Führung: Männliche Narzissten sind gerne Chef

Eine US-Studie zeigt: Narzissten sind meist Männer, die sich durch ein größeres Durchsetzungsvermögen und Machtstreben auszeichnen als ihre weiblichen Kollegen. Die Autoren vermuten, dass Frauen ihren Narzissmus eher unterdrücken – und unter anderem deshalb seltener im Top-Management vertreten sind.

Das sind die Erkenntnisse einer Studie, die Wissenschaftler der School of Management  der University at Buffalo durchgeführt haben. Bei ihrer Studie stützten sie sich auf die Datensätze von insgesamt 475.000 Studienteilnehmern aus drei Jahrzehnten Narzissmusforschung. Die Studie soll in der kommenden Ausgabe der Fachzeitschrift "Psychological Bulletin" veröffentlicht werden.

Demnach beobachteten die Forscher bei Männern durchgängig höhere Narzissmuswerte als bei Frauen – und zwar über Generationen und Altersklassen hinweg, wie die Autoren auf der Website der Uni berichten.

Narzissten tun sich gern als Leader hervor

Wie sich der Narzissmus bei den Studienteilnehmern manifestierte, beschreiben die Wissenschaftler dort ebenfalls. "Narzissmus wird mit verschiedenen interpersonalen Dysfunktionen in Verbindung gebracht, etwa die Unfähigkeit, langfristig funktionierende Beziehungen aufrecht zu erhalten, unethisches Verhalten und Aggression", schreibt Studienleiterin Emily Grijalva, die an der Uni Buffalo eine Juniorprofessur in Organisationslehre und Personalmanagement hält.

Gleichzeitig zeige sich aber, dass Narzissmus auch das Selbstwertgefühl, die emotionale Stabilität und die Tendenz, sich als Leader hervorzutun, steigere. "Indem wir Geschlechtsunterschiede beim Narzissmus untersuchen, können wir womöglich die Unterschiede zwischen den Geschlechtern bei diesen wichtigen Folgen erklären", hofft Grijalva.

Dass narzisstische Persönlichkeiten für ein Unternehmen auch durchaus positive Eigenschaften mitbringen, hatte vor zwei Jahren auch eine gemeinsame Studie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), der IMD Lausanne und der Pennsylvania State University gezeigt: Demnach treiben narzisstische Chefs Innovationen im Unternehmen maßgeblich voran.

Männer und Frauen zeigen sich gleich eitel

Die Forscher der aktuellen Studie aus Buffalo untersuchten die Unterschiede zwischen Männern und Frauen in puncto Narzissmus anhand von drei Aspekten: Leadership und Autorität, Selbstdarstellung sowie Anspruchsdenken.

Den größten Unterschied stellten sie beim Thema "Anspruchsdenken" fest: Männer tendieren demnach häufiger als Frauen dazu, andere auszunutzen und dazu, sich privilegiert zu fühlen.

Den zweitgrößten Unterschied beobachteten die Studienautoren beim Thema "Leadership und Autorität": "Im Vergleich mit Frauen legen Männer mehr Durchsetzungsvermögen und Machtstreben an den Tag", hat Studienleiterin Grijalva beobachtet. Keinen Unterschied bemerkten die Forscher dagegen bei der Selbstdarstellung: Männer und Frauen strahlten demnach in gleichem Maße Eitelkeit oder Selbstverliebtheit aus.

Unterdrücken Frauen narzisstisches Verhalten?

Darüber hinaus analysierten die US-Forscher auch Daten von Collegestudenten, die aus dem Zeitraum zwischen 1990 und 2013 stammen. Dabei entdeckten sie keinerlei Hinweise darauf, dass die Zahl der Narzissten unter den Männern oder den Frauen über diesen Zeitraum zugenommen hat.

Die Forschung habe gezeigt, dass Persönlichkeitsunterschiede wie Narzissmus aus fest verwurzelten Stereotypen und Erwartungen entstehen kann, schreiben die Studienautoren. Sie vermuten, dass die Tatsache, dass Frauen bislang im oberen Management noch unterrepräsentiert sind, teilweise aus den Diskrepanzen zwischen stereotypen Vorstellungen von Weiblichkeit und  Leadership herrühren könnte.

"Individuen tendieren dazu, Geschlechterrollen in jungen Jahren zu beobachten und zu lernen, und sehen sich mit Widerständen konfrontiert, wenn sie von gesellschaftlichen Normen abweichen", erläutert Grijalva. "Vor allem Frauen werden oft hart kritisiert, wenn sie aggressiv oder autoritär sind, was dazu führt, dass die Frauen mehr als Männer den Druck verspüren, narzisstisches Verhalten zu unterdrücken", so die Theorie der Studienleiterin.

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