Das ungeliebte Kündigungsgespräch
Aus Praxis und Forschung wissen wir, dass niemand gerne schlechte Nachrichten überbringt. Das gilt auch für Kündigungen. Doch auch wenn es unangenehm ist, sollte man sich nicht vor einem Kündigungsgespräch drücken. Aber wie sieht es tatsächlich aus in der Praxis mit den Kündigungsgesprächen? Diese Frage war Gegenstand einer aktuellen Studie zur Kündigungspraxis in Deutschland, die vom Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität des Saarlandes in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen Balfanz Unternehmensentwicklung durchgeführt wurde.
Viele drücken sich ums Kündigungsgespräch
Die Ergebnisse der Studie sind überraschend: In nur 84 Prozent aller Fälle wird überhaupt ein Kündigungsgespräch geführt – in kleineren Firmen (unter 200 Mitarbeitern) sogar häufiger als in größeren Firmen (über 200 Mitarbeitern). Bei letzteren überbringt meist die Post (sechs Prozent) oder ein Bote (elf Prozent) die Nachricht. Gerade bei verhaltensbedingten und bei personenbedingten Kündigungen wird besonders oft auf ein persönliches Kündigungsgespräch verzichtet, insbesondere in größeren Unternehmen.
Kündigungsgespräch ist nicht automatisch Chefsache
Und wenn es Kündigungsgespräche gibt, nimmt an diesen der direkte Vorgesetze in kleineren Firmen nur bei der Hälfte der Gespräche (53 Prozent) teil. In größeren Firmen sieht es wenig anders aus: Der direkte Vorgesetzte ist auch nur in knapp zwei Drittel aller Fälle anwesend (64 Prozent). Kündigen scheint also nicht automatisch „Chefsache“ zu sein.
In der klaren Mehrzahl der Gespräche ist die Arbeitgeberseite mit zwei oder drei Personen vertreten – vielleicht auch, um das Unangenehme auf mehrere Schultern zu verteilen und um juristisch keinen Fehler zu machen. Bei kleineren Firmen ist die Geschäftsleitung genauso häufig anwesend wie der direkte Vorgesetzte, und das formelle Aussprechen der Kündigung übernimmt dann in der Hälfte der Fälle auch die Geschäftsleitung.
Auch Personaler und Betriebsrat häufig beteiligt
Bei größeren beteiligt sich stattdessen bei 77 Prozent der Gespräche auch ein Mitarbeiter der Personalabteilung, der in mehr als einem Drittel der Fälle auch die Aussprache der Kündigung übernimmt – häufiger noch als der direkte Vorgesetzte oder die Geschäftsleitung.
Bei größeren Betrieben nimmt in etwa einem Viertel der Gespräche auch noch ein Mitglied des Betriebsrats teil. Dies wird es bei kleineren Firmen oft nicht geben. Ein Grund hierfür dürfte sein, dass gerade im Fall einer zerrütteten Beziehung zwischen Vorgesetzten und Unterstellten ein Mitglied des Betriebsrats deeskalierend wirken könnte.
Dauer des Kündigungsgesprächs
Das durchschnittliche Kündigungsgespräch dauert etwa 29 Minuten, mit einer durchschnittlichen Abweichung von plus/minus 17 Minuten. Dabei gibt es eine Spanne von einer Minute bis 90 Minuten.
Vorbereitung auf das Kündigungsgespräch
Laut unserer Umfrage haben sich die, die die Kündigung aussprechen, relativ wenig systematisch auf das Kündigungsgespräch vorbereitet – zwölf Prozent sogar gar nicht. Fast drei Viertel (71 Prozent) haben lediglich die Personalakte gesichtet und versucht, sich die Hintergründe des Mitarbeiters vor Augen zu führen. Wer aber Personalakten aus dem Alltag kennt, der weiß, wie wenig Informationen die meisten dieser Dokumente liefern. Am ehesten wurde noch eine Checkliste zur Vorbereitung genutzt (17 Prozent) oder man hat sich beim eigenen Vorgesetzten oder bei der Personalabteilung informiert (14 Prozent). Ein Training erhielten nur sechs Prozent aller Befragten. Unterschiede zwischen großen und kleinen Unternehmen gab es hier kaum.
Tipp: Wie Sie sich auf ein Kündigungsgespräch vorbereiten können, lesen Sie in unserem Top-Thema "Keine Angst vor dem Kündigungsgespräch".
Training und Weiterbildung zum Thema Kündigungsgespräche gewünscht
Die bescheidene Vorbereitung geht mit einem hohen Informations- oder Unterstützungsbedarf der Gesprächsführer einher. 78 Prozent wünschen sich Unterstützung für das Kündigungsgespräch. Dabei geht es nur einem Fünftel der Befragten (19 Prozent) um juristische Weiterbildung. Über ein Drittel (38 Prozent) hat dagegen Interesse an einem Training zum Thema „Trennungsmanagement“; 40 Prozent wünschen sich sogar ein Training, bei dem man lernen kann, mit den Emotionen der Gekündigten umzugehen. Das zeigt, wie schwierig Kündigungsgespräche für alle Beteiligten sind.
Über die Studie
Für die Studie wurden 244 Fragebögen ausgewertet. Die Teilnehmer, 122 Männer und 122 Frauen, waren im Mittel 43 Jahre alt. Rund die Hälfte der Angaben stammt aus Unternehmen, in denen mehr als 100 Mitarbeiter beschäftigt sind. Die Rückmeldungen kamen aus nahezu allen Bereichen der Wirtschaft, die Branchen Handel und IT stellten mit zusammen 22 Prozent die stärkste Fraktion. Rückmeldungen erhielten wir außerdem aus allen Hierarchiestufen von Unternehmern, Führungskräften und Mitarbeitern aus dem Personalbereich. Zudem gab es Auskünfte zu allen Kündigungsarten – betriebsbedingt, verhaltensbedingt und personenbedingt.
Autoren:
Prof. Dr. Cornelius König ist Inhaber des Lehrstuhls für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität des Saarlandes.
Dr. Manuela Richter ist Postdoktorandin am Lehrstuhls für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität des Saarlandes.
Dies ist ein Auszug aus dem Artikel "Wie Unternehmen kündigen", der im Personalmagazin Ausgabe 3/2017 erschienen ist. Hier können Sie sich die Personalmagazin-App auf Ihr Handy oder Tablet herunterladen und den vollständigen Artikel lesen.
Weitere Informationen zu Kündigungsgesprächen finden Sie auch in dem Buch „Schwierige Mitarbeitergespräche“ von Franz Hölzl und Nadja Raslan. Hier können Sie das Buch im Haufe-Shop bestellen.
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