Unwirksame Kündigung einer Justiziarin beim Erzbistum Köln
Das Erzbistum Köln hat seiner Justiziarin und Stabsleiterin Recht im Sommer 2021 die außerordentliche Kündigung ausgesprochen. Der Fall hat hohe mediale Aufmerksamkeit erregt. Der Juristin wurde von ihrem kirchlichen Arbeitgeber vorgeworfen, ohne Absprache einen teuren Bürostuhl mit ins Homeoffice genommen zu haben.
In dem Streit ging es aber nicht allein um die Mitnahme des Bürostuhls. Darüber hinaus versetzte das Erzbistum Köln die langjährige Mitarbeiterin mit der Begründung, sie sei dauerhaft dienstunfähig, in den Ruhestand. Zu Unrecht, entschied nun das Arbeitsgericht Köln.
Fristlose Kündigung wegen Mitnahme eines Bürostuhls ins Homeoffice
Die Juristin ist seit 2008 in der Rechtsabteilung des Erzbistums Köln beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden beamtenrechtliche Regelungen Anwendung. In ihrer Funktion als Justiziarin des Erzbistums war sie insbesondere auch mit der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle dort befasst. Im Frühjahr 2020, kurz nach Beginn der Coronapandemie, nahm sie ihren rückenschonenden Bürostuhl mit ins Homeoffice, ohne zuvor zu fragen. Für das Erzbistum war diese eine "illegale Aktion". Der Stuhl habe einen erheblichen Wert, hieß es seitens der Kirche in der gescheiterten Güteverhandlung. Kurz danach habe sie sich zudem krankgemeldet. Grund für den Arbeitgeber, ihr Ende Juni 2021 außerordentlich zu kündigen und sie Ende Juli 2021 in den Ruhestand zu versetzen. Dies wiederum mit der Begründung, dass sie dauerhaft dienstunfähig sei.
Kündigungsschutzklage und Schmerzensgeldforderung
Die entlassene Justiziarin wehrte sich mit der Kündigungsschutzklage. Zudem forderte sie Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 50.000 Euro. Als Grund gab sie unter anderem an, dass sie keine ausreichende Schulung und Supervision für ihre Tätigkeit bekommen habe. Dies sei notwendig gewesen, da sie jahrelang Fälle von sexuellem Missbrauch von Jugendlichen durch Priester bearbeitet habe. Die Durchsicht der Akten sei extrem belastend gewesen und habe zu einer posttraumatischen Belastungsstörung geführt, wie ihr Anwalt berichtete. Das Bistum sei damit seiner Fürsorgepflicht als Arbeitgeber nicht ausreichend nachgekommen.
Bürostuhl mitgenommen: Fristlose Kündigung war unwirksam
Die Kündigungsschutzklage hatte vor dem Arbeitsgericht Köln Erfolg. Das Gericht erklärte die fristlose Kündigung der Justiziarin für unwirksam. Dazu stellte es fest, dass die eigenmächtige Mitnahme von Eigentum des Arbeitgebers nach Hause, die nicht zuvor abgesprochen wurde, eine arbeitsrechtliche Pflichtverletzung darstellt. Diese könne grundsätzlich eine Kündigung begründen. In der konkreten Situation reichte das Verhalten der Mitarbeiterin aus Sicht der Richter allerdings nicht aus, um die fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Sie wiesen darauf hin, dass die Mitnahme des Bürostuhls zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, als das Erzbistum aufgrund der pandemischen Lage das Arbeiten im Homeoffice statt eine Präsenztätigkeit im Büro empfohlen habe. Dafür habe der Arbeitgeber jedoch so kurzfristig keine notwendige Ausstattung zur Verfügung gestellt.
Unwirksame Versetzung in den Ruhestand
Das Arbeitsgericht Köln erklärte zudem die Versetzung der Justiziarin in den Ruhestand für unzulässig. Dazu sei eine Prognose notwendig, dass die Mitarbeiterin ihre Dienstfähigkeit auch in den nächsten sechs Monaten nicht wiedererlangen werde. Vorliegend reichte eine ärztliche Stellungnahme vom Januar 2021 und die seitdem fortdauernde Dienstunfähigkeit nicht, urteilte das Gericht.
Kein Schmerzensgeld für Belastungen am Arbeitsplatz
Schmerzensgeld gab es für die Juristin nicht. Das Gericht hielt ein solches nicht für gerechtfertigt: Die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle sei notwendig gewesen und die damit verbundene Belastung für Beschäftigte unvermeidbar. In ihrer Position als Leiterin der Stabsabteilung Recht sei es ihr zumutbar gewesen, sich selbst um eine notwendige Unterstützung beim Erzbistum zu kümmern.
Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.
Hinweis: Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 18. Januar 2022, Az: 16 Ca 4198/21
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