Der Vorteil der DIN SPEC gegenüber einer nicht standardisierten Vorgehensweise zur Schaffung eines BGM liegt darin, dass die Anforderungen an das Gesundheitsmanagement vollständig beschrieben sind. Mit der Spezifikation für betriebliches Gesundheitsmanagement gelingt es, das Verständnis für die Thematik zu verbessern. So ist beobachtbar, dass grundlegende Begrifflichkeiten wie betriebliche Gesundheitsförderung und betriebliches Gesundheitsmanagement bisher synonym verwendet werden, diese in ihrer ursprünglichen Bedeutung jedoch unterschiedliche Vorgehensweisen in der mitarbeiterzentrierten Gesundheitsarbeit beschreiben.
Dieses Verständnisproblem setzt sich über die begrifflichen Grundlagen hinaus ebenfalls in der Vorgehensweise beim Aufbau von BGM-Systemen fort. Aus dem Verständnisproblem arbeits- und gesundheitswissenschaftlicher Konzepte erwachsen häufig planlose, punktuelle und ad-hoc-gestaltete Interventionen, deren Erfolg oft überschaubar ist. Hier bringt die DIN SPEC neben der Verständlichkeit auch Orientierung und Handlungssicherheit für die effektive Gestaltung des BGM.
Das erhöht auch die Qualität der gesundheitsförderlichen Entwicklung des Unternehmens und die Befähigung der Mitarbeiter zur eigenen Gesunderhaltung, wie es das BGM im klassischen Sinne anstrebt. Untersuchungen zeigen, dass viele Unternehmen das eigene Gesundheitsmanagement als verbesserungswürdig einstufen. Knapp die Hälfte der Unternehmen sieht zudem einen Bedarf für eine Norm zum einheitlichen Verständnis über betriebliches Gesundheitsmanagement.
Vorteil im Wettbewerb um Fachkräfte
In diesem Kontext müssen auch die bereits bestehenden Standardisierungsversuche angesprochen werden: Die unterschiedlichen Herangehensweisen und Inhalte erschweren den Unternehmen eine Übersicht über die bestehenden Systeme, was die Entscheidungsfindung behindert. Dementsprechend werden zur Verleihung der damit einhergehenden Awards und Zertifikate häufig sehr unterschiedliche Kriterien herangezogen. Nicht zu bestreiten ist, dass diese Auszeichnungen für die Unternehmen wertvolle Bekundungen der Mitarbeiterfokussierung sind, die ein Vorteil im Wettbewerb um Fachkräfte sein können. Eine Zertifizierung nach der DIN SPEC gewährleistet jedoch neben der positiven Außenwirkung ebenfalls die eigentlich angestrebte gesundheitszentrierte Optimierung der Arbeitsbedingungen und -prozesse.
Nachteile
Ein Kritikpunkt ist, dass mit der Formulierung der DIN SPEC 91020 und deren Zertifizierungsmöglichkeit für Unternehmen der Markt noch unübersichtlicher wird. Hier muss allerdings der Stellenwert und das Vertrauen in die DIN als normgebende Institution mit in die Betrachtung einbezogen werden.
Wie jeder andere Standard ist auch die DIN SPEC dem Argument der Einengung ausgesetzt. Standards schaffen durch ihre Anforderungen Grenzen zur eigengesteuerten, kreativen Entwicklung. Die Formulierung der DIN SPEC versucht daher lediglich wesentliche Grundlagen im Hinblick auf die Struktur und die Vorgehensweise des BGM-Systems vorzugeben. Sie trifft aber zum Beispiel keine Aussagen über spezifische Maßnahmen des BGM, sondern regelt nur, wie diese bedarfsgerecht ermittelt werden können. Die Kreativität, die ein BGM aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen in den Unternehmen zweifellos benötigt, wird so nicht gefährdet. Bei der Erstellung der DIN SPEC wurde zudem ausdrücklicher Wert auf eine allgemeingültige Formulierung gelegt. Damit soll gewährleistet werden, dass die Anwendung unabhängig von Betriebsgrößen, -arten und geographischen, kulturellen und sozialen Bedingungen ist.
Häufiges Hindernis bei der Entscheidungsfindung für ein BGM allgemein ist der damit verbundene Aufwand für die Organisation. Hier ist die DIN SPEC keine Ausnahme: Die Einführung bzw. Entwicklung des Gesundheitsmanagementsystems nach den Vorgaben der Spezifikation setzt die Bereitschaft zur Investition von Zeit, Arbeitskraft und finanziellen Mitteln voraus.
Ein direkter Nachteil für die Spezifikation können die zusätzlichen Kosten für die Zertifizierung sein. Ähnlich wie bei anderen Awards und Zertifikaten entstehen zusätzliche Kosten. Der Untersuchung des Instituts für Gesundheit und Management zur Folge stellen die erwarteten hohen Kosten und fehlende zeitliche Ressourcen die bedeutendsten Barrieren für eine Zertifizierung dar.