Weltweit, so eine aktuelle Prognose von IFR (International Federation of Robotics) werden in den nächsten drei Jahren 1,7 Millionen neue Roboter in Unternehmen eingesetzt werden. Dass eine solche Automatisierung einen Großteil der bisher von Menschen ausgeführten, insbesondere einfachen mechanischen oder standardisierten Tätigkeiten erfassen wird, liegt auf der Hand. Nicht ganz so einfach aber ist die Frage zu beantworten, inwieweit auch die Arbeit der Wissensarbeiter, also hoch qualifizierter Fachkräfte, von Kollege Roboter übernommen werden wird und kann.
Führungskräfte halten Wissensarbeit für obsolet
Erkenntnisse dazu bringt die Studie " Wissensarbeit im digitalen Wandel" des Personaldienstleisters Hays. 57 Prozent der über 600 befragten Führungskräfte glauben, dass die technische Entwicklung die bisherige Wissensarbeit signifikant verändern und Wissensarbeiter in hohem Maße obsolet machen wird. Mit Hilfe von intelligenten Lösungen könne Wissensarbeit, so die Überzeugung der Befragten, künftig noch effizienter gestaltet werden als bisher.
Auch andere Studien deuten auf einen Bedeutungsverlust der Wissensarbeit hin: Eine Untersuchung des IAB, das die Verdrängung von Tätigkeiten in Deutschland durch die Digitalisierung untersucht hat, sieht in der Fertigungsindustrie ein Substituierbarkeitspotenzial von über 40 Prozent für Spezialisten und Experten.
Wissensarbeiter sehen sich unberührt von der digitalen Revolution
Die Wissensarbeiter selbst dagegen sehen optimistisch in die Zukunft: Sie sind zuversichtlich, dass die digitale Revolution aufgrund ihres Know-hows an ihnen vorbeigehen wird. Weder die Automatisierungswelle noch die KI-gestützten Software-Programme könnten ihrer wissensbasierten Arbeit mittel- und langfristig etwas anhaben – davon sind 71 Prozent der befragten Wissensarbeiter überzeugt. Dieser unerschütterliche Glaube an die eigenen Fähigkeiten erstaunt, vor allem deshalb, weil die Entwicklung von softwarebasierten Programmen schon länger keinen Halt auch vor wissensbasierten Tätigkeiten macht.
Wember: Bedeutung der Wissensarbeit wird kurz- bis mittelfristig zunehmen
Carsten Wember, Partner der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG AG, sieht die Gründe für diese unterschiedliche Beurteilung insbesondere in einem unterschiedlichen Zeithorizont.
Er erklärt: "Bei einer Bewertung der selbstbezogenen Unverzichtbarkeitseinschätzung der Wissensarbeiter hilft die Einordnung auf der Zeitachse. Kurz- bis mittelfristig gehe ich davon aus, dass ihre Bedeutung zunehmen wird, besonders in ihrer Funktion als Wissensträger, die das fachliche Training kognitiver Maschinen anleiten. In diesem Feld wird sich der Bedeutungszuwachs gemäß meiner Einschätzung ab den 2030er Jahre reduzieren, da sich das Kompetenzniveau der Maschinen dann soweit konsolidiert haben sollte, dass auch der Anlernprozess für neue fachspezifische Aufgaben zu einem großen Teil ohne menschliche Unterstützung geleistet werden kann."
Künftiges Potenzial der Wissensarbeit wird interdisziplinäre Arbeit
Dann, so Wember, müsse Wissensarbeit in anderen Bereichen genutzt werden: "Große Potenziale wissensintensiver Arbeit liegen in gut strukturierten, interdisziplinär und problembasiert ausgerichteten Arbeitsweisen. Die Basis interdisziplinärer Arbeit bleibt aber die fachliche Spezialisierung. Bedeutsam erscheint mir, dass der Prozess der fachlichen Spezialisierung durch das Erlernen interdisziplinärer Kompetenzen ergänzt wird, um eine wertsteigernde Zusammenarbeit fachfremder Kollegen zu ermöglichen. Die interdisziplinäre Erarbeitung problembasierter Lösungen könnte zu der Domäne der Wissensarbeit werden, die auch langfristig nicht von KI infrage gestellt werden kann. Dies wird gravierende Einflüsse auf die Arbeitswelt und organisatorische Ausrichtung in den Unternehmen haben."
Zur Studie:
Für die Studie "Wissensarbeit im digitalen Wandel. Neue Spannungs- und Handlungsfelder“ wurden von Hays 1.215 Menschen aus dem deutschsprachigen Raum befragt, je zur Hälfe Wissensarbeiter und Führungskräfte.
Zum kostenlosen Download gelangen Sie hier.