Die Beschäftigten wollen Verlässlichkeit
"Eine gute Vertrauenskultur am Arbeitsplatz ist mir sehr wichtig", sagen 71 Prozent der Fachkräfte und weitere 28 halten eine gute Vertrauenskultur zumindest für "eher wichtig". Im Umkehrschluss heißt das: Nur für äußerst wenige Beschäftigte – ein Prozent – ist Vertrauen eher nicht wichtig. Für "gar nicht wichtig" hält keiner oder keine der 3.000 Befragten aus dem Blue-Collar-Bereich das Vertrauen am Arbeitsplatz.
Doch in der Unternehmenspraxis ist es nicht zu gut um das Thema Vertrauen bestellt. Nur 23 Prozent der Fachkräfte empfinden die Vertrauenskultur als "sehr gut" und weitere 52 Prozent halten sie für "eher gut". Für weniger gut erachten 21 Prozent das Vertrauen am Arbeitsplatz und vier Prozent sagen sogar: "Die Vertrauenskultur in meinem Unternehmen ist gar nicht gut". Das fand Meinestadt.de in einer repräsentativen Online-Befragung durch das Marktforschungsinstitut Bilendi heraus.
Bessere Vertrauenskultur in Kleinunternehmen
Wie die Studie zeigt, ist das Vertrauen in die direkte Führungskraft relativ hoch (28 Prozent vertrauen ihr "voll und ganz" und weitere 49 Prozent vertrauen ihr "eher viel"), das Vertrauen in die Geschäftsleitung dagegen geringer (20 Prozent vertrauen ihr "voll und ganz" und 44 Prozent vertrauen "eher viel"). Das kann an den direkteren Kontakten zu persönlich bekannten Personen liegen, denn in Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden ist das Vertrauen am größten: 42 Prozent der Fachkräfte bescheinigen diesen Firmen eine sehr gute Vertrauenskultur. In Großbetrieben mit über 1.000 Beschäftigten nehmen nur 16 Prozent der Fachkräfte eine sehr gute Vertrauenskultur wahr.
Das Vertrauen am Arbeitsplatz wird oft missbraucht
Vertrauen ist ein wichtiger Faktor für die Mitarbeiterbindung. Doch drei von zehn Fachkräften haben schon einmal einen Vertrauensbruch am Arbeitsplatz erlebt. In der Pflege und im Handel sind es jeweils 35 Prozent, bei aktiv Jobsuchenden steigt dieser Wert sogar auf 42 Prozent.
Allerdings ist die Bandbreite dessen, was als Vertrauensbruch empfunden wird, groß. Sie reicht von persönlichen Enttäuschungen bis hin zu klaren Rechtsverstößen, wie die Freitextantworten offenbaren. "Kollegin hat ihr eigenes Fehlverhalten mir in die Schuhe geschrieben.", "Habe einer Kollegin Vertrauliches erzählt, die es an die Vorgesetzte weitergetragen hat.", "Meine Lösungskompetenz wurde durch meinen Vorgesetzten als eigene Überlegung ‚verkauft‘." oder "Ich wurde auf meinem Arbeitsplatz gemobbt und aufgrund meiner Krankheit diskriminiert." und vieles mehr schreiben die Befragten.
Zehn Faktoren für Vertrauen
Vertrauen im Unternehmen ist entscheidend für eine positive Arbeitsumgebung und eine gute Zusammenarbeit. Doch bei den einzelnen Faktoren, die eine positive Beziehung schaffen, haben die meisten Arbeitgeber Nachholbedarf:
- Eigenständigkeit: 45 Prozent dürfen eigenständig und selbstbestimmt arbeiten, ohne ständige Kontrolle.
- Menschlichkeit: 34 Prozent dürfen am Arbeitsplatz so sein, wie sie sind, Gefühle zeigen sowie Sorgen und Ängste ansprechen.
- Verlässlichkeit: 29 Prozent sehen Termine und Absprachen als eingehalten oder werden rechtzeitig informiert, wenn etwas nicht klappt.
- Offene Kommunikation: 29 Prozent haben das Gefühl, offen und angstfrei Kritik äußern und Feedback geben zu können.
- Fehlerkultur: 29 Prozent haben das Gefühl, Fehler machen zu dürfen, ohne Nachteile befürchten zu müssen.
- Wertschätzung: 27 Prozent empfinden ihre Leistungen als gesehen und gewürdigt.
- Unterstützung: 26 Prozent haben das Gefühl, von unterstützenden Menschen umgeben zu sein, die nicht nur auf ihren eigenen Vorteil aus sind.
- Glaubwürdigkeit: 24 Prozent sind der Meinung, dass sie von ehrlichen Menschen umgeben sind, die nach guten Werten handeln.
- Transparenz: 20 Prozent erhalten alle relevanten Informationen und verstehen, wie Entscheidungen im Unternehmen getroffen werden.
- Weiterentwicklung: 20 Prozent sehen, dass eigenes Verhalten, Prozesse und Strukturen regelmäßig hinterfragt werden, um besser zu werden.
Vertrauen in Krisenzeiten
Vertrauen ist gerade in Krisenzeiten ein wichtiger Faktor. Vor allem die jüngsten globalen Krisen scheinen die Vertrauensfähigkeit der Beschäftigten zu beeinträchtigen. 48 Prozent der Fachkräfte sagen, dass die aktuellen Krisen auch ihre eigene Vertrauensfähigkeit mindern.
Die Studie lässt wenig Zweifel daran, dass die Bedeutung der Vertrauenskultur in Unternehmen durch Krisen zunimmt: 72 Prozent der Fachkräfte sind überzeugt, dass Vertrauen für die Bindung und Gewinnung von Mitarbeitenden in Zukunft noch wichtiger wird. 66 Prozent gaben an, dass sie in Krisenzeiten mehr Stabilität im Arbeitsumfeld suchen.
Vertrauen im Bewerbungsprozess: Darauf kommt es an
Damit Unternehmen schon im Bewerbungsprozess Vertrauen aufbauen können, ist laut der Studie vor allem eine verlässliche Rückmeldung zum versprochenen Zeitpunkt wichtig. An zweiter Stelle folgt ein persönliches Bewerbungsgespräch in Präsenz – statt einer Videokonferenz. Auf dem dritten Platz steht die Möglichkeit für die Stellensuchenden, ihre Sorgen, Ängste oder Wünsche offen im Bewerbungsgespräch ansprechen zu können, ohne dann im Prozess benachteiligt zu werden. Auch ein sympathischer Auftritt als Arbeitgeber in der Stellenanzeige, Transparenz über die nächsten Schritte nach der Bewerbung, gute Bewertungen des Bewerbungsprozesses auf Arbeitgeber-Bewertungsplattformen sowie ein Probearbeitstag, um Aufgaben und Team kennenzulernen, tragen aus Sicht der Fachkräfte zum Vertrauensaufbau bei.
Bei der Kontaktaufnahme durch den Arbeitgeber ist aus der Sicht der Fachkräfte das Telefon das mit Abstand vertrauenswürdigste Kommunikationsmedium (59 Prozent), auch eine Kotaktaufnahme per E-Mail halten 33 Prozent für vertrauenswürdig. Wenig Vertrauen schaffen Arbeitgeber, wenn sie per Whatsapp oder SMS (neun Prozent) beziehungsweise via Chatbot (sechs Prozent) zu ihren Bewerberinnen und Bewerbern Kontakt aufnehmen.
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