Personalverantwortliche kennen bei Zielvereinbarungen die Situation: Mit Managern und Führungskräften werden Leistungsziele für das Geschäftsjahr vereinbart, an deren Erreichung mehr oder weniger große Prämien gekoppelt sind. Die Grundlage, auf der zum Beispiel mit einem Manager eine Umsatzsteigerung von fünf Prozent vereinbart wird, ist meist die erwartete Marktentwicklung nach "objektiven" Prognosen und subjektiver Einschätzung.
Agiles Management in diesem Bereich setzt dagegen auf flexible Ziele, die die Mitarbeiter oder jedes Team selbst definieren. Diesen Ansatz haben wir beim Personaldienstleister Franz & Wach für uns als richtig erkannt und umgesetzt.
Starre Ziele: Spekulative Prognosen und falsche Erwartungen
Denn letztlich sind starre Planungen und Vorhersagen häufig schwierig oder einfach spekulativ, eine daran gemessene Zielerreichung ist zu einem hohen Maße von extrinsischen Faktoren abhängig. Schließlich können unvorhergesehene Ereignisse, zum Beispiel wenn ein Großkunde gewonnen wird oder die Konjunktur einbricht, schon einige Wochen nach Festlegung der Ziele die Planung obsolet machen. Je nach Auswirkung wird der Mitarbeiter dann eine Zielkorrektur fordern oder sich entspannt zurücklehnen. Eine Nachkorrektur wäre dann sinnvoll, aber ebenso aufwändig und spekulativ wie die ursprüngliche Planung.
Bleiben wir im genannten Beispiel des Managers mit dem Ziel der Umsatzsteigerung um fünf Prozent: Realisiert er sieben Prozent mehr Umsatz, erhält er seinen Bonus und das Signal, einen guten Job gemacht zu haben. Ist der Markt allerdings im gleichen Zeitraum um zehn Prozent gewachsen, wäre die Leistung eigentlich anders zu bewerten. In Relation zum Markt hat der Manager faktisch Marktanteile verloren.
Nebeneffekt: Unzufriedenheit und innere Blockade
Dazu kommt, dass jeder Mitarbeiter natürlich seine Ziele erreichen und den ausgelobten Bonus erhalten möchte. Er orientiert sich also daran und überprüft regelmäßig seinen aktuellen Zielerreichungsgrad. Entfernt er sich von der Ziellinie, versucht er eventuell nachzuhelfen – vielleicht sogar durch buchhalterische Kreativität oder andere Tricks.
Auch wenn schlicht die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wesentlich schlechter als angenommen sind und der Mitarbeiter deshalb sein Ziel nicht erreichen wird: Ihn wird in jedem Fall die Performance und die Rechtfertigung des Ergebnisses ausführlich beschäftigen. Diese Auseinandersetzung mit sich selbst kostet den Einzelnen nicht nur Nerven, sondern den Betrieb auch erhebliche Ressourcen. Es leiden also nicht nur Arbeitsatmosphäre und Mitarbeiterzufriedenheit darunter, sondern es geht auch Arbeitskraft verloren, die eigentlich dem Kunden zugutekommen sollte.
Flexible Ziele sorgen für zufriedene Mitarbeiter und Kunden
Um all diese negativen Effekte zu vermeiden, setzen wir bei Franz & Wach als Flächenunternehmen mit 25 Niederlassungen auf flexible Ziele. Jeder Mitarbeiter oder jedes Team definiert die Ziele selbst, um so der besonderen Situation vor Ort gerecht werden. Die Jahresplanung wurde abgeschafft und durch ein mitarbeitergetriebenes Performance Management mit kürzeren Betrachtungszeiträumen von wenigen Wochen oder Monaten ersetzt.
Dabei unterscheiden sich die gewählten Kennzahlen in der Fläche deutlich, weil sich die Standorte, zum Beispiel im Hinblick auf Branchenschwerpunkt, Einzugsgebiet oder Größe der Stadt, erheblich unterscheiden. Die Mitarbeiter definieren die Kennzahlen jetzt selbst und messen sich dabei an Referenzen, die sie für sinnvoll erachten, zum Beispiel an der eigenen Leistung des Vorjahres, der Leistung von Kollegen, anderer Filialen oder Mitbewerber. Natürlich werden die gefundenen Ziele mit den Führungskräften abgestimmt. Allerdings geht es dabei nicht um einen Kompromiss zwischen zwei Positionen, sondern um eine gemeinsame Definition eines – für das jeweilige Team passenden – Benchmarks.
Bonus: Individuelle Ziele führen zu allgemeiner Gewinnbeteiligung
Natürlich können individuelle Leistungsprämien nicht mit so unterschiedlichen Zielen verknüpft werden, ohne subjektiv zu wirken. Denn die unterschiedlich definierten Ziele sowie die unterschiedlichen Zielzeiten führen dazu, dass die Zielvereinbarungen nur schwer anhand gleicher Indikatoren, wie zum Beispiel Umsatz oder Volumen, gestaltet und daher schwer vergleichbar sind. Wären nun individuelle Bonuszahlungen daran geknüpft, könnte dies zu Neid führen, da die Kollegen die Zahlungen aufgrund der individuellen Zielvereinbarungen nicht nachvollziehen können. Daher wird der Bonus teilweise ersetzt durch eine allgemeine Gewinnbeteiligung im Falle eines qualifizierten, positiven Betriebsergebnisses.
Zusätzlich haben Führungskräfte die Möglichkeit, gute Leistungen jederzeit zu honorieren, was in der Regel durch Sachleistungen erfolgt. Daneben gehört zu diesem Konzept eine gelebte Lobkultur und eine hohe Empathie der Führungskräfte für ihre Teamkollegen.
Performance: Mehr Zeit für Kunden und unterstellte Mitarbeiter
Am Ende führen die flexiblen Ziele dazu, dass sich die Mitarbeiter weniger mit sich selbst beschäftigen und mehr Zeit für die Kunden – und gerade im Falle eines Personaldienstleisters – für die unterstellten Mitarbeiter haben. So profitieren Kunden und Mitarbeiter gleichzeitig von der neuen Führungskultur mit flexiblen Zielen.
Und natürlich profitiert letztlich auch das Unternehmen von dieser Situation. Denn nicht nur die Ressourcen werden besser genutzt, auch die vereinbarten Ziele sind sinnvoller. Zudem setzen sich die Mitarbeiter automatisch Ziele, die sie selbst beeinflussen können. Da der Zeithorizont meist auf wenige Wochen oder Monate beschränkt ist, sind die Ziele für die Mitarbeiter besser greifbar – und somit auch wirkungsvoller. Insgesamt steigert sich dadurch die Performance des Unternehmens.
Organisation: Flexibilität fordert weitere Schritte
Die Einführung flexibler Ziele führt aber auch dazu, dass ein Unternehmen dezentraler werden muss. Entscheidungskompetenzen werden von oben nach unten verlagert.
Autor: Andreas Nusko ist Geschäftsführer bei Franz & Wach Personalservice GmbH.