Jeder kennt die Situation: Der engagierte Vorgesetze oder Kollege möchte das Team zu genialen Ideen antreiben – und zwar sofort. Also versucht er die Mitarbeiter zu motivieren mit Imperativen wie: "Seien Sie kreativ! Seien Sie spontan! Lassen Sie sich etwas einfallen!". Ganz sicher erstickt er damit jegliche Kreativität und Spontaneität im Kern. Ähnlich verhält es sich auch mit der gerne auf Betriebsfeiern und -ausflügen geäußerten Aufforderung "Habt Spaß!": Auch sie ist ein Garant dafür, dass sich am Ende wirklich keiner mehr amüsiert. Doch warum schlagen diese gut gemeinten Aufforderungen nicht an? Der Grund dafür liegt im Widerspruch des Befehls mit dem Gesprächskontext: Der Befehlsempfänger ist an beides gebunden (man spricht deshalb von einer "Doppelbindung"), kann aber immer nur einem der Ansprüche nachkommen.
Das ist der Entscheidungsfehler: Eine Doppelbindung liegt vor, wenn Aufforderungen oder Appelle einen inneren Widerspruch oder Rollenkonflikt bei dem Angesprochenen auslösen. Dieser wird (meist ungewollt) in ein Dilemma geführt. Er muss nämlich entscheiden, ob er dem Wortlaut der Bitte oder Anweisung folgt oder den entgegengesetzten, sonstigen Signalen der Kommunikation (unterschwellige Erwartungen, Gepflogenheiten, hierarchisches Verhältnis). Wie der Angesprochene es auch macht, er macht es nie ganz richtig. Der in diesem Zusammenhang oft zitierte Beispielsatz "Sei spontan!" bedeutet letztlich verordnete Spontaneität. Der Adressat kann die Aufforderung nicht befolgen, ohne gegen sie zu verstoßen.
Ein Beispiel aus der Praxis verdeutlicht dies:
Ähnlich kritikwürdig ist der nachfolgende Satz eines Vorgesetzten zu seinem Mitarbeiter: "Wenn Sie die richtige Einstellung hätten, würden Sie das gerne machen!" Der Vorgesetzte darf um die konkret gewünschte Aktivität oder Erledigung bitten: "Bitte machen Sie das und das", "Bitte prüfen Sie dies und jenes künftig ein Mal pro Woche" oder "Bitte erledigen Sie dies und jenes bis zu diesem Stichtag". Heikel jedoch ist die Verknüpfung der Anweisung mit der gewünschten Einstellung, wie der Mitarbeiter das erledigen soll, nämlich die Erwartung, dass der Mitarbeiter die Arbeit nicht nur machen, sondern gerne machen müsse, um okay zu sein.
So können Sie den Fehler vermeiden:
Das Dilemma der Doppelbindung tritt meist in hierarchischen Verhältnissen oder Abhängigkeitsbeziehungen auf.
Es lassen sich zwei Rollen unterscheiden: die aktive und die passive, auch wenn die Beziehung interaktiv und damit systemisch ist.
Die aktive Rolle bedeutet, dass Sie mit Ihren Wünschen oder Aufforderungen eine Doppelbindung auslösen.
Die passive Rolle bedeutet, dass Sie Adressat einer Doppelbindung sind, das heißt ein Dritter von Ihnen ein dilemmahaftes Verhalten erwartet. Entsprechend lassen sich hierfür unterschiedliche Hinweise geben:
Aktiv: Achten Sie konsequent darauf, keine Anweisungen, Empfehlungen oder Wünsche mit Doppelbindungscharakter zu geben. Richten Sie Anweisungen, Wünsche, Erwartungen und so weiter stets auf konkretes Verhalten und nicht auf Einstellungen, Sichtweisen oder Gefühle.
Beispiele:
Korrekt: Bitte führen Sie künftig jeden Monat selbstständig einen Mahnlauf durch.
Falsch: Wenn Sie Ihren Job mit Engagement machen würden, würden Sie von alleine daran denken, dass jeden Monat ein Mahnlauf nötig ist.
Korrekt: Bitte bringe mir morgen Blumen mit.
Falsch: Wenn Du mich lieben würdest, würdest Du von alleine auf die Idee kommen, mir Blumen mitzubringen.
Passiv:
Wenn Sie "Adressat" einer Doppelbindung sind, dann könnte Folgendes helfen: Den Doppelbindungscharakter der Anweisung, Bitte und so weiter erkennen und sich selbst bewusst machen.
Bei einer Doppelbindung können Sie nicht gewinnen – also sind Sie auch nicht verantwortlich dafür, dass Sie verlieren, das heißt der Anweisung nicht entsprechen oder die Bitte nicht erfüllen können.
Die Entscheidungstipps und Beispiele sind ein Auszug aus dem Haufe-Buch von Hartmut Walz "Einfach genial entscheiden: Die 50 wichtigsten Erkenntnisse für Ihren beruflichen Erfolg", Haufe Verlag, Freiburg 2013, 224 Seiten, 19,95 Euro. Sie können es hier erwerben.