Ulrich Weber zur Personalplanung 2.0 der Bahn

Nach dem Mainzer Debakel hat die Deutsche Bahn ihre Personalplanung überprüft und justiert. Personalvorstand Ulrich Weber erklärt im Interview, wie sich die Bahn mit diesen Plänen nun langfristig und trotzdem flexibel aufstellt – damit keine Fehler mehr unterlaufen.

Haufe Online-Redaktion: Die Personalplanung der Bahn wurde innerhalb von zweieinhalb Monaten grundlegend überprüft. Inwiefern ist jetzt sichergestellt, dass künftig die Pläne flexibler und schneller den Bedürfnissen angepasst werden können?

Weber: Um Schnelligkeit allein kann es hier nicht gehen. Es gibt bei uns wie in anderen Konzernen auch einen regelmäßigen jährlichen Planungsprozess. Auch heute schon steuern wir bei der Personalplanung unterjährig nach, wenn sich die Rahmenbedingungen verändern. Im Fokus muss stehen, noch nachhaltiger und vorausschauender zu planen. Viele komplexe Tätigkeiten in unserem Unternehmen sind mit hohen, teilweise DB-spezifischen Qualifikationsanforderungen verbunden und verlangen Berufserfahrung. Es braucht also einen entsprechenden zeitlichen Vorlauf, bis diese Mitarbeiter rekrutiert, qualifiziert und einsatzfähig sind. Das heißt, Unternehmen müssen besonders vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und des Arbeitsmarkts ihren Blick weiter schärfen und darauf ihre Personalplanung abstellen. Um hier noch mehr Klarheit zu schaffen, haben wir mit dem Konzernbetriebsrat vereinbart, dass neben den bestehenden Regelungen in den einzelnen Geschäftsbereichen konzernweit einheitliche Prämissen für die Personalplanung auf den Weg gebracht werden. Ziel dieser Rahmenregelung ist es, noch zielgenauer auf die demografische Entwicklung und damit die Altersstruktur und Fluktuation zu schauen.

Haufe Online-Redaktion: Wie langfristig ist die neue Personalplanung nun angelegt?

Weber: Unsere Personalplanung ist grundsätzlich Bestandteil der Mittelfristplanung auf fünf Jahre. Diese wird jedes Jahr, auch unterjährig, überprüft. Denn es kann sein, dass aktuelle Geschäftsentwicklungen, zum Beispiel Ausschreibungsverluste oder neue Geschäfte, auch bei der Personalplanung neu berücksichtigt werden müssen. Um die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Personalplanung auf eine nachhaltige Grundlage zu stellen, hat die DB vor drei Jahren eine strategische Personalplanung eingeführt. Mit ihr können wir die Entwicklung des Personalbestands für große erfolgskritische Mitarbeitergruppen über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren simulieren. Das  macht die künftigen Auswirkungen heutiger Personalmaßnahmen sichtbar und verbessert die Planungsbasis. Dabei berücksichtigt sind Faktoren wie Alterung, Kranken- und Fluktuationsquoten sowie Entwicklungswege innerhalb einer Tätigkeit. Das wollen wir weiterentwickeln und verbessern. Die aktuelle Überprüfung in den vergangenen Monaten bezog sich auf 2014. Wir haben das gemacht, weil sich an den bedauerlichen Mainzer Vorfällen gezeigt hat, dass wir offensichtlich noch Hausaufgaben zu machen hatten. Dabei haben wir in 330 Betrieben gemeinsam mit den örtlichen Betriebsräten die Situation bei Mehrarbeit, Urlaubsrückständen und die Personalplanung nebeneinander gelegt und sehr sorgfältig ausgewertet. Die Erfahrungen dabei fließen nun ein in den normalen Prozess.

Haufe Online-Redaktion: Allein aufgrund der natürlichen und altersbedingten Fluktuation muss die Deutsche Bahn (DB) bis 2020 jährlich rund 5.000 bis 7.000 neue Mitarbeiter einstellen. Die neue Planung sieht für das kommende Jahr weitere 1.700 Neueinstellungen vor. Mit welchen Recruiting-Maßnahmen sollen die neuen Mitarbeiter angeworben werden?

Weber: Die DB hat sich vor eineinhalb Jahren im Bereich der Personalgewinnung komplett neu aufgestellt. Wir sind bereits ganz gut gerüstet. Das zeigen die bloßen Zahlen: Allein 2013 haben wir insgesamt bereits über 8.500 neue Mitarbeiter extern eingestellt, in den Jahren 2011 und 2012 waren es insgesamt über 20.000. Und auch in den nächsten Jahren stellen wir im Schnitt pro Jahr alleine bis zu 7.000 neue Mitarbeiter ein, um diejenigen zu ersetzen, die uns verlassen. Was haben wir gemacht? Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und der enger werdenden Bewerbermärkte haben wir die Gewinnung von neuen Mitarbeitern als eines der strategischen HR-Themen auf dem Weg zum Top Arbeitgeber definiert. Seither bündeln wir alle Hebel für eine erfolgreiche Personalgewinnung unter einem Dach: Employer Branding, Recruiting, Schul- und Hochschulkooperationen, Social Media, Kandidatenpools, Internationale Personalgewinnung et cetera. Sieben dezentrale Teams verantworten das operative Recruiting und Personalmarketing in enger Zusammenarbeit mit den Geschäftsfeldern. Dieser ganzheitliche Ansatz zeichnet uns aus. Mittlerweile werden wir als DB stärker im Markt wahrgenommen, wie der große Zuspruch auf unsere Arbeitgeberkampagne "Kein Job wie jeder andere" und die vielen Bewerbungen in den vergangenen Monaten eindrucksvoll zeigen. Wir sind also bereits auf gutem Weg, müssen aber noch einiges tun. 



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