E-Learning bleibt ein Nischenthema, für das sich nur wenige Personaler interessieren. Das zeigte sich einmal mehr auf der Messe "Zukunft Personal" in Köln. Was muss passieren, damit aus einem Nischenthema ein Breitenthema, eine Selbstverständlichkeit wird?
Über Massive Open Online Kurse (MOOCs) spricht die Welt, Talentmanagement ist angesichts des Kampfs um Talente ebenfalls ein Reißer-Thema. E-Learning dagegen scheint sogar von "Mobile Learning" als Schlagwort überholt zu werden, obwohl das ja nun wirklich nur eine von vielen Varianten ist. Dabei ist es nicht so, dass die Anbieter erst seit gestern daran arbeiten, sich Personaler und Trainer als Zielgruppe zu erschließen - sei es auf der Messe "Zukunft Personal" oder auf anderen Personaler-Veranstaltungen.
Marketing und Kosten sparen reicht nicht
Natürlich gibt es verschiedene Strategien, sich seinen Teil vom Markt zu erobern. Indem man auf ganz verschiedene Einsatzgebiete von E-Learning setzt, sich darauf konzentriert, ein Learning Management System zur Allzweckwaffe umzufunktionieren, versucht Social Learning zu etablieren, die Vorteile von Mobile Learning herausstreicht oder das prozessgesteuerte Lernen am Arbeitsplatz in den Mittelpunkt stellt. All diesen Strategien gemein ist, dass die Anbieter versuchen, mit Marketing und Beratungskompetenz ihre Produkte zu verkaufen. Auf Seiten des Markts entsteht die Nachfrage aber bislang immer dann, wenn gesetzliche Vorgaben erfüllt werden müssen, Prozesse verschlankt werden sollen, neue Software eingeführt wird und - ganz klar - Einsparpotenzial durch E-Learning zu erkennen ist.
Was aber muss passieren, damit E-Learning in einem Unternehmen, einem Konzern oder einer Branche ganz selbstverständlich wird und die Akzeptanz so weit geht, dass die Lerner erwarten, dass sie im virtuellen Klassenzimmer und mit elektronischen Unterlagen lernen? Es lohnt sich, mal nach den stillen Stars des E-Learning zu suchen, die sich unermüdlich mit dem Thema beschäftigen und mit ihrer täglichen Arbeit überzeugen, ohne darüber zu reden.
Ausdauer ist gefragt
Eines dieser Beispiele ist Siegrid Meier, Dozentin an der Akademie für Hörgeräte-Akustik in Lübeck, der zentralen, bundesweit zuständigen Aus- und Weiterbildungseinrichtung für Hörakustiker in Deutschland. Vor 15 Jahren ist Siegrid Meier in das Thema eingestiegen und hat seitdem das E-Learning-Angebot der Akademie beständig ausgebaut. Heute ist Blended-Learning voll in die Meisterausbildung und das Angebot an Seminaren und Workshops integriert. Es gibt Foren, Chats, Dateimanagement in einem Moodle-System, das Meier administriert, und vor allem Online-Konferenzen. Die Tutoren, sowohl Dozenten der Akademie als auch Fachreferenten von Hörgeräte-Herstellern, hat Meier selbst instruiert. Mittlerweile findet ein ganzer Block der Meisterausbildung online und nicht mehr vor Ort in Lübeck statt. Aktuell setzt die Akademie ein Moodle-Projekt für alle Berufsschüler auf. Werde zukünftig ein Hörakustiker "geboren", so Meier, bekomme er automatisch ein Login für die E-Learning-Plattform. Das bedeutet: Für jeden Auszubildenden und Meisterschüler der Hörakustik in Deutschland wird E-Learning in Form von Blended-Learning zum selbstverständlichen Bestandteil der Aus- und Weiterbildung.
Auf die Macher kommt es an
Meiers Wirken hat die Akzeptanz von E-Learning in der ganzen Hörakustik-Branche nach Jahren der Ablehnung weit vorangetrieben. Das zeigt sich daran, dass sich in diesem Jahr plötzlich alle großen Hörgeräte-Hersteller beeilen, sich entweder der Akademie anzuschließen und dort eigene virtuelle Klassenräume einzurichten oder gleich selbst Lernportale für Akustiker, aber auch für interessierte Laien aufzusetzen. Es stellt sich nicht mehr die Frage, ob das nötig ist, es stellt sich nur noch die Frage, wie sich das möglichst schnell realisieren lässt.
Was die E-Learning-Branche davon lernen kann: Es kommt weniger auf die Technik an, als auf Lehrer, Dozenten, Personalentwickler, Trainer, die mit Spaß bei der Sache sind, andere mitreißen und nicht so schnell aufgeben, wenn es nur langsam vorangeht.