Drei Prozent mehr Aktienrendite. Gibt es ein besseres Argument für Talente?
Was man dafür tun muss? Nichts! Vor allem nicht heiraten. Dies fanden Nikolai Roussanov und Pavel Savor von der Universität Pennsylvania mit ihrer weltweiten Untersuchung von 1.500 börsennotierten Unternehmen heraus. Ledige Vorstandvorsitzende erzielen im Durchschnitt eine beeindruckend höhere Aktienrendite. Die beiden Wissenschaftler erklären dies mit stärkerer Risikoneigung von unverheirateten CEOs und deren konsequent aggressiver Business-Strategie. So klingt die Logik von Finanzökonomen.
Weitere Erklärungsmuster
Was aber würden andere Experten als Erklärungsmuster rund um den renditescharfen Single-Boss sehen? Lassen Sie uns heute einfach mal die Runde drehen:
Ein Therapeut kann sich vielfältiger Deutungen bedienen – etwa dem, dass Aktienrendite lediglich ein billiger Ersatz für unerfüllte Kindheitsträume von Talenten nach Nestwärme, Anerkennung, Wertschätzung sei.
Psychologen denken bereits wieder anders. Sie würden – etwa als Transaktionsanalytiker – beim ledigen CEO ein angepasstes Kind-Ich erkennen, für das der Streng-dich-an-Antreiber und die Gehöre-nicht-dazu-Einschärfung einen motivierenden Drive erzeugen.
Nun zum Soziologen, für den die mit höherer Aktienrendite erzielbare Machtposition in der Firma zum Leitstern wird. Macht, die einem unverheirateten Boss im Spielfeld Familie nicht zugänglich sei. Talente müssten sich eben mächtig entscheiden, hier oder dort.
Hingegen denkt ein Betriebswirt nicht in Macht, sondern in Markt. Und er denkt daran, wie sich durch die Talente die Ressourcenallokation optimieren lässt. Frei von privaten Begrenzungen durch jedwede "Significant Others" könne ein Single an der Spitze seinen Fokus auf das wirklich Wichtige im Talentleben richten, den Shareholder-relevanten Börsenkurs.
Schließlich noch zum Begründungsansatz eines Juristen, der nach Professor Lundmark von der Universität Münster „logisch schlüssig denken“ kann, „allerdings nur im Zusammenhang mit Normen“.
Der Gesetzgeber sollte deshalb – dies meint der Kolumnist jetzt – zur Steigerung der Börsenperformance einen Passus im Aktiengesetz ergänzen, dass verheiratete Vorstandsvorsitzende mit Amtsübernahme ihre Scheidung einzureichen hätten.
Hoffnung im Übermorgen
Ein Nebensatz im Artikel der beiden amerikanischen Autoren könnte karrierebewusste Talente mit Familiensinn aus der Zwickmühle helfen: „These effects are weaker for older CEOs“. Sie dürfen in ihrem fünften Frühling also endlich den Bund fürs restliche Leben schließen.
Martin Claßen hat 2010 das Beratungsunternehmen People Consulting gegründet. Talent Management gehört zu einem seiner fünf Fokusbereiche in der HR-Beratung.