Welche Auswirkungen hat die Wirtschaftslage auf die Weiterbildungsbranche?
Jöhnk: Es ist noch nicht so lange her, da wollten Topmanager, dass in ihren Unternehmen bis zu 90 Prozent der Weiterbildung so schnell wie möglich „online“ zu erfolgen habe. Heute ist man weggekommen von dieser Forderung. Es hat sich als problematisch erwiesen, von Mitarbeitern zu erwarten, dass sie sich alles selbst beibringen. Menschen brauchen eine Begleitung beim Lernen. Ich denke, selbst wenn sich die gute Wirtschaftslage verschlechtern sollte, wird das nur eine geringe Auswirkung auf die Ausgaben für Weiterbildung haben. Die Unternehmen wissen besser als früher, welchen Nutzen Seminare bieten.
Sauer Al-Subaey: Ich glaube auch, dass die Unternehmen in den letzten Jahren eine sehr viel bessere Kontrolle über die Bildungskosten installierten und dass sie evaluiert haben, wo und wie man sein Geld nutzenorientiert einsetzen muss. Wenn ein Unternehmen erlebt hat, dass das gemeinsame Lernen der Mitarbeiter in einem Seminar dazu führt, dass neue Kompetenzen entwickelt werden, das Verständnis füreinander wächst und der Teamgeist gestärkt wird, dann weiß man auch bei schwacher Konjunktur, dass diese Ausgaben gut investiertes Geld sind.
Luttenberger: Mehr denn je gibt es eine grundsätzliche Wertschätzung für Weiterbildung, die auch in schwierigen Zeiten nicht verschwinden wird. Gleichwohl sollten wir uns darauf einstellen, dass bei einem Konjunktureinbruch anstehende große Personalentwicklungsprogramme erst einmal aufgeschoben werden. Diese Möglichkeit besteht schon, aber an der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit, Seminare für seine Mitarbeiter auf dem heutigen Niveau durchzuführen, wird sich auf mittlere Sicht nichts ändern.
Schwarz: Den Einfluss, den die Konjunktur auf die Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen hat, sollten wir nicht überbewerten. Die Bedeutung der betrieblichen Weiterbildung im Allgemeinen und von Präsenztrainings im Besonderen ist ungebrochen. Unabhängig von der Konjunktur ist das Thema Weiterbildung ein wichtiger Schlüsselfaktor für Unternehmen im „War of Talents“ geworden, um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden und bestehende Mitarbeiter zu halten. Der rasche technologische Wandel, dem die Wirtschaft ausgesetzt ist, sorgt ebenfalls dafür, dass der Bedarf an Weiterbildung steigt.