Bonus nach billigem Ermessen ist gerichtlich überprüfbar
Arbeitgeber können eine vertraglich zugesagte Bonuszahlung nicht ohne triftige Begründung ausfallen lassen. Sie müssten ihre Entscheidung zur Höhe der Zahlung oder ihres Wegfalls dem Arbeitnehmer ausreichend darlegen, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Bankers. Der Mann hatte auf die im Arbeitsvertrag versprochene, aber nicht genauer bezifferte Bonuszahlung gepocht.
Bonus nach billigem Ermessen: Gericht entscheidet über Höhe
Das BAG stellte nun fest: Behält sich der Arbeitgeber vertraglich vor, über die Höhe eines Bonusanspruchs nach billigem Ermessen zu entscheiden, unterliegt diese Entscheidung der vollen gerichtlichen Überprüfung. Teilt das Gericht wiederum nicht die Einschätzung des Arbeitgebers, ist § 315 Abs. 3 BGB zu beachten.
Danach gilt: "Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird."
Der Fall: Mindestens 52.000 Euro Bonuszahlung
Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber, die Royal Bank of Scotland, dem als Managing Director beschäftigten Mitarbeiter für das Jahr 2011 keinen Bonus überwiesen. Andere Mitarbeiter erhielten dagegen Leistungen, die sich der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte der jeweiligen Vorjahresleistung bewegten.
Daraufhin klagte der Banker den Bonus ein und stellte die genaue Höhe in das Ermessen des Gerichts, verlangte jedoch mindestens 52.480 Euro. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen, die eine gerichtliche Festsetzung der Bonushöhe ermöglichten.
BAG: Festsetzung des Bonus möglich
Dem widersprach nun das BAG. Der Mitarbeiter habe nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien einen Anspruch auf einen Bonus, der nach billigem Ermessen festzusetzen war, urteilten die Richter. Da die Festsetzung der Bank unverbindlich war, habe die Leistungsbestimmung gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch das Gericht zu erfolgen – auf Grundlage des Sachvortrags der Parteien.
Dabei gebe es keine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn. Äußere sich der bestimmungsberechtigte Arbeitgeber zu bestimmten Faktoren nicht, gehe dies nicht zu Lasten des Arbeitnehmers, begründete das BAG seine Entscheidung. Schließlich habe der Mitarbeiter keine genauen Informationen zu den näheren Umständen, wie zum Beispiel die Höhe eines Bonustopfs.
LAG muss nun über zusätzliche Vergütung entscheiden
Das Gericht habe vielmehr die Leistung aufgrund der aktenkundig gewordenen Umstände, beispielsweise Höhe der Leistung in den Vorjahren, wirtschaftliche Kennzahlen, Ergebnis einer Leistungsbeurteilung, festzusetzen. Eine gerichtliche Leistungsfestsetzung scheide nur dann ausnahmsweise aus, wenn jegliche Anhaltspunkte hierfür fehlen. Diese Konstellation liege jedoch im konkreten Fall – entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts – nicht vor.
Auf Grundlage dieser Vorgaben des BAG muss nun das LAG erneut entscheiden und eine konkrete Höhe des Bonus festlegen.
Hinweis: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 3. August 2016, Az. 10 AZR 710/14; Vorinstanz: Hessisches LAG, Urteil vom 10. April 2014, Az. 19 Sa 1266/13;
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