vermögensschaden ihr durch eine Negativäußerung im Internet entstanden ist. Ein immaterieller Schaden kann grundsätzlich  durch ein Unternehmen nicht verlangt werden. Dagegen ist Schadenersatz denkbar, wenn durch einen Blogbeitrag schwerwiegend in das Persönlichkeitsrecht eines Kollegen eingegriffen wird. Hierfür wäre allerdings eine schwere Beleidigung - wie der Vergleich mit einem "KZ-Aufseher" - nötig.

 

Haufe Online-Redaktion: Wird das Unternehmen aber beispielsweise wegen einer Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen, etwa weil der Mitarbeiter im Namen des Unternehmens häufiger – vielleicht sogar unwissentlich – Bilder Dritter ohne Berechtigung nutzt, dann ist der Schaden klar zu beziffern.

Byers: Es ist richtig, dass die Bezifferung eines konkreten Schadens dann möglich ist. Auch lässt sich ein Schaden darlegen, wenn der Arbeitgeber Forderungen ausgesetzt ist, die auf wettbewerbswidrigen Preisabsprachen eines Arbeitnehmers im Web 2.0 beruhen. Dennoch lässt sich ein Schadenersatzanspruch gegen den Mitarbeiter nicht ohne weiteres durchsetzen.

Schwierig wird es etwa, wenn das Web 2.0 im Arbeitgeberinteresse genützt wird und Teil der Arbeitstätigkeit ist, zum Beispiel, wenn der Mitarbeiter ein Blog zur offiziellen Unternehmensdarstellung betreibt. In solchen Fällen gilt der innerbetriebliche Schadensausgleich, um den Arbeitnehmer vor unzumutbaren Risiken bei der Arbeitsausübung zu schützen. Danach besteht eine volle Arbeitnehmerhaftung nur bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz. Eine Anteilshaftung ist bei mittlerer Fahrlässigkeit vorgesehen. Bei leichtester Fahrlässigkeit entfällt die Haftung komplett. Häufig werden Rechtsverstöße im Web 2.0 unbewusst begangen. Der Mitarbeiter ist vor seinem „Blogger-Engagement“  auf die Risiken des Web 2.0 – zum Beispiel durch Social Media Guidelines - hinzuweisen. Andernfalls wird eine Haftung regelmäßig ausscheiden.

Dagegen haftet der Arbeitnehmer, wenn er ohne Aufforderung für das Unternehmen im Web 2.0 auftritt. Die Pflichtverletzung wird dann im Privatbereich begangen. Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn der Mitarbeiter ohne Wissen des Arbeitgebers Beiträge in einem Firmenblog erstellt und dabei Urheberrecht verletzt.

 

Haufe Online-Redaktion: Wirkt sich die arbeitsrechtliche Sanktion auf den Schadenersatzanspruch aus, also, macht es einen Unterschied für den Schadenersatz, wenn der Arbeitgeber bei einer Urheberrechtsverletzung zum Beispiel nur eine Abmahnung und keine Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer ausspricht?

Byers: Ein Schadenersatzanspruch ist nicht von einer Abmahnung oder Kündigung abhängig. Durch eine Schadenersatzleistung soll nur ein entstandener Schaden ausgeglichen werden. Sie haben darüber hinaus weder einen sanktionierenden Charakter noch verfolgen sie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Schadenersatz und Kündigung sind klar voneinander zu trennen.

 

 

Dr. Philipp Byers ist Rechtsanwalt und bearbeitet die Themen Arbeitsrecht und Datenschutz bei der Kanzlei Meister Rechtsanwälte in München.

 

Das Interview führte Michael Miller.