Nicht nur Bäcker und Metzger leiden unter Azubi-Mangel
Das Wintersemester hat in deutschen Unis gerade begonnen – diesmal mit so vielen Studenten in den Hörsälen wie nie zuvor: 2,8 Millionen Studierende drängen sich dort mittlerweile, wie gerade veröffentlichte Zahlen des Statistischen Bundesamts (Destatis) belegen. Im Vergleich zum vergangenen Wintersemester hat sich Zahl der Studierenden somit um 60.400 (oder 2,2 Prozent) erhöht.
Jeder Dritte Neu-Student bricht sein Studium ab
Viele von ihnen werden jedoch nie ein Abschlusszeugnis ihrer Alma Mater in der Hand halten – zumindest, wenn der bisherige Trend anhält, über den aktuelle Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Aufschluss geben. Laut dem aktuellen OECD-Bericht "Bildung auf einen Blick 2015 " beginnen in Deutschland mittlerweile 53 Prozent eines Jahrgangs ein Studium oder einen anderen tertiären Bildungsgang. Damit liegt Deutschland etwas unter dem OECD-Durchschnitt (60 Prozent).
Weit unter dem OECD-Schnitt von 50 Prozent liegen hingegen die Abschlussquoten in Deutschland: Hierzulande schließen nur 36 Prozent der jungen Menschen ihr Studium oder ihren Bildungsgang auch ab.
Schlechte Nachrichten für Studenten, Chance für Ausbildungsbetriebe
Was für die hoffnungsvollen Studienanfänger, die sich dieser Tage noch mit Elan an ihre ersten Referaten und Hausarbeiten machen, schlechte Nachrichten bedeutet, könnte eine Chance für Ausbildungsbetriebe sein. Denn diese plagen sich zeitgleich mit einem spärlichen Bewerbungseingang und suboptimalen Bewerberprofilen herum.
Wie erste Studien belegen, haben manche Recruiter in Ausbildungsbetrieben die Studienabbrecher als Recruiting-Zielgruppe ins Visier genommen, um die Azubi-Lücken im eigenen Unternehmen zu schließen: Einer Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zufolge verfügt bereits knapp jeder dritte Ausbildungsbetrieb über Erfahrungen mit der Ausbildung von Studienaussteigern, für drei von vier Unternehmen kommt dies grundsätzlich infrage. (Mehr dazu, wie Ausbildungsbetriebe Studienabbrecher in Lohn und Brot bringen können, lesen Sie hier.)
Nach wie vor will kaum einer Koch & Co. werden
Die vom BIBB befragten Azubi-Recruiter machen offenbar aus der Not eine Tugend. Künftig werden sie umso mehr darauf angewiesen sein, alternative Zielgruppen wie Studienabbrechern oder leistungsschwachen Jugendlichen eine Chance auf einen Ausbildungsplatz zu geben. Denn seit 2011 ist der Anteil unbesetzter Ausbildungsplätze in allen Berufsfeldern gestiegen. Im Jahr 2014 hat er durchschnittlich 6,6 Prozent betragen. Das ist ein Ergebnis der ebenfalls gerade erst veröffentlichten Studie "Fachkräfteengpässe in Unternehmen: Der Ausbildungsmarkt für Engpassberufe", die das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln herausgegeben hat.
Die Untersuchung des IW Köln bestätigt einmal mehr, dass die wenigsten Jugendlichen Bäcker, Metzger oder Koch werden wollen: Im Jahr 2014 blieben im Berufsfeld "Lebensmittel" 19,1 Prozent aller Ausbildungsplätze vakant, lautet ein Ergebnis der Studie. Auch im Bereich "Rohstoffe, Glas und Keramik" waren demnach überdurchschnittlich viele Lehrstellen unbesetzt (16,1 Prozent).
Auch Elektriker und Mechatroniker müssen um Nachwuchs kämpfen
Auch in anderen Berufen jenseits von Lebensmittelverarbeitung und Gastronomie fehlen junge Leute: So fanden auch Recruiter in den Bereichen "Verkauf und Tourismus" und "Bau- und Gebäudetechnik" überdurchschnittlich häufig (elf Prozent beziehungsweise 7,7 Prozent) keine geeigneten Kandidaten.
Selbst in Berufsfeldern, die bislang als attraktiver galten und in denen im Jahr 2011 noch fast alle Ausbildungsstellen besetzt werden konnten, haben es die Recruiter inzwischen schwerer: So stieg beispielsweise die Zahl der offenen Nachwuchsstellen im Berufsfeld "Metall" zwischen 2011 und 2014 von 2,8 auf 4,4 Prozent oder im Berufsfeld "Energie, Elektro und Mechatronik" von 2,5 auf 4,4 Prozent.
Weniger Schulabgänger im Osten, Wirtschaftsboom in Bayern
Einmal mehr zeigt die IW-Untersuchung auch, dass es regional große Unterschiede gibt, wenn es um die Frage geht, wie gut oder schlecht Unternehmen Azubis finden. Besonders hart trifft es demnach Firmen in Ostdeutschland und Bayern. Im Arbeitsagenturbezirk Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern etwa blieb 2014 fast jede vierte Ausbildungsstelle unbesetzt (23,6 Prozent), im niederbayrischen Passau waren es 14,6 Prozent.
Die Gründe für den Azubi-Mangel an den beiden genannten Orten sind indes unterschiedlich: Im Osten der Republik ist die Zahl der Schulabgänger stark gesunken, in Bayern boomt die Wirtschaft, wodurch es einen steigenden Bedarf an Fachkräften und Azubis gibt, so die Erklärung der IW-Autoren.
Tipps: Weitere Infos zum Thema "Berufsausbildung"
- Die aktuellen Studierendenzahlen des Statistischen Bundesamts – auch nach Bundesländern aufgeschlüsselt – finden Sie hier: www.destatis.de
- Den OECD-Bericht "Bildung auf einen Blick 2015" können Sie hier einsehen: www.oecd.org
- Den kompletten Bericht des IW Köln mit weiteren Ergebnissen können Sie lesen unter: www.iwkoeln.de
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