Programmierer in Heimarbeit unterliegt Sozialversicherungspflicht
Der Arbeitsgerichtsprozess drehte sich um einen Programmierer und Bauingenieur, der stundenweise als freier Mitarbeiter von Zuhause aus für ein Baustatik-Softwarehaus arbeitete. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellte bereits 2016 in einem viel beachteten Urteil (BAG, 14.06.2016, Az: 9 AZR 305/15) fest, dass zwischen den Parteien zwar kein Arbeitsverhältnis, aber ein Heimarbeitsverhältnis bestand. Für den Mitarbeiter, der für die Pflege und Weiterentwicklung der von der Firma vertriebenen Software zuständig war, seien daher die Bestimmungen des Heimarbeitgesetzes (HAG) anzuwenden.
Arbeitgeber klagt vor dem Sozialgericht
Die Abgrenzung, wer als Arbeitnehmer, Selbstständiger oder Heimarbeiter tätig wird, ist nicht immer einfach. Doch wenn der Arbeitgeber dies falsch einordnet, können hohe Nachzahlungsansprüche der Sozialversicherungsträger drohen. Der Programmierer hatte bereits 2013 bei der Deutschen Rentenversicherung die Feststellung beantragt, dass ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Nachdem diese feststellte, dass der Mitarbeiter abhängig beschäftigt war und der Sozialversicherungspflicht unterlag, klagte der Arbeitgeber vor dem Sozialgericht.
Sozialversicherungspflicht für Heimarbeiter mit qualifizierter Tätigkeit?
Das zuständige Sozialgericht urteilte in erster Instanz überraschenderweise, dass die Tatsache, dass der Programmierer als Heimarbeiter tätig gewesen sei, dennoch keine Sozialversicherungspflicht begründe. Hiergegen legte der Programmierer Berufung ein.
Das Landessozialgericht (LSG) Darmstadt hat in seinem aktuellen Urteil der Berufung stattgegeben. Nach Auffassung des Gerichts war der Programmierer als Heimarbeiter sozialversicherungspflichtig.
In der Begründung wies das Gericht darauf hin, dass Heimarbeiter Personen seien, die in eigener Arbeitsstätte im Auftrag und für Rechnung von Gewerbetreibenden, gemeinnützigen Unternehmen oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften erwerbsmäßig arbeiteten. Als solche seien sie gemäß der sozialgesetzlichen Regelung Beschäftigte und als solche auch sozialversicherungspflichtig. Dies gelte auch für Tätigkeiten, die eine höherwertige Qualifikation erforderten.
LSG Darmstadt: Programmierer unterliegt der Sozialversicherungspflicht
Nach Auffassung des LSG war der Programmierer unter diesen Voraussetzungen als sozialversicherungspflichtiger Heimarbeiter zu werten. Er habe 21 Jahre für die gleiche Firma gearbeitet und dieser das alleinige Nutzungs- und Vertriebsrecht für die von ihm entwickelten Programme eingeräumt. Für den allgemeinen Absatzmarkt sei er hingegen nicht tätig gewesen.
Für die Richter war es dagegen unerheblich, dass der Programmierer seinen eigenen PC nutzte. Angesichts der Dauer des Vertragsverhältnisses sei dies nicht relevant, so das Gericht. Zudem habe die Firma Fortbildungskosten übernommen und die für die Fortbildung aufgewandte Zeit vergütet.
Das LSG Darmstadt hat die Revision nicht zugelassen.
Hinweis: Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 18.06.2020, Az: L 8 BA 36/19
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