Keine Betriebsgeheimnisse an Scientology-Mitglieder
Die Scientology-Organisation beschäftigt seit Jahren immer wieder die Gerichte in allen Instanzen. Die Organisation ist nicht verboten, aber anders als in den USA und Frankreich, nicht als Kirche anerkannt. Nach dem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts kann man einem Arbeitnehmer, der Scientology Mitglied ist, den Zugang zu Betriebsgeheimnissen verwehren. Aber auch unabhängig vom konkreten Fall kann man sich die Frage stellen, welche Rechte Arbeitgeber haben im Zusammenhang mit Mitarbeitern, die Scientology-Mitglieder sind.
Der Fall: Bedenken bei Sicherheitsüberprüfung
Der Mitarbeiter eines Herstellers von Hubschrauberschrauben hatte eine Sicherheitsüberprüfung des Bundeswirtschaftsministeriums nicht bestanden. Das Unternehmen wartet auch Maschinen der Bundeswehr. Hier eingesetzt zu werden, setzt eine Sicherheitsüberprüfung voraus, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie auf entsprechenden Antrag des Arbeitgebers durchführt.
Im Fall des Mechanikers teilte die Behörde ihm mit, dass wegen seiner Zugehörigkeit zur Scientology-Organisation Sicherheitsbedenken bestünden. Der Mechaniker argumentierte, für ihn sei Scientology eine Religion und damit seine Privatangelegenheit.
Zweifel an Zuverlässigkeit eines Scientology-Mitarbeiters berechtigt
Das Gericht sah das Grundrecht auf Religionsfreiheit des Mitarbeiters durch die Mitteilung nicht betroffen. Deshalb habe es auch keiner Entscheidung bedurft, ob die Scientology-Organisation eine Religion sei. Die Zweifel an dem Mitarbeiter hielt das Gericht für berechtigt, weshalb das Ministerium ihm zurecht den Zugang zu Verschlusssachen verweigert habe.
Das Gericht begründete seine Entscheidung insbesondere damit, dass Scientology ihre Mitglieder zur schonungslosen Offenbarung der Wahrheit verpflichte. Zudem gehe aus zahlreichen Quellen hervor, dass die Organisation verfassungsfeindliche Ziele verfolge. Dafür müsse auch ein einfaches Mitglied geradestehen.
Frage nach Scientology-Zugehörigkeit im Vorstellungsgespräch
Abseits des konkreten Falls vor dem Verwaltungsgericht stellt sich jedoch die Religionsfrage beispielsweise im Zusammenhang mit Bewerbungen. Darf also der Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch nach der Zugehörigkeit zur Scientology-Organisation fragen? Das Bundesarbeitsgericht hat im Falle einer Hamburger Organisation entschieden, dass die religiösen oder weltanschaulichen Lehren nur als Vorwand für die Verfolgung rein wirtschaftlicher Ziele dienen. Danach dürfen Arbeitgeber also nach der Zugehörigkeit zur Scientology fragen, es sei denn es handelt sich bei der Stelle um eine ganz untergeordnete Position.
Im Hinblick auf das AGG dürfte die Scientology-Frage etwas problematisch, jedoch weiterhin zulässig sein. Denn das Gesetz selbst definiert weder den Begriff "Religion" noch "Weltanschauung". Eine Unsicherheit bleibt deshalb, weil sie im Lichte des Europarechts zu beurteilen sind, über deren gemeinschaftsweite Auslegung der EuGH zu entscheiden hat.
Hinweis: Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 31. Mai 2016 (VG 4 K 295.14)
-
Entgeltfortzahlung: Wenn unterschiedliche Krankheiten aufeinander folgen
9.190
-
Wann Urlaubsverfall und Urlaubsübertragung möglich sind
9.1774
-
Zusatzurlaub bei Schwerbehinderung von Arbeitnehmenden
7.555
-
Wann müssen Arbeitgeber eine Abfindung zahlen?
6.7042
-
Wie Arbeitgeber in der Probezeit kündigen können
4.671
-
Urlaubsanspruch richtig berechnen
4.544
-
Mindesttemperatur am Arbeitsplatz: Wie kalt darf es sein?
4.093
-
Zulässige Differenzierung bei Inflationsausgleichsprämie
4.040
-
Nebenjob: Was arbeitsrechtlich erlaubt ist
3.883
-
Wann Arbeitnehmende einen Anspruch auf Teilzeit haben
3.3721
-
Keine Beteiligung des Betriebsrats bei Anpassung der Betriebsratsvergütung
03.12.2024
-
Mindestlohn steigt zum 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro
02.12.20242
-
EU-Richtlinie zur Plattformarbeit tritt in Kraft
28.11.2024
-
Keine Vergütung von Pausenzeiten
27.11.2024
-
Keine AGG-Entschädigung für abgelehnten 67-jährigen Bewerber
25.11.2024
-
AI-Act: EU-Gesetz zur Regelung Künstlicher Intelligenz in Kraft
22.11.2024
-
Ein arbeitsrechtlicher Rückblick auf die Ampelkoalition
21.11.2024
-
Umgang mit Geschlechts- und Namensänderungen am Arbeitsplatz
20.11.20243
-
Inflationsausgleichsprämie während Passivphase der Altersteilzeit
18.11.2024
-
Umsetzung der EU-Richtlinie für mehr Lohntransparenz
15.11.2024