Anderthalb Jahre lang war die Welt jetzt bei mir im heimischen Büro zu Gast. Noch nie konnte ich an so vielen Veranstaltungen und Konferenzen zum Thema Corporate Digital Learning teilnehmen. Heute hier, morgen dort, manchmal sogar am Vormittag hier, am Nachmittag dort. Ganz ohne das Auto, den Flieger oder die Bahn zu benutzen und das Klima zusätzlich zu belasten. Dafür durfte ich zur Expertin für Zoom-Konferenzen werden, lernte mit Swapcard, V-Mix, Remo und Talque umzugehen und entdeckte die Grenzen von Go-to-Webinar, wenn es dann zeitlich doch nicht passte und ich nur auf die Aufzeichnung zurückgreifen konnte. Auch bei den Referentinnen und Referenten vor der Kamera waren die Lerneffekte deutlich zu sehen, angefangen bei der Beleuchtung, über den Hintergrund, bis hin zur Präsentationstechnik. Das war sicher auch dem Umstand geschuldet, dass innerbetrieblich Videokonferenzen die meisten Präsenzmeetings ersetzten.
Virtuelle Learning-Events bieten Vor- und Nachteile
Gleichzeitig wurden auch die Grenzen der virtuellen Event-Plattformen deutlich. Mal eben einen Überblick bekommen, wer alles da ist? Geht gerade noch, wenn man die Teilnehmerliste zur Verfügung hat und einmal durchscrollt. Mal eben Hallo sagen? Schon schwieriger. Welches Thema kommt besonders gut an? Vielleicht noch anhand der Anzahl der Zuhörer zu erkennen, die sich zum Vortrag zugeschaltet haben oder das On-Demand Video angesehen haben. Neue Kontakte vertiefen? Noch schwieriger, wenn sich im virtuellen Pausenraum in erster Linie diejenigen austauschen, die sich sowieso schon kennen. Ein Gefühl für die Veranstaltung bekommen? Hm, schwierig bis unmöglich, wenn man immer nur einen Vortragenden oder eine Vortragende sieht und sich die Teilnehmerschaft entschließt, keine Fragen zu stellen und die Chat-Funktion ungenutzt links liegen zu lassen. Konzentriert zuhören, vielleicht sogar mitschreiben? Ja, das geht gut, schließlich fehlen die Ablenkungen, die es nun mal auf Präsenzveranstaltungen gibt.
E-Learning: Messeveranstalter setzen auf Präsenz, Hybrid und Online
Während die Corona-Fallzahlen wieder steigen, laden jetzt die einen zu Präsenzveranstaltungen ein, die anderen setzen auf online und hybrid, manche auch auf beides. Den Auftakt macht die nicht-kommerzielle Veranstaltung für alle Corporate Learning Professionals, das Corporate Learning Camp am 9. und 10. September 2021. Statt einem großen Präsenz-Barcamp gibt es ein virtuelles Barcamp mit der Möglichkeit, sich mit einer begrenzten Personenzahl von Teilgebenden parallel regional vor Ort zu treffen. Damit schafft man eine Verbindung aus virtueller und Präsenzveranstaltung, die womöglich das Beste aus beiden Welten vereint. Einem Vortrag kann ich ohne Verluste auch am Bildschirm zuhören, während der persönliche Austausch live und vor Ort immer noch viele Vorteile hat.
Den zweiten Aufschlag macht die Zukunft Personal, die sowohl den ganzen Monat virtuell aktiv ist als auch vom 14. bis 16. September 2021 die drei tollen Tage in Köln vor Ort als Zukunft Personal Reconnect stattfinden lässt - inklusive Digital-Corporate-Learning-Bühne übrigens. Den Abschluss macht das Expofestival der L&D Pro in München am 30. September als reine Präsenzveranstaltung.
Rückkehr zur Präsenz ist eine Gleichung mit vielen Unbekannten
Bei den Messeveranstaltern der Zukunft Personal und der L&D Pro ist die Rückkehr zur Präsenz nur verständlich, denn virtuelle Messen haben sich bislang nicht wirklich bewährt. Wer da Erfolg hatte als Aussteller, womöglich sogar einen Abschluss vorbereiten konnte, der kann sich gerne bei mir melden. Das wäre dann ein sehr willkommenes Best-Practice-Beispiel. Aber die Rückkehr zur Präsenz ist immer noch eine Gleichung mit vielen Unbekannten: Wie viele Besucherinnen und Besucher kommen, ist kaum einzuschätzen, obwohl der Wunsch groß ist, sich wieder live zu begegnen, sich einfach mal wieder ohne Bildschirm dazwischen sehen und reden zu können. Aufwendig ist es allemal, für die Veranstalter wie für die Besucher und Referenten. Ohne Maske, Impfung, Test oder den Nachweis, zu den Genesenen zu gehören, ist jedenfalls kein Treffen möglich. Immerhin haben wir in den vergangenen anderthalb Jahren gelernt, auch damit umzugehen. Gelingt es nicht, werden womöglich diese und einige andere Messen mehr nicht überleben.
Über die Kolumnistin: Gudrun Porath ist freie Journalistin. Sie beobachtet unter anderem für das Haufe Personal-Portal und die Haufe-Zeitschrift "wirtschaft + weiterbildung" die Trends auf dem E-Learning-Markt.