An einem sonnigen und sehr kalten Sonntagmorgen bin ich bei uns auf dem Land zwischen Meißen und Dresden mit unserem Hund aufgebrochen, um wie gewöhnlich eine herrliche Joggingrunde zu starten. Auf dem Weg stand - inmitten einer Apfelplantage - ein Auto mit ukrainischem KFZ-Kennzeichen, welches bis obenhin vollgepackt war. Ich näherte mich vorsichtig und habe eine junge Frau, ein Mädchen im Jugendalter und einen kleineren Jungen angetroffen. Unvermittelt fragte ich, ob sie vielleicht frühstücken möchten und ob ich helfen könnte. Schnell war ein Vertrauen aufgebaut und wir fuhren zusammen zu unserem Hof, auf welchem wir mit 15 weiteren Familien leben; folglich also reichlich Platz haben. Eine aktuell leer stehende Wohnung war schnell eingerichtet und die jüngere Frau sagte zu mir: "Can I maybe work here?" Eine spontane Reaktion meinerseits war nicht möglich, denn ich fragte mich: Welche rechtlichen Voraussetzungen sind für Geflüchtete aus der Ukraine im Rahmen einer Beschäftigung zu beachten?
Was sagt das Arbeitsrecht?
Jedem von uns ist bewusst, dass täglich mehr Ukraine-Flüchtlinge nach Deutschland kommen, und wir erhoffen uns, dass diejenigen, die arbeiten können und wollen, einen schnellen und unbürokratischen Zugang zum Arbeitsmarkt finden werden. Was sind also die wichtigen rechtlichen Voraussetzungen, die Arbeitgeber wissen und berücksichtigen müssen?
Sind eine Einreise und ein vorübergehender rechtmäßiger Aufenthalt kurzfristig sichergestellt?
Ja, das Bundesministerium des Innern und für Heimat hat eine Rechtsverordnung erlassen, mit der aus der Ukraine Vertriebene im Bundesgebiet vorübergehend vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit werden. Sie ist am 9. März 2022 in Kraft getreten und rückwirkend zum 24. Februar 2022 anwendbar. Die Regelung ist zunächst bis zum 23. Mai 2022 befristet. Innerhalb dieses Zeitraums muss nach derzeitigem Stand eine Antragstellung bei der zuständigen Ausländerbehörde zur Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 AufenthG erfolgen.
Kann ich mit einer Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz in Deutschland arbeiten?
Ja, das wird möglich sein. Eine Erwerbstätigkeit muss aber zuvor von der Ausländerbehörde erlaubt werden. Die Ausländerbehörde wird bereits bei Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, auch wenn noch kein konkretes Beschäftigungsverhältnis in Aussicht steht, in den Aufenthaltstitel eintragen, dass die Erwerbstätigkeit erlaubt ist. Das bedeutet, dass keine weitere Arbeitserlaubnis einer anderen Behörde erforderlich ist. Bereits bei einer Antragstellung werden die Ausländerbehörden sogenannte Fiktionsbescheinigungen ausstellen. Auch in die Fiktionsbescheinigung wird die Ausländerbehörde "Erwerbstätigkeit erlaubt" eintragen.
Geflüchtete können sofort beschäftigt werden
Folglich können Arbeitgeber Geflüchtete aus der Ukraine sofort beschäftigen, wenn deren Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 AufenthG mit dem Eintrag "Erwerbstätigkeit erlaubt" versehen ist. Das ist bei den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine die Regel. Auch mit einer vorübergehenden Bescheinigung, der sogenannten Fiktionsbescheinigung, die die Zeit bis zur Erstellung des eigentlichen Aufenthaltstitels überbrückt, ist schon eine Arbeitserlaubnis erteilt. Die Geflüchteten können dann in Deutschland jeder Beschäftigung nachgehen oder eine Ausbildung beginnen.
Wie steht es um das Steuer- und Sozialversicherungsrecht?
Soweit also die sehr unbürokratischen arbeitsrechtlichen Voraussetzungen. Und wie ist eine Beschäftigung steuer- und sozialversicherungsrechtlich korrekt zu beurteilen? Erhalten Geflüchtete aus der Ukraine automatisch eine Steueridentifikationsnummer?
Hier ist der aktuelle Stand, dass die Steueridentifikationsnummer mit der Meldung bei der zuständigen Gemeinde verknüpft ist. Das heißt, mit der Meldung einer Wohnsitznahme in Deutschland wird automatisch eine Steueridentifikationsnummer erteilt. Ansonsten bleibt erst die beschränkte Steuerpflicht mit der Weiterleitung an das zuständige Finanzamt bestehen, welches dann eine Steueridentifikationsnummer erteilt. Seitens der Sozialversicherung sind Geflüchtete aus der Ukraine grundsätzlich als "normale" Arbeitnehmende zu behandeln und es sind die üblichen sozialversicherungsrechtlichen Regelungen anzuwenden.
Es geht einfacher, als man denkt
Somit hatten wir bereits nach fünf Tagen das Mädchen in der Klasse meiner Tochter untergebracht, der kleine Junge durfte mit in den Kindergarten des Nachbarjungen und die jüngere Frau wird vorerst an drei Tagen in der Woche im Blumengeschäft einer Freundin eines anderen Hofbewohners arbeiten.
Rückblickend war es also nicht so kompliziert, wie ich ursprünglich erwartet hatte. Denn gemeinsam mit den Behörden, der Schule und dem Kindergarten haben wir alle Voraussetzungen in Erfahrung bringen und sogar schnell erfüllen können. Es war uns allen klar, dass wir nur auf diesem Weg – schnelle Eingliederung in Kindergarten, Schule und Arbeit – ein klein wenig Alltag schaffen können und dass hierdurch das furchtbare Trauma und der endlose Schmerz ein klein wenig gelindert werden kann.
Christiane Droste-Klempp arbeitet im eigenen Unternehmen als Trainerin, Beraterin und Projektleiterin für sämtliche Themen des Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrechts und berät seit vielen Jahren Unternehmen bei der Auswahl und Umsetzung strategischer Personalmodelle.