Jahresarbeitsentgelt: Versicherungsfreiheit auch bei Schwangerschaft?
Bei Arbeitnehmern endet die Krankenversicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, wenn ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt (JAE) im Laufe der Beschäftigung die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) übersteigt. Ab dem 1. Januar des Folgejahres besteht dann die Möglichkeit der Fortsetzung der Versicherung als freiwillige Versicherung.
Die Versicherungspflicht endet jedoch nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende JAEG nicht übersteigt.
Beispiel: Die Arbeitnehmer A und B sind bei Arbeitgeber Z beschäftigt. Beide erzielen ein regelmäßiges JAE in Höhe von 55.000 Euro. Für beide Arbeitnehmer besteht Krankenversicherungspflicht und eine Mitgliedschaft bei einer gesetzlichen Krankenkasse. Zum 1.10.2017 erhalten beide Arbeitnehmer eine Entgelterhöhung. Das regelmäßige JAE von Arbeitnehmer A beträgt danach 58.000 Euro, von Arbeitnehmer B 60.000 Euro.
Ergebnis: Beide Arbeitnehmer überschreiten ab 1.10.2017 die für 2017 gelten JAEG in Höhe von 57.600 Euro. Da nur Arbeitnehmer B auch die für 2018 gelten JAEG in Höhe von 59.600 Euro überschreitet, wird er ab 1.1.2018 freiwilliges Mitglied. Für Arbeitnehmer A besteht weiterhin Krankenversicherungspflicht.
Grundsätzliche Vorgehensweise bei einer vorausschauenden Betrachtung
Die vorausschauende Betrachtung für das folgende Kalenderjahr erfolgt grundsätzlich durch Multiplikation der monatlichen Bezüge zum Beurteilungszeitpunkt mit zwölf und der Anrechnung regelmäßig gewährter Einmalzahlungen.
Berücksichtigung zukünftiger Entgeltänderungen
Die vom GKV-Spitzenverband zu dieser Thematik veröffentlichten Hinweise enthalten die Aussage, dass bei der vorausschauenden Betrachtung spätere Erhöhungen zunächst nicht berücksichtigt werden.
Thematik Gegenstand eines Rechtsstreits
Diese Thematik war auch Gegenstand einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil v. 7.6.2018, B 12 KR 8/16 R). Konkret ging es in dem Rechtsstreit um die Frage, ob eine Arbeitnehmerin Beiträge für eine freiwillige Krankenversicherung zu entrichten hatte. Die Arbeitnehmerin wurde in dem Sachverhalt seit dem 1. Januar des Jahres wegen Überschreitung der JAEG als freiwilliges Mitglied geführt. Hiergegen richtete sich jedoch die Klage, die erfolgreich war.
Kein Arbeitsentgelt aufgrund Mutterschutzfristen
In dem Sachverhalt stand bereits zu Beginn des Jahres fest, dass die Arbeitnehmerin in den nächsten zwölf Monaten aufgrund einer Schwangerschaft und der Geburt eines Kindes für die Dauer der Schutzfristen nach dem MuSchG vorübergehend kein Arbeitsentgelt erzielen wird.
Entscheidung des BSG mit anderer Vorgehensweise
Das BSG führt dazu aus, dass es sich bei der Bestimmung des regelmäßigen JAEs für das folgende Kalenderjahr um eine Prognose handelt, die am Ende des laufenden Kalenderjahres vorzunehmen ist. Hierbei ist in der Regel das vereinbarte Arbeitsentgelt auf ein zu erwartendes JAE für das nächste Kalenderjahr hochzurechnen; zu berücksichtigen ist nur der Verdienst, bei dem zu erwarten ist, dass er bei normalem Verlauf voraussichtlich ein Jahr anhalten wird. Ziel der Prognose ist, dass JAE möglichst nahe an der Realität für das folgende Kalenderjahr zu bestimmen, damit Versicherungspflicht bei schutzbedürftigen Personen bestehen bleibt. In die Prognose sind feststehende zukünftige Veränderungen des Arbeitsentgelts zu berücksichtigen.
Feststehende Entgeltänderungen sind zum Jahreswechsel zu berücksichtigen
Dieser Entscheidung folgend sind im Voraus feststehende Entgeltänderungen bzw. Entgeltausfälle bereits in die vorausschauende Berechnung zum Jahreswechsel einzubeziehen.
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