Automobilindustrie im Wandel: Die Berater-Challenge

Ein Szenario, fünf Lösungsansätze: Welche Lehren lassen sich aus der Berater-Challenge ziehen? Welches Transformationskonzept überzeugt? Ingo Weller zieht ein Fazit, das dabei hilft, die Ansätze einzuordnen und zu bewerten.

Die meisten Leser (mich inbegriffen) werden nur eine vage Vorstellung davon haben, was ein tief greifender Wandel für eine Unternehmensgruppe wie WOC bedeuten könnte, wie lange er dauern würde, wie man erfolgreichen Wandel definieren und valide messen könnte und welche Maßnahmen letztlich geeignet wären, um WOC erfolgreich in die Zukunft zu führen. Das hat gute Gründe. Wandel ist ein schwieriges Phänomen, und belastbare empirische Evidenz, die die hier skizzierten Ansätze relativ zueinander bewerten würde, ist mir nicht bekannt. Der Grund für dieses Manko ist darin zu sehen, dass sich im Transformationskontext kaum stabile Vergleichsmaßstäbe finden lassen.

Fehlender Vergleichsmaßstab aufgrund subjektiver Eindrücke

Um den Erfolg einer Transformationsinitiative zu messen, müsste man nach der erfolgten Transformation eine plausible und belastbare Antwort auf die Frage "Wie stünde die WOC-Gruppe heute da, hätte sie keinen oder einen anderen Transformationsansatz gewählt?" finden. Das ist aber eine kontrafaktische und damit rein hypothetische Frage – ein sauberer Vergleich kann empirisch kaum konstruiert werden. Entsprechend gibt es auch für die skizzierten Beratungsmodelle keine belastbare Evidenz, auch wenn dies hier und da suggeriert wird. Was bleibt sind also vorwiegend subjektiv gefärbte Eindrücke. Die Beratungen bieten komplexe Lösungen an, die einen gewissen Grad an Offenheit und Mitwirkung verlangen, also im laufenden Prozess ausgestaltet werden müssen.

Fazit: Unternehmen sollten Fragen stellen

Potenzielle Kunden sollten sich fragen, wie viel Mitwirkung sie beisteuern können und möchten, und aus welcher Grundeinstellung zu Transformationsprozessen sich die (nur eingeschränkte) Bereitschaft zur Mitwirkung speist – ist Transformation ein steuerbarer Managementprozess oder eine emergente Wundertüte? Wie oben ausgeführt, arbeiten die Beratungskonzepte mit ähnlichen Methoden und vergleichbaren Vokabeln wie Strategie, Agilität und Flexibilität. Obwohl sich die Modelle und Vokabeln ähneln, unterscheiden sich die dahinterliegenden Philosophien und Beratungsverständnisse teils deutlich. In der Konsequenz müssen potenzielle Kunden im Dialog herausfinden, was sich hinter den Ansätzen und Floskeln wirklich verbirgt – ein gegebenenfalls mühsamer Prozess. Geht man davon aus, dass Beratungsleistungen "Vertrauensgüter" sind, deren Erfolg man sogar nach der Dienstleistung nicht exakt messen kann, sind Angebote vorzuziehen, die eine klare Sprache verwenden und nachvollziehbare Wirkmechanismen aufzeigen.

Transparenz einfordern hilft bei der Entscheidungsfindung

Die Angebote variieren letztlich stark im Preis, was einerseits mit den Beratungsansätzen korrespondiert, anderseits aber auch mit der unvollständigen Fallbeschreibung zusammenhängen dürfte. Für potenzielle Kunden ohne interne Transformationskompetenz dürfte es nur schwerlich möglich sein, die Angebote kompetent zu beurteilen. Am Ende müssen die Angebote inhaltlich und logisch überzeugen, was einen intensiven und kritischen Dialog erfordert – fordern Sie ihn ein und lassen Sie sich detailliert erklären, was Sie für Ihr Geld bekommen, und warum diese Lösung alternativen Lösungen vorzuziehen ist.


Dieser Artikel stammt aus dem Personalmagazin 05/2019 mit dem Schwerpunkt "Berater-Challenge". Hier können Sie sowohl die komplette Auswertung von Professor Ingo Weller, der Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Ansätze herausgearbeitet hat, lesen, als auch in Kurzform die eingereichten Konzepte der Berater, die einen Blick auf deren Handschrift erlauben. Lesen Sie das gesamte Magazin auch in der Personalmagazin-App.