Die E-Learning-Wirtschaft in Deutschland wächst, das ist die offizielle Botschaft des Wirtschaftsrankings, das das MMB-Institut aus Essen auf der Pressekonferenz zur Learntec 2014 im Oktober vorgestellt hat. Der Boom sorgt für neue Mitbewerber.
Es ist bereits das sechste Wirtschaftsranking der E-Learning-Branche in Deutschland, das das MMB-Institut erstellt hat. Demnach ist der Umsatz mit E-Learning im sechsten Jahr in Folge gestiegen und beträgt für das Jahr 2012 rund 523 Millionen Euro, was einen Zuwachs von 14,6 Prozent gegenüber 2011 (456,4 Millionen Euro) ausmacht. Das sei mit Blick auf 2011, als der Zuwachs bei immerhin rund 22 Prozent lag, kein Rekord, entspreche aber durchaus den Zahlen aus den Jahren vor der Wirtschaftskrise, so Dr. Lutz Goertz, Abteilungsleiter Bildungsforschung des MMB-Instituts, in seinem Vortrag.
Begrenzte Aussagekraft des Rankings in der E-Learning-Branche
Die Aussagekraft der Zahlen kann man anzweifeln, weil sie bezogen auf die Gesamtbranche lediglich auf einer Hochrechnung von 36 Anbietern beruhen, die sich bereit zeigten, dem Institut ihre Umsätze offenzulegen und den Teilnahmevoraussetzungen entsprechen, diese auf deutschem Boden zu versteuern.
Was sind diese Zahlen Wert im internationalen Vergleich? Auf der Pressekonferenz gab es dazu wenig Anhaltspunkte. Immerhin, so Goertz, habe Deutschland noch vor wenigen Jahren als E-Learning-Entwicklungsland gegolten. Vor allem auch, weil hierzulande E-Learning in Schulen noch eine geringere Rolle spiele als in größeren Flächenländern. Die Marktübersicht "The Worldwide Market for Self-paced E-Learning Products and Services" des amerikanischen Marktforschungsinstitut Ambient Insight errechnete für 2011 einen weltweiten Umsatz von 35,6 Milliarden Dollar und prognostizierte ein Wachstum von jeweils rund 7,6 Prozent für die nächsten fünf Jahre. Allein der US-amerikanische Markt mache 61,7 Prozent (rund 22 Milliarden Dollar) des weltweiten E-Learning-Marktes aus.
Viele E-Learning-Anbieter fehlen noch
Obwohl sich die deutschen Zahlen in diesem Vergleich eher bescheiden zeigen, entstehen Begehrlichkeiten, wenn er stetig weiter wächst. Große Unternehmen kaufen sich ein, indem sie kleinere übernehmen oder das Geschäftsfeld E-Learning als neuen Schwerpunkt aufbauen. So ist zum Beispiel in Deutschland der erfolgreiche IT-Dienstleister Materna GmbH aus Dortmund mit der Ankündigung einer eigenen, in Deutschland gehosteten Cloud-Plattform und dem Kauf des jungen E-Learning- und Weiterbildungsanbieters Global Gate auf den Plan getreten. Wer Materna kennt, weiß, dass das Unternehmen ein Mittelständler mit großen Zielen ist, die es konsequent verfolgt. Ganz selbstbewusst verkündet man dort die eigene Positionierung auf Höhe von internationalen Branchenschwergewichten wie Blackboard oder Kenexa/IBM und wirbt bereits mit prominenten Namen. Als einen der ersten Kunden habe man zum Beispiel die brandneue Frankfurter Allgemeine Executive School für sich gewinnen können.
An dem E-Learning-Ranking hat sich Materna noch nicht beteiligt. Aber eins ist klar: Solange sich solche Aufsteiger nicht für die deutsche E-Learning-Bundesliga-Tabelle gewinnen lassen, kann man den wahren Meister nicht ermitteln.