Hohenheimer Verständlichkeits-Index: CEOs, die Klartext reden

Bis Ende Juni noch analysieren Forscher der Uni Hohenheim, wie verständlich die CEOs der Dax 30 sprechen. Ein Zwischenfazit gibt es bereits: Die Top-Manager bemühen sich immer mehr, statt Fachjargon und Floskeln verständliche Formulierungen zu nutzen. Wer die Klartext-Skala zur Halbzeit anführt.

Klartext von Kauderwelsch unterscheiden: Das haben sich Forscher der Universität Hohenheim auf die Fahnen geschrieben – und erhoben vor vier Jahren erstmals den sogenannten "Hohenheimer Verständlichkeit-Index". Mittlerweise läuft die fünfte Runde der Analyse. Bis Ende Juni noch prüfen die Wissenschaftler die CEO-Reden aller Dax-30-Unternehmen auf formale Verständlichkeit.

Erste Ergebnisse haben die Hohenheimer bereits vorab veröffentlicht: Auf einer Skala von 0 (gar nicht verständlich) bis 20 (optimal verständlich) lag der Wert zur Halbzeit der Analyse bei 14,2 Punkten. Das bedeutet im Klartext: Die Verständlichkeit deutscher Manager hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert – bei der ersten Analyse im Jahr 2012 hatte der Durchschnittswert noch bei mageren 9,8 gelegen.

Halbzeitfazit: RWE-Chef spricht am verständlichsten

Wer bislang Deutschlands verständlichste CEOs sind, haben die Wissenschaftler ebenfalls vorab bekannt gegeben: Zur Halbzeit führt demnach RWE-Chef Peter Terium das Ranking an – mit 18,2 Punkten auf dem "Hohenheimer Verständlichkeits-Index". Auf Platz zwei folgt der frühere Vorstandsvorsitzende von Bayer, Marijn Dekkers, der zum 1. Mai zu Unilever gewechselt ist, mit 17,9 Punkten. Beide haben sich damit im Vergleich zum Vorjahr wesentlich verbessert (plus 3,3 Punkte beziehungsweise plus 4,3 Punkte). Auf dem dritten Platz liegt zur Halbzeit Dieter Zetsche, Daimler, mit 16,9 Punkten (plus 1,5 Punkte).

So wie Zetsche und Co. haben sich bislang die meisten Redner der ersten Halbzeit im Vergleich zum Vorjahr verbessert, vermelden die Hohenheimer Wissenschaftler. "Zur Halbzeit liegen die CEO-Reden bei einem Durchschnittswert von 14,2 Punkten – das sind 1,2 Punkte mehr als zum Abschluss des CEO- Rankings im Jahr 2015 und starke 4,4 Punkte mehr als zum Abschluss unserer ersten Untersuchung im Jahr 2012", kommentiert Professor Frank Brettschneider, Co-Autor der Studie, die bisherigen Ergebnisse.

Verständnishürden: Bandwurmsätze, abstrakte und Fachbegriffe

Ein Grund für die Entwicklung sei, dass die CEOs zunehmend Reden hielten, die sich nicht nur an institutionelle Anleger, Analysten sowie Finanz- und Wirtschaftsexperten richten. "Sie haben die Hauptversammlung für Reden genutzt, die auch für eine breitere Öffentlichkeit verständlich sind", so Brettschneider. "Für den Auf- und Ausbau von Reputation ist dies sinnvoll."

Offenbar vielfach mit Erfolg: "Viele CEOs bemühen sich erfolgreich, Fachsprache so zu übersetzen, dass auch fachfremde Personen den Inhalt der Rede verstehen", sagt Co-Autorin Claudia Thoms.

Einige Vorstandsvorsitzende verschenkten jedoch nach wie vor die Chance, mit ihren Reden eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, bemängeln die Autoren. Die wesentlichen Verständlichkeits-Hürden seien Bandwurmsätze, abstrakte Begriffe, zusammengesetzte Wörter und nicht erklärte Fachbegriffe.

"Das Ergebnis ist dann leider Kauderwelsch statt Klartext. Dabei gilt: Nur wer verstanden wird, kann auch überzeugen. Daher sollten einige Grundregeln für verständliche Reden eingehalten werden: kurze Sätze, gebräuchliche Begriffe, Fachbegriffe übersetzen und zusammengesetzte Wörter möglichst vermeiden", erklärt Brettschneider die Erfolgsformel.

Über den "Hohenheimer Verständlichkeits-Index"

Den "Hohenheimer Verständlichkeits-Index" führen die Wissenschaftler dieses Jahr zum fünften Mal in Folge in Kooperation mit dem Handelsblatt durch. Basis des Rankings ist eine spezielle "Klartext-Formel", die Kommunikationswissenschaftler Brettschneider von der Universität Hohenheim zusammen mit der H & H Communication Lab GmbH entwickelt hat. Die Skala des Index' reicht von 0 (formal unverständlich) bis 20 (formal sehr verständlich).

Die Auswertung erfolgt mit einer speziellen Software. Diese überprüft Rede-Manuskripte auf zahlreiche Wort- und Satzmerkmale. Dazu gehören durchschnittliche Satzlänge, Anteil der Sätze mit mehr als 20 Wörtern, Anteil der Schachtelsätze und der Sätze mit mehr als zwei Informationseinheiten, Anteil der Passiv-Sätze, durchschnittliche Wortlänge, Anteil abstrakter Substantive, Fremdwörter oder Wörter aus dem Grundwortschatz.

Die kompletten Ergebnisse des Rankings sollen Anfang Juli vorliegen. Mehr dazu erfahren Sie dann an dieser Stelle.


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