Arbeitgeber aufgepasst. Einer neuen Umfrage des Automatisierungs-Dienstleisters UI-Path zufolge erwarten neun von zehn Deutschen, dass ihre Arbeitgeber eine größere Bereitschaft zeigen, in Schulungen zu digitalen und technologischen Themen zu investieren. Der Wunsch der Mitarbeiter nach Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten entspringt demnach vor allem der Sorge vor dem Verlust von Arbeitsplätzen aufgrund veralteter, nicht ausreichender Fähigkeiten.
Und tatsächlich befürchtet fast ein Drittel der 500 in Deutschland befragten Personen, innerhalb von fünf Jahren auf Grund von veralteten Fähigkeiten arbeitslos zu werden. Folgerichtig wünschen sich 80 Prozent von ihrem Arbeitgeber mehr Möglichkeiten, neue Qualifikationen zu erwerben oder die Chance, aktuelle Kompetenzen zu erweitern. Dabei besonders im Fokus der Lerner: Kompetenzen für die Themen künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen.
E-Learning, Homeoffice, Kollaborationssoftware – alles dank Corona?
Zusammen mit dem erzwungenen Digitalisierungsschub durch die Corona-Pandemie sind das großartige Aussichten. E-Learning-Anbieter zeigen sich optimistisch, einige wenige haben bereits (wirtschaftlich) profitiert, viele Unternehmen haben ihr E-Learning-Angebot intensiviert. Einerseits, weil Präsenzseminare abgesagt wurden, andererseits, weil das neue Arbeiten im Homeoffice mit teils noch nicht besonders gut eingeübten digitalen Tools dies erforderte. Selbst wo E-Learning noch nicht durchgehend etabliert war, gehörten Videokonferenzen und Webinare seit dem Lockdown zum täglichen Arbeitsleben. Ebenso wie Kollaborations-Plattformen, die die Produktivität in den jetzt auf Distanz zusammenarbeitenden Teams sicherstellen sollen. Und: laut einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung wird das auch so bleiben. Demnach besteht der Trend zu virtuellen Konferenztools nach Corona ebenso weiter wie der Trend zum Homeoffice und zu virtuellen Bildungsangeboten.
Digitale Kompetenzen allein reichen nicht für die neuen Unsicherheiten
Soweit so gut für alle, die seit Jahren darauf warten, dass sich digitales Lernen noch weiter durchsetzt und Lernen und Arbeiten nicht mehr länger getrennt voneinander betrachtet werden. Die Sache hat jedoch einen Haken: Die Krise wächst sich zu einem Dauerzustand aus und nimmt global gesehen Dimensionen an, die sich viele, möglicherweise die meisten Menschen und Experten, kaum hätten vorstellen können. Die VUCA-Welt, eine Welt in der Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität das neue Normal sind, ist durch Corona von einer Theorie zu einer Realität geworden, die sich plötzlich jeder vorstellen kann, weil er sie leibhaftig erfährt. Dafür allerdings stellen digitale Kompetenzen keine ausreichende Qualifikation dar. Selbst wer sich mit künstlicher Intelligenz bestens auskennt, braucht jetzt die Fähigkeit, seelische Widerstandskraft zu entwickeln, um gut durch die Krise zu kommen, innovativ und kreativ sein zu können. Noch wichtiger ist es für alle, die zwar über digitale Kompetenzen verfügen, die aber dennoch am Ende ihren Job verlieren könnten.
Resilienz muss erlernt werden
Resilienz heißt also das Thema der Stunde. Wie entwickeln Menschen Resilienz? Sicher, das geht auch mit E-Learning, jedenfalls theoretisch. Ich bin allerdings überzeugt, dass das allein nicht ausreicht. Wir brauchen dazu mehr. Wir brauchen eine Kultur, die seelische Widerstandskraft unterstützt, in der hinfallen, wieder aufstehen und neu zu beginnen akzeptiert sind und positiv gewertet werden. Im Grunde sollten wir daher wohl alle an unserer Fähigkeit zur Resilienz arbeiten, mit digitalen Lernprogrammen und ohne. Denn eines ist heute schon klar: Nichts bleibt, wie es ist oder war. Wer mit kühlem Kopf Lösungen für neue und ungewohnte Situationen findet, dem gehört die Zukunft.
Über die Kolumnistin: Gudrun Porath ist freie Journalistin. Sie beobachtet unter anderem für das Haufe Personal-Portal und die Haufe-Zeitschrift "wirtschaft + weiterbildung" die Trends auf dem E-Learning-Markt.